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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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auf völlig andere Weise gewickelt als bei den Darystis, und er trug den Zeremoniendolch nicht vorn, sondern seitlich, mit nach hinten gerichteter Spitze. Seine braunen Haare waren zu einem strengen Knoten gebunden, eine Strähne davon in ein seltsames, annähernd viereckiges, rotes Gebilde geflochten, das auf seinem Kopf thronte. Der einzige Farbtupfer seiner ansonsten eintönigen Aufmachung. Er trug eine Standarte vor sich mit einem fremden Wappen – das Zeichen von Karund, nahm Eri an. Eine rote Hand vor einem weißen Phylotherae, vor wiederum rotem Hintergrund. Als Nächstes kam ein eher zu magerer Nauraka herein, dessen linke Gesichtshälfte durch eine auffällige Narbe entstellt war. Auch er trug das Haar in einem Knoten, in den ein weißes Dreieck eingeflochten war, und seine Kleidung war genauso grau wie die des Standartenträgers. Darystis würden sich nie so farblos kleiden.
    Doch an dem Schmuck seiner Schärpe war erkennbar, dass er ein hoher Würdenträger war; und tatsächlich, er nahm in gerader Linie zu Foril Aufstellung und begann: »In Liebe und tiefster Demut und Untertänigkeit bedanken wir uns für die großherzige Einladung an den Hof des allsehenden, weithörenden, gnädigen Hochfürsten, dessen Weisheit so tief wie das Meer ist, und dessen Großmut bis über die Wogen hinaus zum Himmel reicht. Möge sein Herz sich weit öffnen für die Dankbarkeit, die wir empfinden und nahebringen wollen, möge sein Auge gütig auf uns ruhen, wenn wir uns ihm zu Füßen werfen, und seine edle Hand uns liebevoll segnen. Nehmt uns auf als Euren Sohn, der nicht mehr besitzt als bescheidene Gaben, die weder die Schönheit der edlen Prinzessin Lurdèa gebührend lobpreisen können, noch angemessen Euren Ruhm würdigen.«
    Eri sah, dass Lurion kurz davor stand, herauszuplatzen, doch ausnahmsweise einmal hielt er sich zurück.
    Aber damit war es keineswegs getan. Foril konnte mit einer ähnlich geschraubten und salbungsvollen Antwort aufwarten, die doppelt solange dauerte, und dann erst begannen die beiden den Tanz. Jeder stellte seinen Herrscher vor, und Eri las aus den Rhythmen, Mustern und Haltungen, was für ein großartiger Herr Fürst Janwe sei, dass er einst aus bescheidenen Verhältnissen kam und die Nähe zum Volk nie vergessen habe, und dass er große Pläne habe für die Zukunft der Nauraka, um sie aus der Vergessenheit zu holen und die Sippen wieder zu vereinen. Abgesehen vom Eigenlob glaubte der Prinz alles andere; die Frage war nur, ob das etwas Gutes oder Schlechtes bedeutete. Er hoffte Ersteres für Luri.
    Hochfürstin Ymde sah mit abwesendem Lächeln zu; nur einmal richtete sie den Blick auf ihre Tochter und hob leicht die Hand, um ihr zuzuwinken, bevor sie wieder in weite Fernen abschweifte.
    Der an den Seiten aufgereihte Hofstaat applaudierte höflich, wenn eine Figur besonders gelungen war, und tatsächlich fanden beide Männer am Ende zum Gleichklang mit übereinstimmender abschließender Geste. Das war ein sehr gutes Zeichen und wurde von allen mit Begeisterung aufgenommen.
    Hochfürst Ragdur wirkte äußerst zufrieden, und sein erschöpfter Hofstaatmeister durfte seitlich vom Thron Stellung beziehen. Der schwierigste Teil hatte geklappt, nun konnte nicht mehr viel schiefgehen. Vor allem würde es nun aufgelockerter werden.
    Glaubte Eri zumindest. Doch zuerst war der Auftritt des Fürsten an der Reihe. Flankiert von den Gardisten, die nun ebenfalls Standarten mit dem Wappen der Darystis hochhielten – der Sichellanze, gekreuzt mit einem Schwert, Silber vor blauem Hintergrund –, schwebte er herein, und Eri war annähernd so gespannt und aufgeregt wie Luri.
    Der Hofstaat murmelte anerkennend, dass der junge Fürst die Farben der Darystis trug, Blau und Silber, und lediglich an seiner Schärpe seine eigenen Farben, Rot und Weiß, zeigte. Eine gelungene Verbindung und gute Einführung.
    Janwe mochte etwas größer sein als Eri und war schlank, und jung – sicherlich noch keine fünf Korallenkronen, schätzte Eri, also viel jünger als Lurion. In sein gut geschnittenes Gesicht hatten sich jedoch bereits harte Erfahrungen gegraben, es war sehr viel ausdrucksstärker und gereifter als Lurions, der schon einen Korallenbaum zählte. Seine Haltung zeigte, dass er gewohnt war, Befehle zu geben, die befolgt wurden, und seine geschmeidigen Bewegungen, dass er selbst hart zupackte. Seine großen Augen waren so grau wie der frühe Dämmer. Erstaunlich waren seine fast weißen, kurzen Haare. So eine Frisur

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