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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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seinen Augen stimmte etwas nicht, als läge ein grauer Schleier darüber. Er sah nicht mehr so scharf und klar wie zuvor, und die Farben waren blasser. Aber das würde sich bestimmt bald legen.
    Sie starrten ihn an.
    »Was habt ihr?«
    »Deine Stimme«, antwortete Turéor.
    »Deine Augen«, wisperte Jemuma.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie sind schwarz …« Jemuma hielt sich entsetzt die Hand vor den Mund. »Oh, Eri, was ist nur mit dir geschehen …«
    »Nicht Eri«, erwiderte der Nauraka mit den schwarzen Augen. »Erenwin.«

11.
Der Namenlose

    »Wir müssen Janwe an seiner schwächsten Stelle packen«, erklärte Jemuma einmal nach dem Abendessen. »Etwas finden, womit wir ihn unter Druck setzen können.«
    »Besser wäre es, ihn umzubringen«, brummte Erenwin.
    »Dann sind seine Berater außer Kontrolle, und seine beiden engsten Vertrauten sind nicht weniger ehrgeizig als er«, widersprach die Amme. Janwe hatte sie nach einer geraumer Zeit als Aufsicht seiner Dienerschaft eingesetzt und war zufrieden mit ihren Diensten. Daher kannte Jemuma sich am Hofstaat mittlerweile besser aus als die beiden Männer. »Ich hatte genug Zeit und Möglichkeiten, sie alle zu beobachten. Wir hätten damit nichts gewonnen, sondern würden eher Luris Leben in Gefahr bringen.« 
    »Aber wie sollen wir seine Schwäche herausfinden?«, fragte Turéor.
    »Ihr müsst in seine persönlichen Gemächer«, antwortete Jemuma. »Und ich kann euch helfen, hineinzugelangen.«
    »An den Wachen vorbei?«
    Sie grinste verschwörerisch. »Wir müssen nur den richtigen Wachwechsel abwarten.«
    »Aber die anderen beobachten uns doch«, wandte Erenwin ein.
    »Gewiss, und sie werden lediglich sehen, dass ihr Zutritt zu Janwe erhaltet. Das ist zwar ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen – wie es bei Luri der Fall wäre. Verlasst euch ganz auf mich!«
    »Also gut«, gaben die beiden Männer nach.

    Erenwin war ungeduldig, aber er musste sich bezähmen. Er fühlte immer noch eine lodernde Flamme in sich, die ihn antrieb und ihm ungeahnte Energien verlieh.
    Janwe war die Veränderung des Brautbruders bisher nicht aufgefallen, weil er viel zu beschäftigt mit den Kriegsvorbereitungen war.  Und auch sonst merkte es keiner. Das Gesinde sah ihm nie in die Augen, und die Hofschranzen ignorierten ihn ohnehin oder blickten demonstrativ an ihm vorbei. 
    Turéor und Jemuma sprachen ihn schon lange nicht mehr auf die Veränderung an, weil sie spürten, dass er nicht darüber reden wollte. Nach dem ersten Ausbruch war auch nichts mehr davon zu bemerken – bis auf seine Augen, das war nicht rückgängig zu machen. Doch das störte Erenwin nicht weiter, er fühlte sich ausgezeichnet, und vor allem zielstrebig. Janwe würde ihn nie wieder als nichtsnutzig bezeichnen.
    Seit der Wandlung hatte Erenwin sich zurückgezogen und grübelte über sein neues Leben nach und was sich daraus ergab. 
    Das Ziel, Luri zu befreien, war in greifbare Nähe gerückt. Doch Turéor hatte recht, es wurde Zeit, über das Danach zu entscheiden. Sie kannten kein anderes Nauraka-Reich, bei dem sie Asyl suchen konnten; falls überhaupt irgendeines es wagen würde, sie aufzunehmen. Gerade weil sie die Kinder des Hochfürsten waren, dessen Zorn vermutlich keine Grenzen kennen würde, sobald er von der Flucht erfuhr. Ragdur würde niemals Verständnis für ihre Lage zeigen, egal, was sie ihm zur Erklärung vorbringen würden.
    Schließlich bedeutete Jemuma den beiden, ihr zu folgen: »Es ist so weit. Janwe hat sich gerade zurückgezogen – und er hatte es sehr eilig. Ich denke, er hat etwas Bestimmtes vor.«
    »Wie kommst du darauf?«, wollte Erenwin wissen.
    »Ich bin sicher, dass er den Zugang zu seinen privaten Gemächern aus einem bestimmten Grund verwehrt, den keiner erfahren darf«, antwortete die Amme. »Denn fast niemand darf zu ihm, nur ab und zu einmal in letzter Zeit war es seinen engsten Vertrauen erlaubt. Dort drin geht irgendetwas vor, sage ich euch, was mit seinem Kriegsvorhaben zu tun hat.«
    »Also dann, worauf warten wir?«, drängte Turéor.
    Erenwin war skeptisch. »Wie sollen wir hineingelangen? Was hast du vor, Jemuma?«
    Sie hielt eine kleine Phiole hoch. »Das wird die Wachen besänftigen. Ich mache das schon! Bleibt einfach hinter mir und tut so, als hätte ich euch im Auftrag Janwes gerufen.«
    Sie schwammen in die Halle hinaus. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn abgesehen von den Wachen hielt sich niemand dort auf. Es war kurz vor dem Nachtmahl, im Spätdämmer;

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