Navy Seals Team 6
Sektor B in einer Entfernung von 500 Metern angekommen war. Dann zeigte er den Ort auf der Entfernungskarte an.
Ich bedeutete ihm mit dem Daumen nach oben, dass ich verstanden und mein Zielfernrohr bereits eingestellt hatte. In meinem Fadenkreuz befand sich die Brust einer Schaufensterpuppe, die in einem Fenster stand und einen roten Hut trug. Wenn ich nicht traf, würde ich die Scharfschützenschule nicht bestehen. Casanova durfte dann zwar noch seinen Schuss abgeben, aber ich würde durchfallen. Ruhig drückte ich ab. Mitten ins Schwarze. Nachdem wir geschossen hatten, schlichen wir uns vorsichtig zu dem Ort, von dem wir abgeholt werden würden. Dabei mussten wir mit Karte und Kompass den Weg finden, und zwar ohne Satellitennavigationssystem.
Wieder im Schulhaus berichteten Casanova und ich, was wir auf dem Hin- und Rückweg gesehen hatten und wann das gewesen war. Bei unserer Präsentation verwendeten wir Fotos und Feldzeichnungen. Auch jetzt konnten wir immer noch durchfallen.
Der Major sagte zu uns: »Ihr Bericht war hervorragend. Sie hatten eine herausragende endgültige Schussposition – sie gehört zu den besten, die ich gesehen habe. Ich lief sogar selbst darüber. Ihre Berichttechnik war überragend.« Erleichtert atmeten wir auf. Natürlich war unsere Vortragstechnik überragend – wir machten das ja schließlich seit der Kampfschwimmerausbildung.
Für die anderen Scharfschützenschüler war es ungünstig, dass wir als Erste drangekommen waren, denn die Messlatte lag nun hoch. Ich sah mich im Zimmer um und die Marineinfanteristen freuten sich nicht gerade auf ihre Berichte. Ein junger Marineinfanterist war ein hervorragender Schütze, aber der Major rieb ihn so sehr auf, dass er mir leidtat. Er hatte sich extra erneut verpflichtet, nur um Scharfschütze zu werden. Er und sein Partner wurden gleichzeitig beim Schlafen erwischt, obwohl sie sich eigentlich dabei abwechseln sollten. Auch bei ihrem Abzug erwischten die Ausbilder sie und ihre Berichttechnik war ebenfalls nicht sehr ausgereift. Wenn ein Scharfschütze nicht mitteilen kann, was er gesehen hat, nützen auch die besten Informationen nichts. In der Welt der Scharfschützen nennen wir Männer wie diese zwei Marineinfanteristen »tolle Abdrücker«. Viele Menschen können abdrücken. Er und sein Partner waren bei der Abschlussfeier nicht dabei.
Unsere Abschlussfeier war nicht sehr förmlich. Wir trugen unsere Kampfanzüge. Einer nach dem anderen wurde aufgerufen, erhielt sein Zeugnis und den Aufnäher, den wir selbst entworfen hatten. Erst jetzt bekamen wir diesen Aufnäher und erst jetzt durften wir ihn tragen. Unserer war ziemlich cool: ein Totenkopf mit einer Kapuze und dem Fadenkreuz eines Scharfschützen im rechten Auge – Silber auf Schwarz. Darunter stand geschrieben: ICH TREFFE DIE ENTSCHEIDUNG. Ein Scharfschütze entscheidet, wann und wo sein Ziel abtritt. Der Major überreichte mir mein Zeugnis. Doch etwas anderes wollte ich noch viel mehr: Gib mir einfach meinen Aufnäher. Er gab ihn mir. Zum Dank überreichten wir auch den Ausbildern Aufnäher. Sie hatten sie sich redlich verdient.
Nach der Scharfschützenschule kehrte ich zum Red Team zurück, doch hatte ich nicht viel Zeit für meine Familie. Bei der Arbeit begann ich sofort zu lernen, wie man mit einer .300 Winchester Magnum und einem Leupold-10-Zielfernrohr schießt. Der Unterschied zwischen dem 7,62-mm-Scharfschützengewehr der Marineinfanterie und dem .300 Winchester Magnum des SEAL Team Six war wie der Unterschied zwischen einem Bus und einem Ferrari.
Bei diesem Gewehr verwendeten wir ein KN-250-Nachtsicht-Zielfernrohr. Die Nachtsichttechnik verstärkt das Licht von Mond und Sternen und gibt das Bild grün und hellgrün statt schwarz und weiß wieder. Dem Ergebnis fehlt es an Tiefe und Kontrasten, aber trotzdem kann ein Scharfschütze damit bei Nacht sehen.
Dann fuhren wir nach Fort Bragg/North Carolina und lernten, wie man auf speziellen Sitzen außen am Hubschrauber sitzt und dabei mit dem schallgedämpften CAR-15 schießt. Die Sitze sehen wie Barhocker mit einer Lehne aus, können sich drehen und sind an den Kufen des Helis befestigt. Es dauerte ein wenig, bis all das auch wirklich saß. Dazu kam noch die Kommunikationstechnologie – wir lernten, wie man mit einem Satellitenfunkgerät und einer speziellen Tastatur verschlüsselte Signalbündel überträgt.
Casanova, Little Big Man, Sourpuss und ich flogen nach Australien, um zusammen mit dem australischen Special
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