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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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im Licht der Maschine noch einen kiesbestreuten Vorplatz, ein niedriges Fachwerkhaus mit Bank neben der Haustür und einen alles überspannenden Baum erkennen.
    Ein wahres Hexenhäuschen, wie einer Geschichte der Brüder Grimm entsprungen.
    Wir waren da.

17. Kapitel
    Das riesige Gehirn des Mannes pulsierte wie ein freigelegtes pochendes Herz. Ein grüner Lichtschein ging von dem Wasserkopf aus, als der Unheimliche auf mich zukam. Bei jeder Zuckung der zerfurchten Masse legte er einen schwerfälligen Schritt zurück. Jedes Mal knarrte es laut, als er auftrat, dabei hätte der Boden eigentlich weich sein müssen, denn wir waren im Wald. Die Dämmerung war hereingebrochen, und die Düssel floss plätschernd vorbei. Trotzdem wurde das Knarren lauter und lauter. Ich wollte mich umdrehen, aber ich musste wie gebannt auf Nevada-King schauen, der mit seinem Rollstuhl allein und verlassen im Wald stand.
    »Warum?«, rief er immer wieder. »Warum?«
    Er griff neben sich, hatte jetzt Geld in der Hand. Nicht nur die drei Scheine, die er mir für Manni gegeben hatte, sondern ganze Bündel. Und er warf das Geld von sich, als sei es ein Haufen Müll.
    Die Schritte kamen immer näher.
    Jeden Moment würde mich der Unheimliche erwischen.
    Da begann das Gehirn zu schrumpfen wie ein Ballon, der rasant Luft verliert. Es wurde zu einer grauen Kugel, während schlagartig die Sonne erschien. Jetzt war die Kugel eine schmutzige Lampe, die über mir an der Decke hing.
    »Oh, habe ich dich geweckt?«, fragte Jutta. »Tut mir leid.«
    Ich griff nach der Bettdecke ohne Federbett, die halb von meinem Schlaflager gerutscht war. Wo war ich? Ach, richtig: Ich hatte auf einer nackten Matratze genächtigt. In einem alten Bauernhaus irgendwo zwischen Bergisch Gladbach und Altenberg. Ich blinzelte. Die Sonne schien.
    »Nein, ich war schon wach«, stöhnte ich. Jutta ging zu der Matratze hinüber, auf der sie geschlafen hatte. Jeder Schritt knarrte, als würde gleich das Haus einstürzen.
    Sie trug nichts als einen rosa Slip und ein sehr kurzes T-Shirt. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich jeden ausgelacht, der mir weismachen wollte, dass Jutta fünfundfünfzig Jahre alt war. Sie schlüpfte in ihre Hose, und der Ausblick auf die glatten, gebräunten Beine war dahin.
    »Schönen guten Morgen. Ich besorg uns mal was zum Frühstück.«
    Ich nickte und bemühte mich, wach zu werden.
    Sie ging die ebenfalls knarrende Treppe hinunter, dann fiel die Tür ins Schloss. Ich erhob mich und betrachtete durch die kleine Fensterscheibe den von der Sonne beschienenen Vorplatz. Ein Nussbaum, darunter weißer Sand, und gleich angrenzend ein Rasenstück, das sich in der Ferne verlor.
    Jutta tauchte unter den Blättern des Baumes auf. Sie löste die Kette, mit der die Zufahrt versperrt war, startete den Motor und fuhr los.
    Ich öffnete das Fenster. Ein Duft nach Blüten, Heu und altem Holz wehte herein. Dazu Vogelgezwitscher. Es schien noch nicht sehr heiß zu sein. Meine Armbanduhr zeigte kurz nach acht.
    Im Untergeschoss standen auf dem kleinen Tisch in der Küche noch die beiden Gläser, die leere Weinflasche und das schmutzige Geschirr von gestern Abend. Wir hatten in der Vorratskammer des Hauses Ravioli in der Dose und eine Flasche Rotwein entdeckt. Daraus war dann ein italienischer Abend geworden, bei dem Jutta natürlich wieder ihre spezielle Sicht des Falles zum Besten gegeben hatte. Wir hatten lange vor dem Haus auf der Bank gesessen.
    »Lebte dieser Müller alias Nevada-King eigentlich allein in dem Haus?«, hatte sie gefragt. »Als Behinderter? Er wird sich doch sicher Hilfe geholt haben.«
    »Ich habe sonst niemanden gesehen«, sagte ich. »Warum ist das wichtig?«
    »Kann es nicht sein, dass die offene Terrassentür nur eine Finte war? Eine Irreführung? Vielleicht war der Mörder jemand, der ohnehin im Haus ein- und ausging?«
    »Und der wartet, bis ich auftauche, um Müller zu ermorden?«
    »Du warst eben gerade der perfekte Sündenbock. Man müsste mehr über diesen Müller wissen. Wen er kannte. Wie er wirklich gelebt hat.«
    »Wie soll ich das denn rauskriegen?«, sagte ich und schaufelte die Ravioli in mich hinein. Ich hatte wirklich Hunger. »Diese Aufgabe überfordert mich schon bei Krüger. Und jetzt noch dieser Spielcasino- König ?«
    Wir saßen noch eine Weile da, und fiel mir ein, was ich Jutta noch hatte fragen wollen.
    »Hast du etwas wegen dem Zettel rausgekriegt? Ich meine, diese Notizen, die ich bei Krüger gefunden habe?«
    Sie

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