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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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schnell. Aber immerhin.«
    »In welche Richtung?«
    »In unsere.«
    Wieder rannten wir. So schnell wir konnten, bestiegen wir die Maschine. Jutta ließ sie ordentlich aufknattern. Nach den ersten zehn Metern ging es auf die Straße, die noch immer einsam in der Hitze schmorte. Die Bullen und uns trennte wohl immer noch die langgezogene Kurve, die am Wald entlangging.
    Jutta beschleunigte. Der Wald trat zurück und gab den Blick auf die Höhen des Bergischen Landes frei. Die Straße führte eine Kuppe hinauf. Ich machte mich schon darauf gefasst, dass es wieder bergabging, doch dann stieg Jutta in die Eisen, dass die Harley gehörig ins Schlingern kam.
    Noch ein silbergrüner Wagen! Quer auf der Straße!
    Das drehende Blaulicht stach mir ins Auge.
    Jutta nutzte den Schwung, um die Maschine zu wenden. Doch in dem Moment, als sie wieder Gas geben wollte, zeichnete sich ein Schatten vor dem gleißenden Himmel ab. Die Bullen von der Baustelle kamen uns entgegen.
    »Halt dich fest!«, schrie Jutta und gab Gas.
    Unter mir raste das Motorrad los, als säßen wir auf einer Rakete. Wir schossen auf das Grasland neben der Straße zu. Ein Grüppchen von Polizisten sah uns staunend dabei zu, wie wir einen weiten Halbkreis um die Sperre zogen.
    Mit Karacho näherte sich die Stelle, wo Jutta wieder auf die Straße wollte. Sie lag etwas erhöht und war von der Weide, auf der wir den langen Kreis gezogen hatten, durch einen Graben getrennt.
    Jutta schrie irgendetwas, und ich schloss die Augen.
    Einen Moment, der mir unendlich lang vorkam, spürte ich, wie wir durch die Luft schwebten. Mein Magen sackte irgendwohin.
    Als die Maschine auf den Asphalt aufsetzte, konnte ich durch das Geknatter hindurch hören, wie die Stoßdämpfer ächzten. Jutta gewann schnell Fahrt, schaltete und raste ungebremst durch die Sommerhitze.
    Wir schossen über freies Land, dann durch Ortschaften. Mettmann. Die Innenstadt. Manchmal bremste Jutta ein wenig, doch dann gab sie wieder Gas, und mir dämmerte, dass sie keine Rücksicht auf rote Ampeln nahm. Hin und wieder Gehupe und am Straßenrand so etwas wie Geschrei.
    Jetzt ging es einen Berg hinauf. Ich erahnte im Vorbeirasen einen Ortsnamen auf gelbem Hinweisschild. Wülfrath …
    Irgendwann verzichtete ich darauf, mich umzusehen.
    Augen zu und festhalten.
    Immerhin war nur Geknatter zu hören. Keine Polizeisirene.
    Dann hielt Jutta plötzlich an und stellte den Motor ab.
    *
    Ich zitterte am ganzen Körper, als hätte er die Vibrationen des schweren Harley-Motors in sich gespeichert. Mein Gesicht war schmierig von Schweiß. Der Helm glitt nur so von mir.
    Wo waren wir? Eine Nebenstraße. Wohnhäuser.
    »Ich glaube, wir haben sie abgehängt«, sagte Jutta.
    Mühevoll stieg ich von der Maschine und ging ein paar Schritte. Meine Beine schmerzten. Ich lief wie auf Eiern.
    Die Straße führte um eine Kurve. Hinter Bäumen war ein Gebäude aus grauem Naturstein zu sehen. Das Gelände sah wie ein Park aus.
    »Das ist die Neanderkirche«, sagte Jutta.
    »Soll das heißen, wir sind hier immer noch in der Nähe des Neandertals?«
    »Allerdings.« Jutta deutete auf die Straße, die sich ein Stück weiter hinter dem angrenzenden Friedhof in einen Fußweg verwandelte. »Da geht’s zum Museum. Nur ein Stück durch den Wald den Berg runter.«
    Niemand war zwischen den Gräbern zu sehen. Eine Bank stand in einiger Entfernung und lud zum Verweilen ein.
    »Da hast du uns aber nicht gerade genial in Sicherheit gebracht.«
    »Wie man’s nimmt. Die werden sicher eher davon ausgehen, dass wir nach Hause gefahren sind. Oder zumindest Richtung Wuppertal. Oder zu jemandem, den wir kennen. Zu Manni zum Beispiel.«
    »Und du meinst, die halten hier in den Nebenstraßen nicht auch die Augen auf?«
    »Wenn sie genug Augen haben.«
    »Was soll das denn schon wieder heißen?«
    »Das soll heißen, dass wir hier natürlich nicht bleiben.«
    Vielleicht hatte Jutta recht. Ausruhen. Durchatmen. Über alles nachdenken. Am liebsten auch ein bisschen schlafen. Und ehrlich gesagt, auch mal wieder was essen. Das waren meine Wünsche.
    »Wo willst du hin?«, fragte Jutta. »Auf dem Friedhof können wir uns nicht verstecken. Da spürt uns sofort jede misstrauische Oma auf, die Blumen auf einem Grab gießt.«
    Etwas weiter entfernt zeichnete sich eine Baracke ab, die mit dunklem Holz verkleidet war. Ich probierte eine der beiden Türen, und meine Ahnung bestätigte sich. Es war eine Toilette für Friedhofsbesucher.
    »Eine gute Idee«, sagte

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