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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hatte. »Wann wurde sie zuletzt gesehen?«
    »Vor etwa neunzehn Stunden.«
    »Gegen Mitternacht also.«
    »Ich glaube, Sir«, sagte Resnick, während er sich bückte, um seinen Kaffee auf dem Boden abzustellen, »der Letzte, der sie gesehen hat, bin wahrscheinlich ich. Soweit wir bis jetzt wissen jedenfalls.«
    Der Superintendent hörte Resnick jetzt mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu, als dieser von Nancy Phelans unvorhergesehenem Besuch auf der Dienststelle berichtete, von seinem zufälligen Zusammentreffen mit ihr später vor dem Hotel, von dem wartenden Auto, das ihm flüchtig aufgefallen war.
    »Marke? Kennzeichen?«
    Resnick schüttelte den Kopf. »Pkw, viertürig wahrscheinlich. Standardgröße und -form. Ein Astra oder etwas Ähnliches.«
    »Farbe?«
    »Könnte schwarz gewesen sein. Auf jeden Fall dunkel. Dunkelblau. Dunkelbraun.«
    »Menschenskind, Charlie, das ist ein Riesenunterschied.«
    »Es war ziemlich duster.«
    »Ich weiß, und Sie hatten keinen Grund, besonders auf den Wagen zu achten.«
    Was mich nicht daran hindert zu denken, dass ich es trotzdem hätte tun sollen, dachte Resnick.
    »Wir können vermutlich nicht einmal sicher sein, dass der Wagen auf
sie
gewartet hat?«
    »Nein.«
    »Sie haben sie nicht einsteigen sehen?«
    »Nein.«
    »Sie könnte also auch wieder ins Hotel gegangen sein?«
    »Möglich wäre es, aber sie machte nicht den Eindruck   … Ich würde annehmen, dass sie gehen wollte.«
    Skelton lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Wenn der Wagen, oder irgendein anderer Wagen, zwischendem Hotel und dem Schloss an mir vorbeigefahren wäre«, sagte Resnick, »wäre mir das, glaube ich, aufgefallen. Aber wenn er nach rechts statt nach links abgebogen ist, konnte ich ihn gar nicht sehen.«
    »Er?«, fragte Skelton.
    Die Ellbogen auf die Knie gestützt strich sich Resnick mit der Hand über die Stirn und schloss die Augen.

11
    Dana Mathieson saß ganz vorn auf der Kante eines Stuhls in Resnicks Büro und versuchte, sich zu konzentrieren, während er noch einmal die Namen der Personen durchging, die auf der Weihnachtsfeier gewesen waren, die Verbindungen zwischen ihnen abfragte und sich vergewisserte, dass alles aufgenommen worden war. Die Tür zum Dienstraum stand weit genug offen, um Stimmengewirr, gelegentliches Lachen oder Schimpfen eindringen zu lassen. Es fiel ihr schwer, nicht an Nancy zu denken, sich nicht zu fragen, wo sie sein könnte.
    »Dieser Name hier«, sagte Resnick, »Yvonne Warden   …«
    »Andrews Assistentin. Sie hat die Gästeliste, es ist alles über sie gelaufen.«
    »Und wer ist Andrew?«
    »Andrew Clarke. Der Seniorpartner.«
    »Er war auch da?«
    Dana rief sich Clarkes Gesicht ins Gedächtnis, als er gefragt hatte, ob er sie nach Haus bringen, ob sie noch auf eine Tasse Kaffee mit hineinkommen wolle. Wie er seine kleinen Schweinsäuglein zusammengekniffen hatte. Wie hatte sie nur so naiv sein können? »O ja«, sagte sie, »er war auch da.«
    »Wir sollten unbedingt mit ihm sprechen«, sagte Resnick und machte sich eine Notiz.
    »Ja«, stimmte Dana zu, »ich glaube, das sollten Sie tun.«
    Sie hätte gern gewusst, ob Clarke es noch bei anderen Frauen in der Firma versucht hatte. Wahrscheinlich, dachte sie. Clarke und Männer seines Schlags benahmen sich, als wäre sexuelle Belästigung etwas, worüber sie in der Zeitung lasen, womit sie selbst jedoch nichts zu tun hatten. Männer mittleren Alters in gehobener Position. Über seinen Schreibtisch hinweg betrachtete sie Resnick mit seiner schief sitzenden Krawatte und den tiefen Kummerfalten im Gesicht. Als sie sich zuvor, den Tränen nahe, Vorwürfe gemacht hatte, Nancy zum Ausgehen überredet zu haben, war er teilnahmsvoll und direkt gewesen, bemüht, ihr zu versichern, dass ihre Freundin gewiss bald gesund und wohlbehalten wieder da sein werde.
    »Warum tun wir dann das alles hier?«, hatte Dana gefragt. »Wozu das ganze Theater?«
    Resnick hatte beruhigend gelächelt. »Eine Vorsichtsmaßnahme. Nur für den Fall.«
    Jetzt stand er auf und sagte, für den Moment sei das alles. »Sie geben uns Bescheid, sobald Sie von ihr hören?«
    Dana nickte.
     
    Resnick hatte im Lauf der vergangenen Stunde mehrmals mit Nancys Eltern gesprochen. Die Mutter war bald in Tränen, bald tapfer und sachlich gewesen, der Vater immer wütender und frustriert darüber, dass es bisher noch niemanden gab, gegen den er seine Wut richten konnte. Resnick erläuterte jeden Schritt, den sie unternahmen, er

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