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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kohl
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wollten. Du bist ja dann auch wirklich einer geworden.«
    »Ist lange her«, sinniert Feigl und hackt weiter Holz.
    »Du sorgst für den Winter vor.«
    »Ich verkauf’s.«
    »Wenn’s nicht gestohlen wird, wie damals deine Ster Holz im Wald.«
    »Mir hat keiner nachweisen können, dass ich’s war. Auch du nicht.«
    »Tut mir leid. Ich musste damals nachforschen, als Gendarm. Jetzt
bin ich wegen Rosi bei euch.«
    Da lässt Feigl das Beil sinken. Gequält sieht er Gropper an. Tränen
quellen aus seinen hellen wässrigen Augen.
    »Die Kreszenz hat mir so oft ins Lager geschriebn: ›Die Rosi ist
immer noch verschwundn. Die Rosi ist immer noch verschwundn.‹ Da hab ich schon
einen Verdacht ghabt.« Er schweigt einen Moment, doch dann fügt er hinzu: »Der
Barras hat uns hart gmacht. Im Krieg hab ich viele Tote gsehn. Die haben mir
nichts ausgmacht. Waren ja Feinde. Aber jetzt, wo’s das eigne Mädel trifft …
Ich konnt den Leichnwagn nicht sehn. Ich konnt’s nicht ertragn, dass da meine
Rosi drinliegt.«
    »Xaver, mein herzliches Beileid.« Gropper steht von dem Holzstapel
auf, geht auf ihn zu und streckt ihm die Hand hin. Feigl will ihm seine
reichen, da merkt er, dass er noch das Beil in den Fingern hat, lässt es fallen
und drückt Gropper die Hand. Sie ist schwielig und rau. Tränen laufen über sein
zerklüftetes Gesicht. Er zieht die Nase hoch.
    »Es ist schad um das Mädl. Bitterschad.« Seine Stimme klingt
brüchig. »Manchmal denk ich, vielleicht bin ich schuld an ihrm Tod. Seit sie
verschwunden ist, geht das in meinm Kopf herum.« Er zieht ein blau-weiß
kariertes Taschentuch mit großen dunklen Flecken aus seiner Hosentasche und
wischt sich damit die Tränen aus dem Gesicht. So ein blau-weiß kariertes
Taschentuch mit großen Schnupftabakflecken hatte der Erkennungsdienst im
Gebüsch neben Nafzigers Garage gefunden. Gropper muss daran denken, wie Buchner
bei seiner Ankunft Schnupftabak nahm, sich in ein blau-weiß kariertes
Taschentuch schnäuzte und spöttelte: »Tausende benutzen so einen Fetzen.«
    Feigl stößt ein tiefes Stöhnen aus, als wollte er seinen Körper von
einem quälenden Schmerz befreien. »Es hat alles kein Sinn mehr. Die Rosi ist
tot.«
    Jetzt taut er auf, denkt Gropper. Jetzt ist er weich geworden. Das
will er ausnutzen. »Was hat keinen Sinn mehr?«
    Feigl stöhnt erneut und stößt das Beil mit dem Fuß beiseite.
    »Xaver, wie war das mit dem Nazigold und mit dem Tod von Rosi? Sag’s
mir«, ermutigt Gropper ihn. »Das ist kein polizeiliches Verhör. Du kannst mir
die Wahrheit sagen.«
    »Ich hab noch nie glogn«, murmelt Feigl leise.
    »Dann erzähl.«
    »Alles hat mit dem Telefonanruf bei mir angfangn. Es war am 22. April ’45.
Am Abend. Nafziger rief aus seiner Kasern in Mittenwald an. Er sagte mir, dass
bei ihm im Hof fünf Lastwagn aus Berlin stehn, die morgen früh zu mir zum
Forsthaus kommn. Im Auftrag des Führers. Ich soll mich bereithaltn. Ich war
ganz erschrockn und sagte immer nur: ›Ich steh bereit. Ich steh bereit, Heil
Hitler!‹ Ich hatt keine Ahnung, was das für Lastwagn waren und was sie
heranschafften. Am nächstn Tag in der Herrgottsfrüh kamn die fünf Lkws von der
Wehrmacht an. Da warn die Amerikaner schon in Landsberg, in Schongau und im
Ammertal. Mit den Lastwagn kamn auch der Nafziger Anton, der Kilian Jörg und
der SS -Obersturmbannführer Berger aus Berlin. Der
Nafziger und der Berger befahln mir, die Ladung vorübergehend in mein beidn
Schuppn da zu deponiern. Mir blieb nichts anders übrig, als einzuwillign. Ich
fragte den Berger, was denn in den Kistn und Säckn drin ist. Der antwortete:
›Das geht dich nichts an. Das wird hier nur zwischengelagert.‹ – ›Das geht mich
schon was an‹, hab ich gsagt. ›Weil das meine Schuppn sind.‹ Da nahm mich der
Nafziger beiseit und erklärt mir, um was es ging. In den Säckn und Kistn war ein
Teil der Reichsbankreservn. Goldbarrn, Goldmünzn, Devisn aus ganz Europa, auch US -Dollars. Mir ist ganz schlecht wordn. Das ganze Zeug
ist unter der Aufsicht von SS -Obersturmbannführer
Berger von der Deutschen Reichsbank Berlin hierher zum Walchensee bracht wordn,
damit es nicht der Iwan schnappt, wenn er in Berlin einmarschiert. Mit dem
ganzen Vermögn wollte man den Krieg gegn die Russn weiterführn, zusammen mit
den Alliiertn, und das neue Vierte Reich finanziern.« Er macht eine Pause.
    Gropper sagt nichts.
    »Das Vierte Reich«, murmelt Feigl abfällig. »Wir haben noch nicht
mal das Dritte gschafft.«

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