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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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rede jetzt nur noch, wenn mein Anwalt dabei ist«, erklärte ich.
    »Das ist Ihr gutes Recht. Und Sie werden auch Gelegenheit haben, mit ihm zu sprechen. Aber erst mal kommen Sie mit.«
    Das klingt immer so gut, dachte ich. Mein Anwalt. Als ob man einen Anwalt hatte wie einen Hausarzt. Bei manchen Leuten war das sicher so. Bei mir nicht. 
    »Ich schlage vor, wir fahren mit meinem Wagen«, sagte die Kommissarin. »Und dann machen wir uns mal auf eine lange Nacht gefasst. Ich bin eine große Freundin von ausführlichen Vernehmungen. Gleich nach der Tat. Wenn noch alles frisch ist und man sich an alles erinnert. Seriöse Polizeiarbeit, verstehen Sie?«
    »Ich werde nichts sagen.«
    »Ach? Schade. Dabei könnten Sie die Sache schön abkürzen.«
    »Sie können mich nicht dazu zwingen. Kennen Sie nicht den alten Spruch? Sie haben das Recht zu schweigen.«
    »Kommen Sie erst mal mit. Dann sehen wir weiter. Also - rüber in meinen Wagen.«
    Ich musste einen total gebrochenen Eindruck auf sie machen. Sie stieg einfach aus und erwartete, dass ich ihr wie ein Schaf zu dem Zivilfahrzeug folgte, das neben dem Streifenwagen geparkt hatte.
    Ich stand auf dem Parkplatz und atmete die frische, sommerliche Nachtluft ein. Leider würde ich diesen Duft in null Komma nichts gegen stinkenden Büromief unter Neonlampen tauschen müssen.
    Doraus Schatten zeichnete sich vor dem Auto ab. Die Silhouette ähnelte Napoleon. Klein, dick. Runder Kopf.
    Und dann wurde mir klar, dass ich keine Lust auf Büromief hatte. Dass ich dieser Frau vollkommen ausgeliefert sein würde, wenn sie mich erst mal in ihren Fängen hatte. Dass derjenige, der mir diese Suppe eingebrockt hatte, sicher noch ganz andere Möglichkeiten genutzt hatte, um den Verdacht pfeilgerade auf mich zu lenken. Mir blieb nur eins.
    Ich drehte mich um und lief los.

5. Kapitel
    Kurz vor der Düssel hatte es eine Abzweigung gegeben. Wenn man dort anders abbog als ich und Krüger, kam man weiter ins Neandertal hinein - vielen Möglichkeiten entgegen, sich zu verstecken.
    Ich musste stehen bleiben, um in der Finsternis nicht unerwartet gegen einen Stamm zu laufen oder vom Weg abzukommen.
    Ich lauschte. Stimmen. Sie kamen mir sicher nach, aber so lange sie keine Spürhunde einsetzten … Sicherlich forderte die Kommissarin gerade welche an.
    Mit zitternder Hand holte ich mein Telefon heraus. Konnte ein Handy nicht geortet werden? Ich musste es ausschalten! Das kleine rechteckige Display strahlte noch einmal hell auf und sorgte für geisterhaftes Licht, dann verlöschte es. Ich sah mich um. Die hellen Lampen des mittlerweile beleuchteten Tatorts strahlten von weither durch den Wald.
    Irgendwo platschte es. Die Stimmen wurden lauter. Ich wusste, was das hieß: Die Beamten wateten durch die flache Düssel und kamen mir jetzt nicht nur hinterher, sondern schnitten mir auch noch den Weg ab.
    Ich rannte weiter - die Augen aufgerissen, die Arme nach vorn gestreckt als Schutz vor unerwarteten Hindernissen.
    Endlich erreichte ich die Abzweigung. Der Wald trat hinter der Brücke zurück und machte einer großen Weide Platz, die als graue Fläche zu erkennen war. Darüber erstreckte sich der sternenübersäte Himmel. Sollte ich über die Weide auf die andere Seite des Tals flüchten oder lieber dem Waldrand folgen? Am Wald war ich besser verborgen.
    Es ging eine Ewigkeit an der Wiese entlang. Was machte ich, wenn mir ein Suchtrupp entgegenkam? Ich konnte dann nur noch über die offene Fläche rennen. Oder auf der anderen Seite den bewaldeten Hang erklettern.
    Keuchend und von Seitenstechen geplagt, erreichte ich eine Stelle, wo der Weg wieder in das Dunkel der Bäume eintauchte. Ich gönnte mir ein paar Sekunden Pause. Als sich das Hämmern in meinem Kopf und das Keuchen etwas gelegt hatten, lauschte ich wieder. Keine Stimmen mehr. Eine sanfte Brise kam aus dem Tal und trocknete meinen Schweiß. Sie brachte den Duft nach Gras mit.
    Weiter!
    Ich folgte dem Weg, stolperte fast, als er plötzlich über ein hölzernes Brückchen führte und bergauf ging. Fieberhaft versuchte ich zu rekonstruieren, wo ich landen würde. Vielleicht wartete am Ende dieses Marathons ja die Dorau auf mich - grinsend und mich mit einer Dienstpistole in Schach haltend. Oder mit meiner eigenen Beretta.
    Steil, steiler, immer steiler. Wurzeln auf dem Weg. Gestolper. Langsam!, mahnte ich mich. Es hat keinen Sinn, wenn du dir hier ein Bein brichst!
    Endlich erreichte ich die Höhe. Wieder eine Weide. Diesmal mit einem Zaun vom

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