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Neandermord

Neandermord

Titel: Neandermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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kam.
    »So viel dazu, dass man sich in der Masse gut verstecken kann«, zischte ich, als wir uns durch die Cafeteria den Weg zurück zu dem spiralförmigen Gang bahnten, vorbei an den Schautafeln mit vorzeitlichen und modernen Menschen, an den Vitrinen mit Knochen und Knöchelchen. »Jetzt haben uns wenigstens alle gesehen.«
    »Ich wollte den Klingelton ja ändern. Tut mir leid.«
    »Ich glaube, wir sollten machen, dass wir hier rauskommen. Wer hat denn da überhaupt angerufen?«
    »Weiß ich nicht. Ist ja auch egal.«
    »Das will ich aber jetzt wissen«, sagte ich eine Spur zu laut. Jutta schüttelte den Kopf, holte das Handy wieder heraus.
    »Es ist sinnlos. Hier drin gibt’s keinen Empfang. Und auf die Terrasse gehen wir besser nicht zurück.«
    Wir eilten die Spirale der Evolution abwärts. Als wir unten angekommen waren und die Theke schon in Sichtweite war, blieb Jutta stehen.
    »Schau.«
    Sie deutete in Richtung des Neandertalers, der als Nachbildung am Eingang stand. Dahinter hatte sich gerade die Tür geöffnet, und zwei uniformierte Polizisten betraten das Museum.
    »Da hast du uns ja was Schönes eingebrockt. Die nutzen die Mittagspause sicher nicht für ein Bildungsprogramm.«
    »Wahrscheinlich hat uns oben jemand erkannt.«
    Die Beamten wechselten ein paar Worte mit einer der Damen hinter der Theke und gingen dann in unsere Richtung. Noch hatten sie uns nicht gesehen.
    »Wie auch immer. Wir müssen hier weg.«
    Ich sah mich hektisch um. Eine Treppe führte nach unten. Und eine Beschilderung: Dort ging es zu einer Sonderausstellung. »Hunderttausend Jahre Sex«. Genau das Richtige für einen Detektiv auf der Flucht.
    »Los, da runter«, rief ich.
    Ich zog Jutta hinter mir her, und wir drängelten uns behutsam, aber bestimmt zwischen den Leuten durch, die auf dem Weg in die Sonderausstellung waren.
    Als wir am Fuß der Treppe angekommen waren, wurde mir erst klar, worum es hier ging. Die Geschichte der Erotik. Angefangen bei zigtausend Jahre alten steinernen Götzenbildern, die fruchtbare Frauen mit breiten Hüften und Mordsbusen darstellten, über Phallussymbole im alten Griechenland bis hin zu Bildern aus der Neuzeit. Ein lüsterner Mönch züchtigte auf einem Holzschnitt mit einer Peitsche das nackte rosa Hinterteil einer Frau, die über seinen Knien lag.
    Sieh an, dachte ich. Sex sells. Das gilt auch für Museen.
    Wir drängten uns an eine der Schauwände, wo irgendetwas über antike Fruchtbarkeitsriten erklärt wurde. Ich konnte nicht lesen, was auf der Tafel stand, aber ich hörte in einigen Metern Entfernung eine Frau, die gerade eine Gruppe älterer Herrschaften durch die Ausstellung führte. Ich traute meinen Ohren nicht.
    »… hat es im 18. Jahrhundert schon so etwas wie einen Sexshop gegeben. Man verkaufte Dildos, hergestellt aus Buchenholz. Warum gerade Buche? Weil dieses Holz nicht splittert.«
    Ich wandte mich von dem hochinteressanten Bildungsbeitrag ab und fasste die Treppe ins Auge, aber die Polizisten schienen nicht herunterzukommen.
    »Wenn die wirklich wegen uns hier sind«, sagte Jutta, »haben sie schnurstracks den Weg in die Cafeteria genommen.«
    »Soll das heißen, wir können hier raus?«
    »Hier unten sitzen wir jedenfalls in der Falle.«
    Ich sah mich um. Keine Tür. Nur eine Garderobe unter der Treppe. Sicher gab es irgendwo hinter den Stellwänden und Vitrinen einen Notausgang. Aber wenn wir den öffneten, ging bestimmt irgendein Alarm los.
    »Wir sollten es wagen.«
    Wieder durch das Gedränge. Die Treppe hinauf. Eine Horde Jugendlicher mit Rucksäcken kam uns entgegen. Waren nicht Ferien? Vielleicht kamen sie aus einem anderen Bundesland.
    Einige von ihnen kicherten dämlich, als sie sahen, was in der unteren Etage ausgestellt wurde. Von oben kam die harsche Stimme einer Lehrerin: »Nicht da runter, Herrschaften. Wir bleiben hier oben im Erdgeschoss.«
    Einige der Halbwüchsigen machten kehrt, die anderen tauschten noch ihre Erkenntnisse über die steinernen Phallus-Nachbildungen in den Vitrinen aus, auf die sie wohl einen Blick erhascht hatten. Dadurch entstand ein bisschen Gerangel auf der Treppe, und wir steckten zwischen all den Rucksäcken fest. Es dauerte eine Weile, bis wir wieder dort standen, wo die Evolutionsspirale begann. Eigentlich beginnt sie ja da unten in der Sex-Ausstellung, dachte ich.
    Mein Blick traf den kleinen grinsenden Neandertaler am Eingang, dann checkte ich den Museumsshop. Die beiden Polizisten waren immer noch da. Der eine blätterte in einem

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