Navy Seals Team 6
ein Scharfschütze genug Punkte beisammen hatte, um zu bestehen, konnten ihn die Ausbilder immer noch durchfallen lassen, wenn er ständig wegen des gleichen Fehlers aufflog. Einige Typen fielen durch, weil ihr Ghillie-Anzug nicht richtig an ihre Umgebung angepasst war.
Mann, wir lernen das jetzt seit einem Monat. Wir haben schon vor dem Kurs mit der Arbeit an unseren Anzügen begonnen. Warum kannst du dir nicht das Gelände anschauen und deinen Anzug daran anpassen?
Manche Typen passten ihre Anzüge zwar an die Umgebung an, konnten jedoch nicht am Boden bleiben. Ich sah unglaublich viele in die Luft gereckte Hintern. Manche krochen an einen Baum heran und glaubten wohl, dass der Baum sie unsichtbar machen würde. Die Ausbilder bezeichneten das als »Baumgeschwür«. Ihre Augen wanderten den Baum herab – gerade, gerade, ein Auswuchs am Boden. Was hat der Baum da – ein Geschwür? Durchgefallen.
Ein Scharfschütze muss viel mehr können, als nur aus großer Entfernung einen Schuss abzugeben. Ein Schütze, der an den Olympischen Spielen teilnimmt, könnte zwar den Schuss abgeben, sich jedoch nicht anpirschen – und ist somit kein Scharfschütze. Bei der siebten, achten, neunten Anpirschübung riefen die Ausbilder bestimmte Leute heraus. Diese Typen würden nicht genug Punkte bekommen, um die Scharfschützenschule zu bestehen – nicht einmal dann, wenn sie bei den letzten Übungen perfekt wären. Wir sahen sie nie wieder.
Ich erreichte 800 bis 850 Punkte von möglichen 1000 – einschließlich der Punkte, die ich durch den ungeduldigen Typen verloren hatte.
Zur Phase drei – fortgeschrittene Fähigkeiten im Feld und Auftragsdurchführung – gehörte ein Abschlusseinsatz. Egal, wie gut wir beim Schießen, Zeichnen, bei den Kim-Spielen oder beim Anpirschen gewesen waren: Wir mussten die dreitägige Abschlussübung bestehen. Die Ausbilder forderten von uns viel Reife und Unabhängigkeit. Scharfschützen arbeiten oft zu zweit ohne direkte Aufsicht. Sie müssen selbst Entscheidungen treffen, darunter auch die Entscheidungen, sich an eine Umgebung anzupassen, die sich ständig verändert.
Beim Abschlusseinsatz kamen Casanova und ich im Schutz der Nacht bei unserer endgültigen Schussposition an und errichteten unser »Fuchsloch«, das Scharfschützenversteck. Zuerst gruben wir zehn bis 15 Zentimeter in die Tiefe, beseitigten behutsam die obere Erdschicht und das Gras und legten sie beiseite. Dann hoben wir eine Grube aus, die etwa 1,8 mal 1,8 Meter maß und 1,5 Meter tief war. Am Boden dieser Grube legten wir einen Sickergraben an, der etwa 60 Zentimeter lang, 45 Zentimeter breit und 30 Zentimeter tief war und in einem Winkel von 45 Grad abfiel, damit Regenwasser ablaufen oder Granaten wegrollen konnten. Damit der Regen unser Loch nicht zum Einstürzen brachte, legten wir Sandsäcke oben auf den Rand. Dann räumten wir oben am Loch eine Fläche frei, auf der wir beim Aufklären und Schießen die Ellenbogen aufstützen konnten. Danach deckten wir das Loch mit Ästen, unseren Regenumhängen, Felsbrocken, Dreck und der Erde, die wir vorher beiseitegeräumt hatten, zu. Schließlich legten wir einen Hinterausgang an und tarnten ihn mit Ästen. In den Hinterausgang legten wir eine Mine, die ungebetene Gäste empfangen sollte.
Wir zeichneten alles auf, was im Zielgebiet – einem Haus mitten im Nirgendwo, um das ein paar Fahrzeuge standen – passierte. Eine Patrouille kam in unsere Richtung, entdeckte uns aber nicht. Jede Stunde wechselten Casanova und ich uns mit Aufklären und Schießen ab. Wir aßen und schliefen in unserem Loch. Auch auf die Toilette gingen wir dort. Das Schwierigste war, wach zu bleiben, während der andere schlief. Nachts mussten wir hinausgehen und uns das Haus von hinten ansehen. Zur verabredeten Zeit schalteten wir das Funkgerät ein und bekamen ein Schießfenster – den zeitlichen Rahmen, in dem wir das Ziel ausschalten sollten. »Der Mann im roten Hut wird um 0200 am 8. November auftauchen. Schaltet ihn aus.« Ein Mann in einem blauen Hut tauchte auf. Das falsche Ziel.
Vor dem Einsatz hatten Casanova und ich eine halbkreisförmige Entfernungskarte des Zielgebiets vorbereitet. Nachdem wir die endgültige Schussposition erreicht hatten, modifizierten wir die Karte und trugen Besonderheiten des Geländes und andere Objekte ein. Wir unterteilten die Karte in drei Sektoren: A, B und C. Mit verabredeten Arm- und Handzeichen signalisierte mir Casanova, dass unser Ziel bei zwölf Uhr in
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