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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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konnte sich Jutta vorstellen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit schimpfte sie über den Fiskus und die überzogenen Abgaben, die ständig von ihrem Vermögen verschwanden - während es auf der anderen Seite natürlich immer noch wuchs. Nur nicht schnell genug. Ihrer Meinung nach.
    »Gib mir bitte mal dein Handy«, sagte ich. »Ich will meins nicht so gerne einschalten.«
    Jutta reichte mir schweigend das Telefon.
    Vom Impressum der Website las ich die Telefonnummer der Zeitung ab, für die Roland Zech schrieb. Ich tippte sie ins Display. Als sich die Vermittlung meldete, fragte ich mich in die Redaktion durch.
    » Kaltenbroich, Lokalredaktion.«
    »Ja, guten Tag, Meyer hier. Eine Frage. Kann ich bei Ihnen Herrn Zech erreichen?«
    »Zech? Kenne ich nicht.«
    Ich erklärte, dass Herr Zech 1999 für die Zeitung geschrieben hatte.
    »Vor fast zehn Jahren!«, rief Kaltenbroich. »Da war ich noch gar nicht hier.«
    »Das heißt, Herr Zech arbeitet nicht mehr bei Ihnen?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Das ist aber schade. Ich habe eine wichtige Frage wegen eines Artikels, den er geschrieben hat.«
    »Warten Sie bitte einen Moment, ich frag mal einen älteren Kollegen.«
    Warteschleife. Elektronisches Gedudel. Eine ganze Weile.
    »Sind Sie noch dran? Ich gebe Sie an die Personalabteilung. Die können Ihnen vielleicht was sagen.«
    Ich bedankte mich und nutzte die Zeit, um Roland Zech zu googeln. Über 70.000 Einträge. Juristen, Ärzte, ein Briefmarkenhandel. Es meldete sich immer noch keiner, und ich versuchte es mit dem elektronischen Telefonbuch. Immerhin nur zweiundzwanzig Funde. Verteilt über ganz Deutschland. Bei einigen war kein Ort angegeben.
    »Meyer. Personalabteilung.« Diesmal eine Frau.
    Ich tat erfreut. »Oh, hier auch Meyer. Na ja, das kommt ja öfter vor.«
    »Allerdings.« Die Stimme blieb distanziert.
    »Auch mit e und y?«
    Sie schwieg. Ich trug meine Bitte vor.
    »Herr Zech ist seit Jahren nicht mehr bei uns beschäftigt.«
    »Können Sie mir sagen, wo er wohnt?«
    »Warum wollen Sie das denn wissen? Eigentlich dürfen wir darüber keine Auskunft geben.«
    »Ich habe einen Artikel von ihm gelesen, zu dem ich noch ein paar Fragen hätte. Könnten Sie mir nicht wenigstens sagen, wo er wohnte, als er noch bei Ihnen gearbeitet hat?«
    »Tut mir leid, das ist unmöglich.« Beim letzten Wort trennte sie zickig die Silben.
    »Also gut.« Ich tat, als würde ich aufgeben. »Würden Sie mich bitte noch mal an die Redaktion zurückstellen?«
    Zehn Sekunden später hatte ich wieder den jungen Kollegen am Draht. »Danke noch mal für Ihre Hilfe«, sagte ich leutselig. »Ich hätte noch eine Frage. Können Sie mir sagen, wo Herr Zech zuletzt gewohnt hat?«
    »Hm - warum wollen Sie das denn wissen?«
    »Ich weiß, Sie dürfen mir das nicht sagen. Aber ich muss mich bei Herrn Zech unbedingt melden. Es ist sehr wichtig.«
    »Warum?«
    Als ich mit Frau Meyer telefonierte, war mir eine Idee gekommen. Vielleicht biss der Journalist an.
    »In dem Artikel von damals ging es um einen Wuppertaler Notar, der nach einer Testamentseröffnung jemanden mit Namen Klaus Meyer suchte. Meyer mit e und y. Er hat ihn aber nicht gefunden, weil es in Deutschland so viele Leute mit dem Namen gibt. Abgesehen von denen, die das Land verlassen haben. Nun sollten sich damals alle Klaus Meyers bei der Zeitung melden. Soviel ich weiß, ist aber der Richtige nie gefunden worden. Und es geht um ein Riesenerbe.«
    Meine Güte, was einem ein paar angenehme Luftbewegungen eines Ventilators bei dieser Hitze so an Ideen eingeben konnten!
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie der richtige Meyer sein könnten?« 
    »Warum nicht? Jedenfalls heiße ich so, und es würde mich einfach mal interessieren, was aus der Sache geworden ist.«
    »Klingt spannend. Und jetzt wollen Sie zu Herrn Zech gehen und mit ihm darüber sprechen?«
    »Ich dachte, das wäre der richtige Weg.«
    »Hören Sie, Herr Zech ist entweder im Ruhestand oder er arbeitet für eine andere Zeitung. Sie sollten lieber zu uns kommen. Wir unterhalten uns, und dann machen wir vielleicht eine schöne Story daraus.«
    Sommerloch, dachte ich. Der junge Journalist war nicht auf den Kopf gefallen.
    »Wunderbar!« Ich bemühte mich, so erfreut wie möglich zu klingen. »Wann kann ich kommen?«
    Voller Begeisterung machte Herr Kaltenbroich mit mir einen Termin für morgen aus. »In der Zwischenzeit kümmere ich mich um alles«, sagte er. »Ich hole mal das Material aus dem Archiv. Das wird

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