Neandermord
ich.
»Wo?«
»In Las Vegas.«
»Klar.«
Ich hatte es nicht anders erwartet.
»Schon dreimal. Beim ersten Mal habe ich achthundert Dollar gewonnen. Beim zweiten Mal neunhundert verloren.«
»Und beim dritten Mal?«
»Habe ich gar nicht gespielt. Dafür habe ich Jeff aus Oklahoma kennengelernt, der gerade zweitausend Dollar gewonnen hatte. Er wollte mich vom Fleck weg heiraten. Als ich ablehnte, hat er mich auf seine Farm eingeladen.«
War das nun unterm Strich ein guter oder ein schlechter Deal? Egal. Wir waren nicht hier, um über Reiseabenteuer zu quatschen.
»Ich hol mir was zu trinken«, sagte Jutta, stand auf und entschwand in Richtung Tresen.
»Bring mir was mit«, rief ich ihr nach. Dann lehnte ich mich wieder zurück, um meine heiß gelaufenen Gehirnzellen unter dem Propeller zu kühlen. Der Ventilator fächelte. Ich legte mir die Wörter zurecht und tippte sie in das Suchfenster.
»Nevada«. »Wuppertal«. »Ermittlungen«. »Korruption«.
Ich las Werbung über Sicherheitsdienste in Wuppertal und Umgebung. Es gab Links zu Meldungen über VW und Siemens. Ein Stück weiter tauchten auch noch Texte zum Wuppertaler Spendenskandal auf. Lang, lang war’s her. Ich las das Datum 2002.
Sicher ganz interessant. Aber es war definitiv nicht das, wonach ich suchte. Das fand ich noch weiter unten.
Jutta kam zurück und drückte mir eine Plastikflasche Cola in die Hand.
»Wow«, sagte sie, nachdem sie auf den Bildschirm geblickt hatte. »Da steht tatsächlich was.«
»Sieht so aus. Aber entweder hat sich Manni geirrt, oder es ist doch die falsche Spur.«
»Wieso?«
Ich deutete auf den Bildschirm. »Hier geht’s um einen Spielclub, der Nevada-King heißt. Nicht Nevada. Aber wahrscheinlich hat er sich nur nicht richtig erinnert. Gehen wir mal davon aus, dass er ihn meinte.«
Was ich herausfand, war immerhin ein Ansatz. Und die Informationen zeigten, dass Manni mit seiner Einschätzung, welches Spielcasino auf dem Foto zu sehen war, wahrscheinlich richtig gelegen hatte.
1999 hatte es in Wuppertal Ermittlungen gegen mehrere Mitarbeiter der Polizei wegen Bestechung gegeben. Die Kripoleute hatten sich in die Machtkämpfe der Spielcasino-Betreiber hineinziehen lassen. Ich fand eine Seite, auf der alte Zeitungsmeldungen zitiert wurden. Die Website gehörte zum BKA. Sie behandelte das illegale Geben und Nehmen zwischen Polizei und Spielkönigen generell.
Es lief nach einem simplen Schema ab: Ein Glücksspielchef bezahlte die Beamten, damit sie wegen seiner verbotenen Spielchen ein Auge zudrückten. Parallel dazu schickte er eigene Leute inkognito zu solchen Spielchen bei der Konkurrenz. Sie tauchten dann am nächsten Tag bei den geschmierten Polizisten als Zeugen auf und baten, gegen den Betrieb vorzugehen. Was die Polizisten dann als gute Wächter von Recht und Ordnung wohl oder übel tun mussten. Sie sorgten dafür, dass der Laden geschlossen wurde, und der Glücksspielchef sah sich einem Konkurrenten weniger gegenüber. Ganz ohne körperliche Gewalt oder andere unappetitliche Dinge.
Und mitten im Visier der Ermittler stand ein Spielclub namens Nevada-King.
Glücksspiel, dachte ich.
Dieses Wort war mir kürzlich schon mal begegnet. Aber wo?
Als ich gestern in Hochdahl auf dem Parkplatz auf Krüger wartete, hatte ich direkt neben einem Casino gestanden. Zufall. Und die Telefonzelle hier gegenüber an der Einmündung Paradestraße befand sich gleich neben einem ähnlichen Etablissement, das sogar Las Vegas hieß. Noch ein Zufall.
Ob sich schon mal jemand die Mühe gemacht hatte, all diese Groschengräber zu zählen, die sich allein an der Straße von Elberfeld nach Barmen drängten?
Glücksspiel, Glücksspiel, Glücksspiel…
Das hatte ich doch gelesen. Heute! Aber wo? Ich kam nicht drauf.
Mir fiel auf, dass ein Journalist mit Namen Roland Zech als Autor einiger Artikel angegeben war. Die Namen der Polizisten, die in die Sache verwickelt gewesen waren, wurden nicht genannt.
Ich nahm einen Schluck von meiner Cola, die ich vor lauter Arbeitseifer noch nicht angerührt hatte. Sie war schon ein bisschen warm geworden.
»Glücksspiel«, sagte Jutta. »Das gibt’s doch überall.«
»Klar. Aber es geht um illegales Glücksspiel.«
»Worin besteht der Unterschied?«
»Ich bin kein Jurist, aber der Unterschied besteht vor allem darin, dass der Staat beim illegalen Glücksspiel nicht die Hand aufhalten kann. Dass es ohne seine Aufsicht geschieht.«
»Eine Steuerfrage? Ich verstehe.«
Das
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