Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
Vom Netzwerk:
rülpst. Gropper
ist keinen Whisky gewohnt und zögert.
    »Langans zua.«
    Er gießt sich ein und nimmt vorsichtig einen Schluck. Es brennt am
Gaumen. Er muss husten. Nachdem der leicht beißende Geschmack etwas
nachgelassen hat, fragt er: »Wer hat da nebenan mit Nafziger gesessen?«
    »Na, seine Gschäftsfreund.«
    »Wer war das?«
    »Des woaß i net. Amerikaner hoid und Leit von außerhalb.«
    »Auch Mittenwalder?«
    »De a, ab und zua.«
    »Kannten Sie davon welche?«
    »I war doch nia dabei. Da war i doch zhaus.«
    »War Nafziger verheiratet?«
    »Na, dea net. Nia. Hat aba jede Menge Weiba ghabt.«
    Gropper nimmt noch einen Schluck. Der Alkohol wärmt ihn leicht von
innen. Fanny Jais holt aus ihrer Kitteltasche eine Packung Chesterfield,
nestelt mit ihren vom Putzwasser verschrumpelten Fingern eine Zigarette daraus
und pafft.
    »Was ist mit dieser Lucretia? Wie stand Nafziger zu ihr?«
    »Moanans privat?«
    Gropper nickt.
    »Dea hat was ghabt mit iha. Des is gwieß. Dea hat ja mit jeda was
ghabt. Aba Intims woaß i net.«
    Sie setzt die Coca-Cola-Flasche an ihre Lippen, trinkt und wischt
sich über den Mund. Auch Gropper nimmt noch ein Schlückchen Whisky und fragt:
»Sind Sie verheiratet?«
    Einen Moment schweigt Fanny Jais. Sie scheint zu überlegen, was sie
ihm sagen soll. Dann steht sie plötzlich auf, holt sich vom Tresen ebenfalls
ein Glas, gießt es fast randvoll mit Whisky, nimmt einen kräftigen Schluck,
ohne wie er husten zu müssen, schaut auf ihre beiden Putzeimer und beginnt zu
erzählen.
    Auch ihr Mann ist bei den Gebirgsjägern gewesen. 1944 wurde er in
Serbien von Partisanen erschossen. Fanny war plötzlich Witwe, musste Geld
verdienen und bewarb sich in der Jäger-Kaserne als Putzfrau. Nafziger war
gerade von der Front zurückgekommen und Kommandeur der Kaserne geworden. So hat
sie ihn kennengelernt. In der Kaserne durften aber nur Zwangsarbeiterinnen aus
Polen, aus der Tschechoslowakei und vom Balkan putzen. Darum stellte Nafziger
sie für sein Privathaus an, das direkt neben der Jäger-Kaserne lag. Sie putzte
gern für ihn, auch wenn es aus der Jauchegrube hinter seinem Haus immer
schrecklich stank.
    Nach Kriegsende wurde er als ehemaliger Kommandeur von den
Amerikanern zwar verhaftet, aber schon nach wenigen Tagen wieder entlassen.
Warum, weiß sie nicht. Er durfte in die obere Etage der Villa »Hohenlohe«
einziehen, wo der amerikanische Geheimdienst sein Quartier hat, und nahm sie
als Putzfrau für seine neue Wohnung mit. Sie genoss nun das Privileg, beim CIC ein und aus gehen zu dürfen. Das war für sie ein
gewaltiger Karrieresprung und eine sehr gehobene Position in Mittenwald.
    Nafziger eröffnete Ende Juni ’45 seinen Amüsierclub »Crazy Horse«,
und bald darauf stand mit einem Mal ein dicker Amischlitten vor seinem Lokal,
ein himmelblauer Buick Super mit breiten Stoßstangen aus Chrom und mit
Weißwandreifen.
    »Woher hatte er das viele Geld für das Lokal und den Buick Super?«
    »Da wiad vui tuschelt. Aba koana woaß nix Genaues net«, sagt Fanny
Jais und nimmt noch einen großen Schluck Whisky. Gropper hat den Eindruck, dass
sie es weiß, es aber nicht verraten will. Er bohrt weiter.
    »Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    »Mei, gredt wiad vui.«
    »Zum Beispiel?«
    Sie schweigt. Nach einer Pause erzählt sie weiter.
    Mit der Eröffnung seines Amüsierclubs übertrug Nafziger ihr das
Saubermachen hier. Das war für sie eine Herabstufung und kränkte sie sehr. Für
seine »Beletage« in der CIC -Villa engagierte er
eine junge Polin, die dreißig Jahre jünger war als Fanny. Und als Barfrau und
quasi Geschäftsführerin seines neuen Etablissements nahm er sich eine junge
Rumänin, die er im Ort aufgegabelt hat. Sie wohnte von da an mit ihm in seiner
»Beletage« als seine Geliebte.
    »Das ist dann wohl die Lucretia«, mutmaßt Gropper.
    »Genau. Da hat ea dann zwoa Weiba ghabt. Überall de ausländischen
Weibsbilda!«, schimpft Fanny Jais. »De nisten sich hia ei un bleim ewig. Mia
Einheimische ham hia überhaupt nix meha zu sagn. Des sag i a jedem. Un jeda
Mittenwalder gibt mia recht. Gott sei Dank hab i mit dem auftakelten Farbkastn
Lucretia fast nix zu tun. I putz bis zum Mittag, un de feine Madame kommt
erst am Abend, kurz voa des Lokal öffnet um achte.«
    Unter Nafziger wurde der Amiclub bald zu einem berüchtigten
Treffpunkt für alle, die es vorzogen, ihre Machenschaften im Hinterzimmer
abzusprechen, erfährt Gropper. Man munkelt, es soll um Drogen, Schmuggel

Weitere Kostenlose Bücher