Nazigold
grauen Filzbezug auf die Tischplatte mit dem blauen Wachstuch und legt
seine Pranken daneben. »Und du Emigrant, was kannst du vorweisen?«, provoziert
er Gropper.
»Red nicht so daher, Xaver«, versucht Kreszenz, ihren Mann zu
beruhigen. »Beim Martl ist das was anders.«
»Gar nix ist«, sagt Feigl rau und stiert auf das Wachstuch.
»Was hat denn der Berger hier gemacht?«, fragt Gropper in die Stille
hinein.
»Hast wieder gequatscht?«, faucht Feigl seine Frau an.
»Gar nichts hab ich«, sagt die. »Aber es wird Zeit, dass du redest.«
Feigl schweigt verbissen. In ihm kocht es. Gropper kann sehen, wie
sein Körper vibriert.
Da platzt es aus Kreszenz heraus: »Euer Scheißnazigold! Im Auftrag
des Führers!«, schreit sie wütend. Ihr Ausbruch kommt so explosionsartig, dass
Gropper erschrickt.
»Halts Maul!«, bellt Feigl sie an.
Doch sie lässt sich den Mund nicht verbieten. »Euer verfluchtes
Nazigold hat mir meine Rosi genommn. Hat meine Rosi umbracht!«
Feigl blickt sie drohend an. »Die Goschn hältst jetzt, oder …«
»Was oder?«, belfert Kreszenz.
Feigl schweigt verbockt.
»Was ist mit dem Steinriegel?«, will Gropper wissen.
Erneut braust Feigl auf. »Hast wieder dein Sabber nicht halten
können«, schreit er Kreszenz an. Und Kreszenz schreit zurück: »Nun red schon,
du Hackstock, du!«
Gropper versucht, die Ruhe zu bewahren, und setzt nach: »Was ist mit
dem Steinriegel?«
»Geht dich einen Dreck an.« Mit einem Ruck stößt Feigl seinen Stuhl
nach hinten, dass er beinahe umkippt, wuchtet sich hoch, reißt seine Mütze und
seine Feldflasche an sich und stampft aus der Küche. Mit Wucht schlägt er die
Tür hinter sich zu.
»Weil ihr Mannsbilder zu feig seid, ’s Maul aufzumachn«, schreit
Kreszenz ihm nach. Dann ist es still im Raum.
»So war er doch früher nie«, sagt Gropper nach einer Weile.
»Mit ihm ist kein Redn mehr. Seit das Nazigold kam und seit meine
Rosi verschwundn ist, seitdem ist er wie verbockt. Früher hat er mich nie so
angeschrien. Früher war er ein lieber Kerl. Angfangen hat seine Veränderung
schon, als er aus dem Krieg zurückkam. Weiß Gott, was die da getrieben habn, er
und die ganze Jagerbande. Und seit er aus dem Lager zurück ist, sagt er gar
nichts mehr.«
»Ich geh mal raus und rede mit ihm«, entschließt sich Gropper. Kreszenz
nickt nur müde.
Vor dem Schuppen hackt Feigl Holz. Er achtet gar nicht auf
Gropper, als dieser sich ihm nähert, und hackt weiter. Die ganze Außenwand des
Schuppens ist bedeckt mit Scheiten.
Gropper setzt sich auf eine Reihe aufgeschichteter Scheite und
schaut ihm zu, wie er von einem großen Haufen die dicken Baumscheiben auf den
Hackklotz stellt, kurz prüft, ob sie nicht wackeln, und dann mit der rechten
Hand das Beil aus Kopfhöhe kräftig und zielsicher niedersausen lässt, indem er
es am Ende des Griffes locker hält, und mit einem Schlag die Scheibe krachend
halbiert, dass die beiden Teile auseinanderfliegen. Er schaut ihm zu, wie er
gelenkig die eine Hälfte aufhebt, sie wieder auf den Hackstock stellt und mit
zwei Fingern der linken Hand leicht festhält, während er mit dem Beil erneut
locker aus kurzer Höhe zuschlägt und die linke Hand erst wegzieht, kurz bevor
die Schneide das Holz krachend trifft. Wieder springen die gespaltenen Hölzer
nach beiden Seiten auseinander. Feigl hebt die andere Hälfte auf und wiederholt
das Ganze. So geht es Schlag auf Schlag, bis sich auf beiden Seiten des
Hackstockes große Haufen mit Scheiten gebildet haben. Das Holzspalten geht so
geschmeidig vor sich, dass Gropper den Eindruck hat, Feigls Bewegungen würden
zu einem einzigen fließenden Ablauf verschmelzen. Man sieht, dass Feigl immer
schon mit Holz zu tun hatte.
»Ich habe lange kein Beil mehr in der Hand gehabt«, sagt Gropper mit
Bewunderung in der Stimme.
»Wundert mich nicht«, erwidert Feigl knapp, ohne seine Arbeit zu
unterbrechen.
»Bei uns damals auf dem Hof durfte ich kein Beil in die Hand
nehmen.«
»Wär auch schiefgegangen«, stellt Feigl trocken fest, während er
weiter die Scheiben lässig, aber kraftvoll spaltet.
»Was ist das für ein Holz?«
»Buche.«
»Ist hart.«
»Bei mir nicht.«
»Erinnerst du dich noch daran, wie wir beide mit deinem Vater durch
Buchenwälder gegangen sind? Wir waren noch Kinder, und dein Vater war damals
Oberförster. Er hat uns jeden Baum erklärt und Geschichten über sie erzählt.
Wir waren so begeistert über den Wald, dass wir beide unbedingt auch Förster
werden
Weitere Kostenlose Bücher