Neandermord
schüttelte den Kopf. »Nichts Besonderes. Es sind Ortsnamen.«
Ich versuchte, mich zu erinnern. »Wie hießen die noch mal?«
»Scheifenheide und Weilenhaus. Sie gehören zu Haan. Sie liegen also praktisch vor den Toren Wuppertals.«
»Hast du einen Plan dabei?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Hab ich vergessen.«
»Du weißt aber, wo das ist?«
»Ich denke schon. Aber glaubst du, das bringt uns weiter? Vielleicht hat Krüger die Orte einfach so notiert.«
»Und warum hätte er das tun sollen?«
»Keine Ahnung.«
»Siehst du. Es wäre doch mal eine schöne Aufgabe, das rauszukriegen.«
»Vielleicht kennt er da jemanden. Oder wollte sich dort ein Haus kaufen.«
Wir hatten noch eine Weile Gedanken gesponnen und Ideen gesammelt, warum sich in der Wohnung eines Kriminalhauptkommissars ein solcher Zettel befinden könnte.
»Vielleicht ist es eine Schatzkarte«, hatte Jutta fantasiert.
Ich erinnerte daran, dass es sich nur um Wörter handelte. Keine Zeichnung.
»Ist doch egal. Du weißt schon, was ich meine. Jedenfalls könnte dort doch etwas versteckt sein. Geld. Taler. Genau: Neandertaler. Soweit ich mich erinnere, fließt da gar nicht weit entfernt die Düssel vorbei.«
»Eine ganz neue Version des Begriffs Neandertaler«, stimmte ich zu. »Aber eine gewagte Theorie.«
»Wieso? Letztlich suchen wir doch auch nach Geld. Geld, das Krüger bekommen hat.«
»Das ist aber eine Weile her«, wandte ich ein. »Er hat es sicher mittlerweile ausgegeben.«
Uns fiel nichts Sinnvolles, auch nichts Sinnloses mehr ein, und schließlich zogen wir uns auf den Dachboden zurück, der einmal ein Schlafzimmer werden sollte.
*
Jetzt, am nächsten Morgen, stand ich in der Küche und dachte nach, ob mir nicht doch noch eine Variante als Erklärung einfiele. Doch dem war nicht so.
Ich stand immer noch da, als draußen Geknatter ertönte und Jutta kurz darauf mit der Schulter die Tür aufschob - in der einen Hand eine Plastiktüte mit Einkäufen, in der anderen eine Zeitung.
»Ich dachte eigentlich, du hättest schon Kaffee gekocht«, sagte sie. »Oder wenigstens den Kram von gestern weggeräumt.«
Ich erwachte aus meinen Gedanken, »’tschuldige.«
Jutta grinste. »Jetzt tu nicht so, als wärst du sonst so ordentlich.«
Ich hörte gar nicht zu, sondern schlug die Zeitung auf.
»Es steht auf der Titelseite«, sagte Jutta.
»Scheiße«, sagte ich.
»Das kann man wohl sagen.«
Nevada-King war tot. Bevor er starb, konnte er noch den Namen des Mannes nennen, der ihn seiner Meinung nach erschossen hatte. Und der jetzt als Verdächtiger gesucht wurde.
Ein gewisser Privatdetektiv aus Wuppertal.
18. Kapitel
Kurz darauf waren wir wieder unterwegs. Jutta fuhr über Altenberg und Burscheid auf die Al. Am Kreuz Leverkusen schlängelte sie sich am Stau vorbei und arbeitete sich bis zur Abfahrt Solingen vor. Danach kam wieder Landstraße, und ich verlor den roten Faden. Irgendwann sah ich die Autobahn, dicht mit Fahrzeugen bepackt, kurz unter einer Brücke, und dann kreuzten wir die Kaiserstraße in Sonnborn, bevor Jutta scharf rechts abbog und das Motorrad auf eine Höhe lenkte.
Eine Aussicht über das Bergische Land empfing uns, wie sie typischer nicht sein konnte. Der Blick ging über Wiesen und Felder, streifte in der Ferne Waldstücke, dazwischen ein paar Wohnsiedlungen. Manche Häuser wirkten brandneu und leuchteten weiß in der Sonne.
Jutta blieb am Straßenrand stehen und stellte den Motor ab.
»Absteigen«, sagte sie.
»Was ist los?«
»Wir sind da. Das hier ist die Vohwinkeler Straße. Die kleinen Weiler, die Herr Krüger notiert hat, liegen irgendwo dahinten.« Sie deutete auf ein Waldstück, neben dem Häuser zu erkennen waren. »Und hier links geht’s nach Gruiten. Kennst du das?«
Ich überlegte. Ja, das sagte mir was. Ein kleines Dörfchen an der Düssel. Sehr romantisch. Lauter kleine Fachwerkhäuser. Praktisch jedes Gebäude stand unter Denkmalschutz. Die Kirche mittendrin wurde gerne für Hochzeiten genutzt. Man erlebte dort bergische Romantik pur. Vorausgesetzt, man entfernte sich nicht mehr als fünfhundert Meter von dem Ort. Dann erwarteten einen Schnellstraßen, Kalkgruben, Industrie und Hochspannungsleitungen.
Jutta nahm den Helm ab und schüttelte ihre Haare aus. Schweißtropfen glänzten auf ihrer Stirn. Ich war auch froh, den Brocken ausziehen zu dürfen und den Nierengurt zu lösen. Das Jackett klebte an mir.
Auf der Landstraße neben uns näherte sich donnernd ein
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