Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
Jutta. »Aber das habe ich nicht gemeint, als ich von einem Versteck sprach.«
    »Du erlaubst vielleicht trotzdem, dass ich mal eben verschwinde?«
    »Hat dir die kleine Verfolgungsjagd einen solchen Schrecken eingejagt?«
    Ich enterte die Keramikabteilung, erledigte, was zu erledigen war, und ließ mir dann am Waschbecken lange kaltes Wasser über die Hände laufen. Schön kühl war es hier drin. Warum konnte man nicht einfach hierbleiben?
    Ich benetzte die Schläfen und wischte mir ein bisschen Feuchtigkeit durch die Haare. Ich zog das Ganze so lang hinaus, wie es ging. Ich wollte nicht mehr in die Hitze. Ich wollte mit dem ganzen Mist nichts mehr zu tun haben.
    Schließlich musste es ja doch sein, und ich ging nach draußen.
    Der Friedhof brütete in der Hitze. Trotz des Schattens, den die hohen Bäume spendeten.
    Niemand war zu sehen. Auch Jutta nicht.
    Ich ging ein paar Schritte in Richtung Tor. Keine Jutta. Überhaupt niemand. Die Fenster der Häuser auf der anderen Straßenseite starrten mich an.
    Als wäre ich nie in dem Toilettenhäuschen gewesen, brach mir der Schweiß aus. Ich suchte ein Stück des Weges zwischen den Gräbern ab. Sollte ich einfach rufen?
    Ich schlug einen Bogen und erreichte wieder die Baracke. Mein Herz raste, und in meinen Ohren hörte ich das Blut pulsieren.
    Ich schrak zusammen, als sich neben mir eine Tür öffnete.
    Jutta.
    »Wie siehst du denn aus?«, fragte sie heiter und offensichtlich sehr erfrischt. »Hast du ein Gespenst gesehen? Ich dachte, hier spukt’s nur nachts.«
    Ich sagte nichts und atmete nur tief durch.
    Jutta schüttelte den Kopf. »Na, ich werde ja wohl auch noch mal aufs Klo gehen dürfen, oder?«

22. Kapitel
    Wir folgten zu Fuß dem Weg hinunter ins Tal. Ein Stück von der Kirche entfernt ging es immer steiler bergab, vorbei an einem breitmaschigen Drahtzaun.
    Auf der anderen Seite lag ein verwildertes Grundstück, auf dem jemand allerlei Schrott angesammelt hatte. Als ich genauer hinsah, erkannte ich alte Autos - Limousinen wie aus alten amerikanischen Filmen. Oder zumindest die Reste davon. Verbeulte Karosserien, blinde Scheinwerferhöhlen, abgeplatzter Lack, durch den sich der Rost gefressen hatte. Und alles von einer Patina aus Dreck überzogen. Über manche Autodächer wuchs Efeu, als würde sich der Wald einen uralten Platz zurückholen.
    Ich trat näher an den Zaun heran - und prallte zurück, als zwei Hunde angerannt kamen und auf mich einbellten. Mir blieb fast das Herz stehen.
    »Komm weiter«, sagte Jutta.
    »Hast du eine Ahnung, wem das Grundstück gehört?«
    »Natürlich nicht. Das ist jetzt auch nicht wichtig.«
    Ein Stück weiter bergab kam Asphalt in Sicht. Die Ausläufer des Museumsgeländes. Zwischen den Bäumen waren Bewegungen zu erkennen. Da fuhren Autos herum und Menschen waren unterwegs.
    »Ich bin ja immer noch nicht davon überzeugt, dass das eine gute Idee ist«, sagte ich.
    »In Menschenmengen ist man am besten vor Verfolgern geschützt.« Es klang, als hätte Jutta das in einem Lehrbuch für flüchtige Verbrecher gelesen und brav auswendig gelernt.
    »Wenn da jetzt ein Streifenpolizist herumsteht und uns erkennt, haben sie uns. Es wäre besser gewesen, wir wären oben auf dem Friedhof geblieben.«
    »Wo du aber sofort auffällst, wenn nur mal einer aus dem Fenster sieht.«
    Der Pfad führte hinunter an den Zentralparkplatz, wo ich damals -vor einem Tag? Vor zwei Tagen? - geparkt hatte, um Krüger zu treffen. Und wo ich vor der Dorau ausgerissen war.
    Jetzt sah alles völlig verändert aus: Der Parkplatz war voll besetzt, zwischen den Autos Familien mit und ohne Kinderwagen. Der Nachwuchs sprang ausgelassen zwischen den ein- und ausparkenden Wagen herum, in denen verzweifelte Familienväter versuchten, entweder dem Gedränge zu entgehen oder einen Parkplatz zu finden - eingeschlossen in die Hitzehölle einer rollenden Blechschachtel und überrascht von der Erkenntnis, dass auch andere auf die Idee gekommen waren, den überfüllten Schwimmbädern durch einen Besuch im Neanderthal Museum zu entkommen.         
    Und da stand immer noch mein Golf. Wie bestellt und nicht abgeholt. Ich klopfte auf meine Jeanstasche. Der Schlüsselbund klimperte. Ich hätte sofort einsteigen und losfahren können.
    Ich folgte Jutta an die Durchgangsstraße, die den ganzen Bereich teilte. Auf der anderen Seite erblickte ich, hungrig wie ich war, ein Restaurant mit Außenterrasse. Dahinter schien ein UFO gelandet zu sein. Ein fensterloses rundes

Weitere Kostenlose Bücher