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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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sehr respektvoll dienerten und vollendete Bücklinge vorführten. Und, was noch überraschender war, auch Onkel Turéor gegenüber. Lurion hingegen schienen sie gar nicht zur Kenntnis zu nehmen.
    »Dann ist deine Entscheidung wohl schon gefallen, Schwesterlein«, erklang Lurions Stimme von der anderen Seite. Er schob sich gerade ein Stück geräucherten Urantereo in den Mund. Ausnahmsweise schien er einmal nicht betrunken zu sein.
    »Das wird sich zeigen«, sagte sie ausweichend. »Zumindest lehne ich nicht sofort ab.«
    Er grinste. »Als ob du eine Wahl hättest. Die beiden schachern gerade um dich in zäher Verhandlung, und du darfst gewiss sein, der Preis für dich wird hoch sein.«
    »Sohn, vergifte nicht diesen bedeutenden Moment«, mahnte Ymde, doch ihr Blick glitt über ihn hinweg, ohne ihn zu fixieren. »Kümmere dich lieber darum, selbst nach einer geeigneten Braut Ausschau zu halten, das wird dir viel von deiner Unzufriedenheit nehmen.«
    »Pah, das tu ich erst, wenn Vater mir den Thron verspricht. Vorher genieße ich das Leben. Und jetzt werde ich mich mal darum kümmern, dass endlich Musik erklingt!« Lurion verneigte sich leicht und verließ seinen Platz.
    »Wie ist es, verheiratet zu sein, Nura?«, fragte Luri. Sie hatte noch nie mit ihr darüber sprechen können, aber allmählich wurde es Zeit. Was Mann und Frau miteinander taten, um Kinder zu zeugen, wusste sie natürlich längst, und dass es dabei Spaß geben konnte, auch. Bei ihren Eltern konnte sie sich das zwar nicht vorstellen, diese hatten es vermutlich immer nur als Pflicht angesehen und hielten sich ansonsten voneinander fern. Aber schließlich hatte sie Freundinnen, die ihr alles genau erklären konnten.
    »Für dich bedeutet es viele Pflichten, Kind«, sagte Ymde freundlich. »Du bist nicht so frei wie das Volk. Als Dienerin des Volkes musst du auf das Wohlergehen aller achten, dass niemand darbt, und du musst deinen Gemahl beraten, dass er die Dinge nicht nur auf eine Weise betrachtet. Du bist noch sehr jung, aber du wirst dich hineinfinden.«
    »Eri hat gesagt, ich begehe eine große Dummheit, weil ich schon so früh heirate.«
    »Als Angehörige der Alten Völker hättest du auch sehr viel Zeit. Aber die Nauraka an sich haben diese Zeit vielleicht nicht mehr, Lurdèa. Unser Volk schwindet dahin, und dein Vater hofft durch diese Verbindung, die Entwicklung aufzuhalten. Damit kann nicht zu früh begonnen werden.«
    Luris Blick glitt zu Eri, der sich zu Turéor gesellt hatte. Ihr Bruder war schon beinahe so seltsam wie der Alte, der selbst jetzt außer dem Zeremoniendolch noch sein Schwert auf dem Rücken trug. Neben den Wachen war es ihm als Einzigem erlaubt; ein Zugeständnis, das Ragdur notgedrungen gemacht hatte, da Turéor sonst gar nicht gekommen wäre. Luri war gerührt, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass ihr Bruder sich ständig um den alten Mann kümmerte, obwohl er in seinem Alter eigentlich mit seinen Freunden zusammensein sollte. Doch seit einiger Zeit, genauer gesagt seit der Rückkehr aus der Stillen Tiefe, war Eri genauso eigenbrötlerisch und in sich gekehrt geworden wie Turéor. Immerhin, und auch darüber war Luri gerührt, trug er heute sein bestes Gewand, und auch noch in ihren Farben. Er sah sehr edel und trotz seiner Jugend stattlich aus, umgeben von einem besonderen Glanz. Eri war sich wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie sehnsüchtig er stets von den Mädchen und jungen Frauen betrachtet wurde. Vor allem seine ungewöhnlichen Augen waren es, die die Blicke auf sich zogen, dieses seltsame Gesprenkel aus tiefem Glasblau und hellem Kristallgrün, das sich nicht miteinander vermischte. Diese Augen blickten zumeist verträumt, seiner Mutter nicht unähnlich, aber trotzdem ruhte ein starker Wille in ihnen. Erst in letzter Zeit fand sich ein gehetzter Ausdruck darin, der Luri Sorge machte. Aber vielleicht würde sich das legen, wenn sie erst zusammen unterwegs nach Karund waren. Dann fand sich bestimmt auch eine Gelegenheit, über alles zu reden, was ihn quälte. Luri hatte schon mehrmals seinen Wohnbereich durchsucht, weil sie sicher war, dass er etwas aus der Tiefe mitgebracht hatte, das ihn veränderte und ihm nicht guttat, doch nichts gefunden.
    Luris Gedanken wurden durch die plötzlich einsetzende Musik unterbrochen, und dann schwebten die ersten Artisten herein, die mit höflichem Applaus empfangen wurden. Allmählich entspannten sich auch die Gäste aus Karund, der eine oder andere lachte inzwischen sogar. Die

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