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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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tun. Vater will es so, Janwe will es so, Mutter hat nichts dagegen. Lurion ist es egal. Hauptsache, er ist mich und Turéor los. Er gefällt dir, du hast dich in ihn verliebt, du wirst Fürstin sein … also warum solltest du es nicht tun?«
    »Was sagst du denn dazu?«, fragte sie leise.
    Er hob hilflos die Schultern. »Ich kann nicht gegen meine Vorahnungen ankämpfen, Luri. Janwe gefällt mir auch, ich gebe es zu. Er ist kompromisslos und geradeheraus, aber wie er mit dir umgeht, dich ansieht … ich glaube, das ist mehr, als unser Vater je unserer Mutter entgegengebracht hat. Seine Haltung dir gegenüber ist stets respektvoll. Er ist so ganz anders als sein bornierter Hofstaat, der um ihn herumscharwenzelt und schleimt wie eine Nacktschnecke. An seinem Hof stimmt etwas nicht, das weiß ich. Vielleicht ist Janwe in Ordnung, und die Gefahr lauert woanders, und ihr beide seid in Gefahr. Dann … muss ich erst recht mitkommen.«
    »Ich will wissen, ob du einverstanden bist.«
    »Habe ich eine Wahl?«
    »Sag mir, ob du glaubst, dass er der Richtige für mich ist!«
    »Ich habe ihn mir anders vorgestellt. Er macht einen sehr viel besseren Eindruck, als ich angenommen hatte. Und es sieht so aus, als würdet ihr harmonieren. Vielleicht macht er dich wirklich glücklich und gibt dir … na ja. Liebe?«
    »Immer noch die Sehnsucht nach Liebe«, lachte sie.
    »Du nicht?«, gab er zurück.
    »Ich hätte nie erwartet, zu bekommen, was Janwe mir bereits jetzt gibt. Ich weiß nicht, ob das Liebe ist, Eri. Das wird sich erweisen.«

    Die Werbung fand nach den Regeln der Tradition vor vielen Augen statt, doch immer wieder ergab sich eine Gelegenheit, dass die Brautleute für wenige Momente nur unter sich waren, und sich näherkamen. Janwe war dann überraschend zurückhaltend und eher unsicher, ob er alles richtig machte.
    »Bitte sag mir, wenn ich dich beleidige«, forderte er sie auf. »Ich habe keine Erfahrung in diesen Dingen. Bisher bestand mein Leben zum größten Teil aus Kampf und harter Arbeit. Wahrscheinlich stoße ich dich ständig vor den Kopf, Luri.«
    »Nein«, erwiderte sie sanft. »Das tust du nicht. Allein dein Tanz war schon vollkommen.«
    »Du ahnst ja nicht, wie viel ich geübt habe«, meinte er erleichtert. »Doch der Anfang war vergleichsweise leicht, aber jetzt erreichen wir eine Phase … wo ich nicht mehr weiter weiß. Ich habe meinen ganzen Charme ausgespielt, und nun fällt mir nichts mehr ein. Was kann ich noch tun, um dich für mich zu gewinnen?«
    »Du könntest mich küssen.«
    Daraufhin schloss er seine Arme um sie. »Du hast mich sehr lange darauf warten lassen«, murmelte er, und diesmal blieb es nicht bei der flüchtigen Berührung.
    Luri war überrascht, plötzlich seine Zunge in ihrem Mund zu fühlen, doch dann fand sie schnell in das Spiel und schlang die Arme um ihn, während er immer leidenschaftlicher wurde. Selbst durch die dicken Stoffschichten hindurch konnte sie sein Herz schlagen hören. Und sie wusste, der Moment der Entscheidung war gekommen.  

ZWEITER TEIL
Verrat

7.
Nach Karund

    Luri verkündete zum festgelegten Zeitpunkt offiziell ihre Entscheidung. Alle waren sehr gespannt, denn sie hatte sich vorher nicht darüber geäußert, keinem gegenüber. Auch Fürst Janwe zeigte sich sehr nervös, als er sie in die Mitte der Halle schwimmen sah.
    Luri hatte es sich nicht leicht gemacht. Dass sie und Janwe sich mehrmals geküsst und zärtlich im Arm gehalten hatten, durfte nicht ausschlaggebend sein. Sie hielt sich an ihr Versprechen, das sie ihrem Bruder gegeben hatte, mit allem gebotenen Ernst in sich zu gehen. Und was dabei herauskam, war Folgendes: 
    Erstens – sie war verliebt. 
    Zweitens – Janwe war der Mann ihrer Träume. Er sah gut aus, er war reich und von Ansehen, und er hatte sehr intensiv um sie geworben. Mehr, als ein Mann getan hätte, dem es nur um Politik ging. Denn schließlich konnte er nicht verlieren. Der Handel mit Ragdur war abgeschlossen. Wenn Luri sich jetzt zierte, würde sie nach angemessener Zeit einfach gezwungen werden. Darüber machte sie sich nach einer Unterhaltung mit ihrer Mutter keine Illusionen mehr.
    Drittens – genau das war einer der Gründe, weswegen auch sie nach höherer Position strebte. Ansehen und Status der Frauen waren bei den Nauraka beschämend gesunken. Waren sie früher Ratgeberinnen gewesen, deren Entscheidung ausschlaggebend war, so hatten sie heute so gut wie keine Bedeutung mehr. Luri wurmte es immer noch, dass ihre Mutter

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