Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
Vom Netzwerk:
Umgebung.
    Eri beteiligte sich nicht an der Unterhaltung zwischen Janwe und dem Herrn dieser Stadt; die beiden kannten sich offensichtlich und verhandelten leise über irgendetwas. Nachdem er sich gesättigt hatte, wurde in bauchigen Schnabelgefäßen ein Getränk herumgereicht, das Eri leicht vergoren vorkam, aber süß schmeckte und wohlige Wärme im Magen verbreitete.
    Ferllam unterschied sich in nichts von seinen Artgenossen. Er trug keine Insignien, Schmuck oder sonst ein Zeichen der Herrscherwürde. Eri hätte nicht zu sagen gewusst, wer von den zahlreich anwesenden Saniki zu seiner Familie gehörte; lediglich die Diener konnte er daran erkennen, dass sie schweigend auftrugen und auf jeden Wink reagierten.
    Abgesehen von den beiden Herrschern, die sich angeregt miteinander unterhielten, wurde nur wenig geredet und die Gäste kaum beachtet. Turéor immerhin wurde bei der Bedienung ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt, doch er schien es nicht zu bemerken. Sein Blick, seine Gedanken waren wie immer nach innen gerichtet. 
    Mehr und mehr hatte Eri das Gefühl, als würden sie nur wegen des bei allen Völkern als höchstes Gesetz geltenden Gastrechts aufgenommen, weil sie nun einmal hier waren und Dunkeldämmer hereingebrochen war, aber damit erschöpfte sich auch schon das allgemeine Interesse. Er konnte nichts aus den Gesten oder der Körperhaltung lesen, was sich auf ihn oder die anderen Nauraka bezog. In Darystis wäre das alles ganz anders verlaufen.
    Turéor war der Erste, der sich zum Gastgemach bringen ließ, dann war Eri an der Reihe. Er fühlte sich nicht recht wohl hier, und das Flüstern in seinem Inneren rauschte immer stärker durch seine Ohren, als wolle es ihn zu etwas drängen. Vielleicht lag es an der Trennung von Darystis, dass er plötzlich den Zwang verspürte, allein sein zu müssen. Andererseits wollte er seine Schwester nicht aus den Augen verlieren, auch wenn sie neben ihrem Gemahl an diesem Ort in Sicherheit schien. Jemuma, die treue Amme, die ihn von klein auf kannte, schien seine Gedanken zu spüren und warf ihm einen beruhigenden Blick zu: Sie würde noch bleiben und aufpassen. Eri nickte ihr zu, und ein Diener geleitete ihn zu seiner Kammer.
    Ein völlig schmuckloses Loch in den Felsen, das mit Ausnahme einer Vorrichtung zur Befestigung des Hängeschlafnetzes ansonsten vollkommen leer war. Eri musste unwillkürlich schmunzeln und war froh, dass er sein eigenes Netz eingepackt und mitgenommen hatte, nun konnte er es aufhängen und wenigstens bequem schlafen. Die geschlossene Enge um ihn herum irritierte ihn, in Darystis gab es so etwas nicht. Jeder Raum besaß Öffnungen zum Durchschwimmen oder Hinaussehen, und seien es auch nur Abstände zwischen dem Korallengeflecht. Geschlossene Türen wie hier gab es nicht. Als Lichtquelle fanden sich hier nur zwei magere Glühfische in einem viel zu engen Käfig. Aber Eri wollte sich nicht beklagen und auch nicht zu anspruchsvoll sein, schließlich hatte er die Heimat zum ersten Mal verlassen und wusste längst durch die Besuche auf dem Markt, dass er bislang ziemlich verwöhnt gelebt hatte. Umso bedeutungsvoller war es, dass er auch einmal andere Lebensweisen kennenlernte.
    Der Prinz kuschelte sich in sein Hängenetz, zog die schwarze Perle hervor und betrachtete sie im trüben Dämmer. Die Schlieren liefen unruhig über das Schwarz, und Eri fühlte einen dumpfen Druck im Kopf. Da war etwas, das er erledigen musste, das ihn dazu drängte, etwas zu tun. Aber er verstand nach wie vor nicht, was es sein sollte. »Was willst du mir sagen?«, flüsterte er wie so oft. Er hatte das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, aber noch nicht das Richtige zu tun. Seufzend verbarg er seinen Schatz wieder, legte die Hände darüber und schlief ein.

    Eri erwachte schlagartig, als er einen warnenden Schrei in seinem Innern hörte. Er schlug die Augen auf und erkannte im selben Moment einen Saniki über sich, der mit seiner von Schwimmhäuten bedeckten Schuppenhand soeben in sein Gewand greifen wollte. 
    Ein unerklärlicher Impuls in seinem Innern zwang ihn, blitzschnell zu handeln. Ohne nachzudenken oder gar zu erschrecken, schoss seine Hand nach oben, packte die Gestalt am Hals und stieß sie zurück. Der Saniki stieß einen erschrockenen Laut aus. Er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass der Prinz so schnell erwachte.
    Der Trank , schoss es Eri durch den Kopf. Er hat mich müde gemacht, und ich sollte schlafen, damit ich ausgeraubt werden konnte

Weitere Kostenlose Bücher