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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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für Gropper Unverständliches.
    »Wait«, sagen sie, und Gropper wartet. Bald kommt ein schlanker
Offizier über den Kiesweg, wie alle CIC -Agenten
in korrekt sitzender Uniform.
    Im Schloss des gusseisernen Gartentors summt es, das Eisengitter
springt automatisch auf, und der etwa fünfzigjährige Mann mit akkuratem
Haarschnitt steht vor ihm. Die beiden Militärpolizisten salutieren zackig.
    »What do you want?«, fragt der Uniformierte.
    »Ich möchte eine Dame namens Lucretia sprechen.«
    »Why?«, kommt es knapp zurück.
    »In der Angelegenheit Anton Nafziger.«
    »This is military area. Leave immediately.«
    Gropper ärgert sich über die Zurechtweisung durch diesen CIC -Schnösel, der sich vor ihm so aufmandelt,
unterdrückt aber seinen Ärger und hält ihm seinen Dienstausweis hin.
»Kriminalpolizei München.«
    Der Offizier reißt ihm die Karte aus der Hand und betrachtet
skeptisch Vorder- und Rückseite, als wäre das Dokument gefälscht.
    »What do you want?«, fragt er nochmals.
    »Ich habe ein paar Fragen an Madame Lucretia im Fall Nafziger.«
    Der CIC -Lackl will ihn abweisen.
»Kriminalisten beantworten wir grundsätzlich keine Fragen«, sagt er nun
plötzlich auf Deutsch, doch Gropper kontert: »Melden Sie mich Ihrem
Vorgesetzten.«
    Der Offizier zögert einen Moment, dann steckt er Groppers Ausweis in
seine Brusttasche und bedeutet ihm mit einer herrischen Handbewegung
mitzukommen.
    Wieder ertönt der Summton, wieder springt das automatische Eisentor
auf. Beim Durchgehen sieht Gropper sich kurz um: Da muss doch irgendwo eine
Kamera stecken. Sicher hocken in der Villa Kontrolleure, die auf einem
Bildschirm alles beobachten und das Knöpfchen drücken.
    Wieder salutieren die beiden Militärpolizisten zackig, und der Uniformierte
führt Gropper über einen Kiesweg, vorbei an violetten Fliederbüschen, üppigen
Goldregenstauden und Fenstern, vor denen schwere Eisengitter angebracht sind.
Sie gehen über alte Natursteinstufen hinauf zur Pforte der Villa. Auch das
Eichenportal öffnet sich automatisch. Im großen holzgetäfelten Vestibül mit
einer riesigen breiten Holztreppe hängt ein mächtiges gerahmtes Farbporträt von
General Eisenhower.
    »Wait«, verfügt der Offizier verächtlich und verschwindet mit
Groppers Dienstausweis hinter einer Eichentür. Gropper besieht sich das Schild,
das am dunklen Türrahmen angebracht ist: »Counter Intelligence Corps – CIC Detachment Mittenwald – Commanding Officer«.
    Wahrscheinlich prüfen sie jetzt, ob mein Ausweis wirklich echt ist,
vermutet Gropper. Vielleicht rufen sie im Münchner Polizeipräsidium an und
fragen, ob es diesen Kommissar Gropper tatsächlich gibt.
    Er wartet. Es gibt keine Sitzmöglichkeit in dieser pompösen
Empfangshalle. Er wartet fünf Minuten. Er wartet zehn Minuten. Da hört er auf
der wuchtigen Holztreppe Schritte. Stöckelschuhe. Klappernde, spitze Absätze.
Sofort denkt er an die Abdrücke auf der Teerpappe.
    Langsam schreitet eine wie für einen Varietéauftritt aufgeschäumte
Donna die Treppe herab, wie eine Herrin. Klack, klack, klack machen ihre
hochhackigen Schuhe. Um ihren Kopf wallt eine ausladend hochtoupierte
Löwenmähne mit zu stark blondierten Haaren, und ihren Körper umweht ein lila
Seidenkleid.
    Das also ist Lucretia.
    Obwohl sie auf der drittletzten Stufe in weitem Abstand zu ihm
stehen bleibt, kann er sehen, dass ihr Gesicht schon jetzt am Mittag grell
geschminkt ist. Knallig schwarz glänzen ihre Lippen. Wie Stacheln stehen ihre
künstlichen Wimpern ab. Der apricotfarbene Puder ist so dick auf ihrem Gesicht
aufgetragen, dass Gropper befürchtet, er könnte herabrieseln, wenn sie ihre
Miene verzieht. Fanny Jais unterstellt ihr, an dem Mord beteiligt zu sein.
Gropper findet, dass es durchaus den Anschein hat, als wäre sie der Typ, der
über Leichen geht. Aber da könnten sich beide auch täuschen. Wichtig wäre zu
wissen: Was für ein Motiv hätte sie gehabt, ihren Chef und Geliebten zu
beseitigen?
    »Sie wollen?« Ihre Stimme mit dem rumänischen Akzent raspelt rau,
brüchig. Wohl vom Alkohol und vom nächtlichen Dienst an der Bar oder sonst wo.
    Gropper stellt sich vor. »Es geht um den Tod von Anton Nafziger.
Dazu habe ich ein paar Fragen.«
    Verärgert wendet sie sich ab.
    »Moment«, stoppt sie Gropper.
    Sie hält inne.
    »Ich fordere Sie auf, am Montag um fünfzehn Uhr bei der Landpolizei
zur Vernehmung zu erscheinen.«
    Sie schüttelt ablehnend den Kopf.
    »Um fünfzehn Uhr«, bestimmt Gropper.
    Wieder

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