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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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eine Zeit, wo alle ruhten und die Nauraka sich ein wenig zurückzogen, bevor sie der Gesellschaft frönten.
    »Du hast an alles gedacht«, flüsterte Erenwin seiner Amme zu und war stolz auf sie.
    »Janwe hat angeordnet, dass ihn jetzt niemand stören darf, und das ist umso besser für uns«, gab sie halblaut kichernd zurück. Sie überquerte schnurstracks die Halle und steuerte den Zugang zu den Fürstengemächern an. »Heda, Wache!«, rief sie laut.
    Erenwin und Turéor fuhren zusammen. »Was machst du, närrisches Weib?«, zischte Turéor.
    »Die Wachen auf uns aufmerksam, damit sie merken, dass alles mit rechten Dingen zugeht und sie sich nicht weiter zu kümmern brauchen«, wisperte sie. »Niemand, der etwas Unrechtmäßiges vorhat, veranstaltet einen derartigen Lärm. Jetzt werden sie beruhigt weiterdösen.«
    Erenwin sah sich verstohlen um, und Jemuma hatte recht. Die Wachen sanken wieder mit nach innen gekehrtem Blick in sich zusammen. Lediglich die Posten vor Janwes Tür blinzelten hellwach und misstrauisch, als die drei auf sie zukamen.
    »Fürst Janwe wünscht seine Verwandten zu sehen«, sagte Jemuma, während die beiden Männer hinter ihr blieben.
    »Davon ist mir nichts bekannt«, erwiderte ein Wächter misstrauisch.
    »Wurde dir schon jemals vorher mitgeteilt, wenn er jemanden zu sich rief?«, fragte Jemuma mit genau der scharfen Ammenzunge, wenn sie zu einer Belehrung ansetzte. Gegen diesen Tonfall kam keiner an, nicht einmal hier in diesem überaus patriarchalischen Reich.
    »N-nein«, stotterte der Mann und zog den Kopf leicht ein.
    »Es gibt auch keinen Grund, weswegen er alle in Kenntnis setzen sollte. Da kann er gleich eine öffentliche Versammlung abhalten.«
    »Hast du etwas zur Freigabe dabei?«, fragte der andere. »Dein Wort allein reicht mir nicht, alte Vettel.«
    »Gewiss«, behauptete Jemuma lächelnd. »Seht mal her.«
    Und im selben Moment wusste Erenwin, was in der Phiole war. Ein Guckmich , ein fröhlicher, pikanter Scherz, den sich junge Paare zu Beginn einer Beziehung häufig schenkten. Jeder, der hineinsah, erblickte in der Phiole etwas aus seinen Träumen über Paarungsverhalten, sobald sie entkorkt wurde. Der Inhalt bestand aus Pollenkörnern des Anemonensterns, die sich sofort zu Staub verflüchtigten, sobald sie leicht angestoßen wurden. Der Duft, den sie dabei verströmten, betäubte die Sinne und löste prickelnde Halluzinationen aus. 
    Erenwin und Turéor hielten Abstand, während Jemuma die Phiole schüttelte und entkorkte. Gleich darauf nahmen die Gesichter der Wachen einen verklärten Ausdruck an und sie regten sich nicht mehr.
    Ungehindert schwammen die beiden Darystis an ihnen vorbei, öffneten die Tür zu Janwes Gemach und huschten hinein.

    Düsteres Licht empfing sie in einem grob behauenen, runden Gang, der an die Röhre einer Pfeifmuschel erinnerte. 
    Janwe hatte nicht untertrieben, als er seine Behausung als »nüchtern und bescheiden« bezeichnet hatte. Sie war rein zweckmäßig und völlig schmucklos eingerichtet. Es gab keine Fenster, und das Licht rührte hauptsächlich von diffusen Gasblasen her, die an den Felsen klebten.
    Die beiden Darystis bemühten sich, so wenig Wellenbewegung wie möglich zu erzeugen. Ihre Ausdünstungen konnten sie nicht kontrollieren, aber ihnen war schon aufgefallen, dass die Sinne der Karunder bei weitem nicht so fein waren wie ihre eigenen. Sie achteten mehr auf Auge und Gehör, dementsprechend waren auch ihre Gesten und Tänze weniger ausgefeilt. Abgestumpft , hatte Turéor sich einmal abfällig geäußert. Ein schwacher Schatten dessen, was einen Nauraka ausmacht.
    Es war sehr still hier, ganz ungewohnt. Nichts von draußen drang herein, und es gab kein Leben, das irgendeine Vibration auslösen könnte. Damit hatten sie nicht gerechnet; selbst dem wenig sensiblen Karunder müsste ihre Anwesenheit deshalb sofort auffallen. 
    Sobald Janwe sie entdeckte, hätten sie ein ziemliches Problem, über dessen Lösung sie bisher nicht nachgedacht hatten. Aber nach einem kurzen Austausch von Blicken waren sich die beiden einig: Da sie nun einmal hier waren, würden sie es trotzdem riskieren. Sie waren zu zweit, und Janwe hoffentlich allein.
    Schließlich verbreiterte der Gang sich zu einer kleinen Kaverne, von der drei Gemächer abgingen. 
    Aus dem mittleren erklang Janwes Stimme: »Es ist bald so weit, Vater. Alles wird ausgeführt, wie du es wünschst.«
    Die beiden Darystis sahen sich erstaunt an. Mit wem redete Janwe? Erenwin fiel

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