Nebel über dem Fluss
Katzen erwarteten ihn in der Küche, Pepper schnurrend vor Vorfreude in einem alten Küchensieb, das er sich zum bevorzugten Schlafplatz erkoren hatte.
Nachdem er Kaffee aufgesetzt und Katzenfutter in die verschiedenfarbigen Näpfe verteilt hatte, belegte Resnick leicht angeröstetes Graubrot mit gekochtem Schinken und einer Scheibe Käse. Er würzte das Ganze gerade mit etwas Dijon-Senf, als Lynn anrief und sagte, sie müsse unbedingt mit ihm reden.
»Geht es um Gary James?«, fragte Resnick.
»Nein, es ist privat«, antwortete sie.
»Gut, geben Sie mir eine halbe Stunde.«
Er klappte die belegten Brotscheiben zu einem Sandwich zusammen, das er einmal durchschnitt, goss den Kaffee ein und ging mit seinem Frühstück nach oben, um sich fertig anzuziehen. Bevor er aus dem Haus ging, rief er Millington zu Hause an.
»Graham, gut, dass ich Sie noch erwische.«
»War schon auf dem Sprung.« Millington hatte am runden Küchentisch gesessen und eine Schale Müsli mit Kleie hinuntergewürgt, das ungefähr so verlockend war wie Vogelfutter.
»In deinem Alter, Graham«, hatte seine Frau ihm gepredigt, »sollte man kein Risiko eingehen. Du musst dafür sorgen,dass deine Arterien durchlässig bleiben.« Wahrscheinlich, hatte Millington gedacht, hat sie mal wieder in diesen Broschüren geblättert, die sie von der Gesundheitsfarm mitgebracht hat.
»Ich komme wahrscheinlich ein paar Minuten später«, sagte Resnick. »Halten Sie inzwischen die Festung, okay?«
Millington war dazu natürlich nur zu gern bereit. Sein Sergeant, vermutete Resnick, wartete wahrscheinlich sein halbes Leben nur darauf, dass irgendein unvorhergesehenes, schreckliches Ereignis seine Vorgesetzten außer Gefecht setzen würde. Worauf er, Graham Millington, mit kaltblütiger Entschlossenheit, auf Hochglanz geputzten Schuhen und untadelig gestutztem Schnauzer in die Bresche springen würde. Seine große Stunde. Was hatte der Tanzdirektor in ›42nd Street‹ zu der kleinen Ruby Keeler gesagt: Sie kommen als Unbekannte aus dieser Garderobe heraus, aber Sie werden als Star wieder hineingehen.
Als Resnick ging, stand vorne an der Einfahrt der Briefträger und sortierte ein dickes Bündel Briefe.
»Das ist doch hoffentlich nicht alles für mich?«, fragte Resnick im Vorbeigehen.
Der Briefträger schüttelte den Kopf. »Nur das Übliche. ›Reader’s Digest‹, Halifax Bank, AA und Knoblauchbrot gratis, wenn Sie eine große oder zwei mittlere Pizzas bestellen.«
Resnick hob dankend die Hand. Von der Sorte Briefträger sollte es mehr geben, sortierten die Reklame aus, so dass man sie direkt in den Papierkorb befördern konnte.
Lynn erwartete ihn an der Tür. Sie hatte ihn über den Hof kommen hören und die Flamme unter dem italienischen Espressokocher, den sie kürzlich gekauft hatte, höher gedreht. Man gab den gemahlenen Kaffee in einen kleinen perforierten Einsatz über einem mit kaltem Wasser gefülltenBehälter. Dann zündete man das Gas an. Innerhalb von Minuten stieg sprudelnd das Wasser auf, und fertig war der Kaffee, stark und schwarz. Sie hatte das Gerät allerdings seit dem Kauf im Herbst nur ein paarmal benutzt; sie hoffte, der Kaffee war stark genug und schmeckte nicht wie Brühe.
»Riecht gut«, sagte Resnick, sobald er eingetreten war.
»Möchten Sie einen Toast? Ich mache mir gerade einen.«
»Nein, danke.« Er sah sich um, wusste nicht, wo er seinen Mantel ablegen konnte. »Ich habe schon gefrühstückt.« Und dann: »Oder doch, warum nicht? Aber nur eine Scheibe.«
»Geben Sie mir den Mantel«, sagte Lynn und hängte seinen Trenchcoat an einen der Haken gleich neben der Wohnungstür.
Im Zimmer lief leise das Radio, Trent FM, die Frequenz allerdings war nicht genau eingestellt. »Warten Sie, ich mach das aus.«
»Nein, nein, lassen Sie nur.«
Sie schaltete das Radio trotzdem aus, und während sie in der Küche war, ging Resnick im Zimmer umher, überflog die Titel der Bücher auf dem Regal, blätterte in einer alten ›Mail‹ mit der Schlagzeile
FOREST VOR DEM ABSTIEG?
Eines der Fotos auf dem Kaminsims zeigte eine pausbäckige kleine Lynn strahlend in den Armen ihres Vaters. Vielleicht fünf Jahre alt? Die Bilder ihres Exfreundes, des Radrennfahrers, waren offenbar in den Müll gewandert.
»Butter oder Margarine?«
»Bitte?«
»Auf den Toast, Butter oder –«
»Oh, Butter, bitte.«
Resnick machte es sich auf dem zweisitzigen Sofa bequem, Lynn setzte sich in den Sessel schräg gegenüber.
»Wie ist der
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