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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ins Schwitzen gebracht hatte. In ihrer Nachmittagsausgabe hatte die ›Post‹ Harry Phelans Festnahme auf der Polizeidienststelle zur Schlagzeile gemacht und dazu nicht nur ein Foto gebracht, das ihn zeigte, wie er nach seiner Freilassung wutentbrannt die Treppe zur Straße hinuntereilte, sondern auch das Zitat einer weiteren Schmährede über die Inkompetenz und Nachlässigkeit der Polizei. »Die machen doch heutzutage nur noch den Finger krumm, wenn es um etwas Politisches oder einen aus ihren eigenen Reihen geht.«
    »Die fangen an, Fragen zu stellen, Jack«, hatte der Assistant Chief gesagt. »Was, in Gottes Namen, läuft da in IhremBezirk? Sie hatten doch das Ruder immer so fest in der Hand, alles unter Kontrolle. Das Schlimme ist, dass es den Leuten sofort auffällt, wenn einem Mann von Ihrem Ruf die Dinge zu entgleiten drohen. Dann wollen sie wissen, wie das kommt. Ach, und Jack, bestellen Sie Alice Grüße von mir, ja?«
    Resnick war kürzlich aufgefallen, dass die Fotografien von Alice und Kate, die immer so augenfällig und akkurat auf Jack Skeltons Schreibtisch gestanden hatten, verschwunden waren. Er war jetzt, während Robin Hidden seine gesetzlich vorgeschriebene Pause in Anspruch nahm, in Skeltons Büro gekommen, um den Superintendent aufs Laufende zu bringen.
     
    »Robin«, hatte Resnick ruhig und sachlich gesagt, »niemand bezichtigt Sie der Lüge, der vorsätzlichen Lüge. Wir wissen, dass Sie es in letzter Zeit nicht leicht hatten. Nach allem, was geschehen ist, nach dieser Zurückweisung, mussten Sie tief aufgewühlt sein. Es ging schließlich um einen Menschen, den Sie liebten und von dem Sie glaubten, er liebe Sie auch. Für jeden von uns wäre es schwer, mit so etwas fertig zu werden. Und da waren Sie nun den ganzen Abend herumgefahren, wünschten sich verzweifelt, sie zu sehen, während Sie im Kopf immer wieder durchgingen, was Sie ihr alles sagen wollten – und plötzlich stand sie vor Ihnen.«
    Resnick hielt inne, wartete, bis Robin Hidden ihn ansah. »Wie gesagt, in so einer Situation wüsste wahrscheinlich keiner von uns, wie er reagieren soll, und es würde uns schwerfallen, uns hinterher zu erinnern, was genau wir gesagt oder getan haben.«
    Hidden senkte den Kopf. Es war nicht zu erkennen, ob er weinte.
    David Welch rückte auf seinem Stuhl nach vorn. »Ich glaube, mein Mandant   –«
    »Nicht jetzt«, sagte Millington leise.
    »Mein Mandant   –«
    »Nicht jetzt«, wiederholte Millington.
    Und Resnick wandte nicht eine Sekunde den Blick von Robin Hidden, bis der den Kopf wieder hob und ihn mit Tränen in den Augen ansah. »Sie s-sagte, sie fände mich d-dumm und erb-b-bärmlich. Sie sagte, sie wolle nicht mit mir reden. Nie mehr. S-sie w-wünschte, sie hätte sich nie mit mir eingelassen, ich w-wäre ihr nie begegnet.«
     
    Skelton saß kerzengerade, die Fingerspitzen aneinandergedrückt, die Unterarme auf der Schreibtischkante. »Und wie hat der Mann darauf reagiert?«
    »Er gibt zu, dass er wütend geworden ist.«
    »Er hat sie also geschlagen?«
    »Nicht direkt, nein.«
    »Wortklauberei, Charlie?«
    Resnick blickte zu Boden. Von irgendwo hatte er an seinem linken Schuh irgendeine braune Masse mitgebracht, die langsam eintrocknete.
    »Er sagt, er habe sie an den Armen festgehalten. Ich vermute, er kann kräftig zupacken. Und dann hat er sie wohl ein paarmal geschüttelt, weil er sie umstimmen wollte. Daraufhin hat sie schließlich eingewilligt, zu ihm in den Wagen zu steigen.«
    Skelton seufzte, drehte seinen Stuhl seitwärts und wartete.
    »Sie sind zum Schloss hinuntergefahren und weiter in den Park. Beim ersten Kreisverkehr in der Lenton Road hat er angehalten. Er wollte sie dazu bringen, mit ihm zu reden.« Resnick, der unbequem dasaß, versuchte es mit einer anderen Position. »Er wollte natürlich, dass sie umschwenken und ihm versprechen würde, bei ihm zu bleiben. Ihm wäre alles recht gewesen, wenn sie nur ihren Entschluss geändert hätte, ihn aus ihrem Leben zu verbannen.«
    »Ich liebe dich« , sagte Robin. Gegen ihren Willen hielt er ihre Hand.
    Nancy blickte durch das Seitenfenster des Wagens die stetig ansteigende Straße hinauf, auf die das Licht der Gaslampen zitternde Schatten warfen. Raureif lag auf der Buchsbaumhecke. »Es tut mir leid, Robin , aber ich liebe dich nicht.«
    »Ein Jammer, dass sie nicht lügen konnte«, sagte Skelton. »Sie entzog ihm ihre Hand, und er tat nichts, um sie aufzuhalten. Sie stieg aus dem Wagen und ging die Lenton Road hinunter

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