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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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erlitten, weil ihr nicht aufgepasst habt!«
    Die Wächter duckten sich sofort vor dem Tonfall. Janwe hatte sie wie jeden in seinem Staat erzogen, sofort der Autorität nachzugeben. »J-ja, Herr«, stotterte der eine, und der andere: »Aber was haben wir denn übersehen …«
    »Woher soll ich das wissen, ist es etwa meine Aufgabe, meinen Herrn zu schützen?«, schrie Erenwin, der es nun genau wie Jemuma vorhin hielt, nämlich alle auf sich aufmerksam zu machen. Und auch diesmal wirkte der Trick; die anderen Wachen beeilten sich, wegzusehen und beschäftigt zu wirken, um seiner Aufmerksamkeit zu entgehen. Fürst Janwe war schnell mit Strafen bei der Hand, und dem wollte sich keiner aussetzen. Und Erenwins kurzer Geduldsfaden war ebenfalls bekannt, nachdem er zu Beginn zwei Hofschranzen blutig geschlagen hatte und seither keinem Streit mehr aus dem Wege ging. Über ihn lachte schon lange keiner mehr.
    »Bitte um Vergebung, Herr, wir …«
    »Ich habe gar nichts zu vergeben, Dummkopf, das kann nur der Fürst! Am besten schwimme ich gleich zurück und berichte ihm.«
    Die Posten wurden leichenblass. Innerlich hätte Erenwin gelacht, wenn er nicht so aufgewühlt gewesen wäre. Er spürte, wie seine königliche Aura gegen die Wächter schlug und sie zusätzlich einschüchterte. In Darystis wäre das nicht möglich gewesen, jene Soldaten dort hätten sich nicht so leicht übertölpeln lassen. Sie waren selbstbewusst und durften noch selbstständig denken und handeln. Aber hier, wo Angst und Unterdrückung regierte, sah jeder zu, so wenig wie möglich aufzufallen. In dieser Hinsicht sollte Janwe besser noch einiges lernen. Seine Leute gehorchten ihm bedingungslos, aber sie waren ihm nicht treu ergeben. Ohne Befehl würden sie nicht handeln.
    »Herr, bitte … wenn wir Euch noch irgendwie dienen können …«
    Erenwin winkte ab. Er musste sich beeilen. Janwe konnte jeden Augenblick wieder herauskommen. »Nun … Schwamm drüber. Lassen wir es auf sich beruhen, mir ist auch nicht daran gelegen, den Zorn meines Schwestergemahls heraufzubeschwören. Wenn ihr schweigt, tue ich es ebenfalls.«
    Sie wirkten unendlich erleichtert, und die Gesten der Dankbarkeit zeigten auch den anderen Wächtern, dass alles gerade noch einmal gut gegangen war.
    Erenwin schwamm mit seinem bewusstlosen Onkel weiter und rief den Wachen am Haupteingang zu: »Wir dürfen nicht gestört werden! Lasst niemanden herein, das Nachtmahl findet später statt!«
    Dann öffnete er die Tür zu seinen und Turéors Gemächern und schloss sie eilig hinter sich. »Schnell, Jemuma!«, rief er, als die Amme ihm besorgt entgegenkam. »Wir müssen ihn zu sich bringen! Und dann pack zusammen, was du mitnehmen willst, wir werden sofort Luri befreien und fliehen.«
    »Aber es ist bereits kurz vor Dunkeldämmer …«
    »Dullo findet sich auch im Dunklen zurecht, und er ist schnell. Das ist unsere einzige Chance, Jemuma, eine andere bekommen wir nicht. Es war genau der richtige Moment, dass wir zu Janwe vorgedrungen sind …«
    Beide bemühten sich, den alten Darystis zu sich zu bringen, und schließlich schlug er die Augen auf. Doch sie waren trüb und grau, und sein Gesicht war von Wahnsinn gezeichnet. Als er anfing, um sich zu schlagen, hielten sie ihn mit vereinten Kräften fest.
    »Onkel, beruhige dich, ich bin’s!«, rief Erenwin. »Erenwin, dein Verwandter!«
    »Ich-ich kenne dich nicht!«, stammelte der völlig verstörte Mann. »Deine Augen … ich habe nur einmal solche Augen gesehen …«
    »Halte ihn fest, Erenwin, ich hole etwas zur Stärkung«, sagte Jemuma und paddelte eilig zu einer Truhe, in der sie ihren Beutel mit Heilutensilien aufbewahrte.
    »Ich weiß, meine Augen sind … seltsam geworden, aber ich bin es immer noch, Onkel Turéor, glaub mir!«, beteuerte Erenwin und hielt den Alten fest im Arm. »Beruhige dich, gleich wird es besser.«
    Jemuma kam zurück und drückte Turéor einen Schwamm an die Zähne. Eine dunkelblaue Flüssigkeit quoll heraus, und der Verstörte schluckte unwillkürlich. Kurz darauf wurde er tatsächlich ruhiger und sein Blick klar.
    »Erenwin …«, flüsterte er. »Es tut mir leid, aber dieser Anblick raubte mir die Sinne, ich konnte nichts dagegen machen. Der Mann im Spiegel … das … ist der Alte Feind!«
    Jemuma fuhr zurück. Erenwin murmelte: »Du … du musst dich täuschen, Onkel, der muss schon lange tot sein …«
    »Ich bin es doch auch nicht, Junge!«, unterbrach Turéor. »Wir haben beide weit über unsere Zeit

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