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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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einem Betonpfosten eingedrückt. Wieder wurde ans Fenster geklopft. Scheiße, dachte Lynn, tut mir der Kopf weh. Im Rückspiegel konnte sie, undeutlich durch den Regen, die Scheinwerfer eines Autos erkennen, das hinter ihr angehalten hatte. Ein Männergesicht, dicht an der Scheibe, Wörter, die sie lesen konnte, ohne sie zu hören: Ist Ihnen etwas passiert? Kann ich Ihnen helfen?
    Der Verkehr donnerte unbeteiligt vorbei.
    Sie drehte den Zündschlüssel, der Motor sprang stotternd an und ging wieder aus.
    Er war vielleicht Anfang vierzig, glattrasiert, das Haar dunkel und klatschnass vom Regen. Schultern und Ärmel seines Jacketts waren durchnässt, und Lynn fragte sich, wie lange er schon dort draußen stand in seinem ängstlichenBestreben, ihr zu helfen. Sie kurbelte das Fenster ein Stück herunter, so dass sie mit ihm sprechen konnte.
    »Ich habe gesehen, wie Sie vor mir von der Straße abgekommen sind. Ich wollte nur sichergehen, dass Ihnen nichts passiert ist.«
    »Danke. Ich glaube, es ist alles in Ordnung.«
    Ihr Mund war auf der rechten Seite ganz taub, und als sie mit der Zunge ihre Lippe berührte, spürte sie, dass sie geschwollen war. Sie machte den Spiegel sauber und konnte über ihrem linken Auge eine Schwellung erkennen.
    »Sie haben Glück gehabt.«
    »Ja, danke.«
    Lynn wusste, dass sie aussteigen und sich den Wagen ansehen sollte, um das Ausmaß des Schadens festzustellen. Selbst wenn es ihr gelang, den Wagen anzulassen, würde sie ihn vielleicht nicht wegfahren können. Die Anwesenheit des Fremden hielt sie davon ab.
    »Sie haben nicht zufällig Telefon in Ihrem Wagen?«
    »Nein, tut mir leid.«
    Und in diesem Wagen hatte sie auch keins.
    Sie kurbelte das Fenster ein wenig weiter hinunter. »Es war wirklich nett von Ihnen, gleich anzuhalten, aber jetzt komme ich schon zurecht.«
    Er lächelte und entfernte sich langsam. Lynn holte einmal tief Atem und stieg aus. Der Wagen schien mit dem hinteren Ende einen Kieshaufen gerammt zu haben, als sie von der Spur abgekommen war, und dann vorwärts in den Zaun geschleudert zu sein. Draußen im Halbdunkel waren Kühe erkennbar, ineinanderfließende Hecken. Lynn klappte ihren Kragen hoch und ging im strömenden Regen neben dem Vorderrad in die Hocke. Der beschädigte Kotflügel drückte in den Reifen, und der Reifen war platt, der Scheinwerfer nur ein Haufen glitzernder Scherben. Sie würde es vielleicht schaffen, den Kotflügel nach außen zu ziehen und den Reifenzu wechseln, aber selbst dann würde sie wahrscheinlich nicht weit kommen.
    »Soll ich Sie nicht mitnehmen?« Er war zurückgekommen und stand halb hinter ihr. Der Wind hatte ein wenig nachgelassen. »Wenigstens bis zur nächsten Tankstelle.«
    Lynn schüttelte den Kopf. Sie würde nicht die erste Dummheit mit einer zweiten krönen.
    »Die ist, wenn ich mich nicht irre, nur neun oder zehn Kilometer von hier. Ich glaube, sie ist rund um die Uhr geöffnet.«
    Lynn sah ihm direkt ins Gesicht, zwang sich abzuwägen. Was blieb ihr denn anderes übrig? Sollte sie zu Fuß gehen und riskieren, von einem vorüberrasenden Fahrzeug erfasst zu werden? Oder jemanden anhalten und das Beste hoffen?
    »Also gut«, sagte sie. »Bis zur Tankstelle. Danke vielmals.«
    »Gut.« Er lächelte.
    Lynn holte ihre Handtasche aus dem Auto, sperrte ab und rannte zum Wagen des Fremden. Sie setzte sich nach hinten.
    »Michael«, sagte er nach rückwärts gewandt. »Michael Best. Meine Freunde nennen mich Pat.«
    Lynns Lächeln glich einer Grimasse. »Lynn Kellogg. Sehr nett von Ihnen, dass Sie angehalten haben.«
    »Das gibt Sternchen da oben, hoffe ich.« Lachend wies er mit dem Kopf zum Wagendach. »Zum Ausgleich für die vielen schwarzen Striche.«
    Nachdem er den Blinker gesetzt hatte, wartete er, bis sich eine Lücke öffnete, dann reihte er sich schnell in den Verkehr ein. Nur jetzt kein unnötiges Risiko.
     
    Es sah nicht gut aus. Michael fuhr in die Tankstelle und parkte hinter den Zapfsäulen, aber die Lichter im Gebäude blieben dunkel. Nur das Nachtlicht brannte und erhellte schwach die übliche Kollektion von Autokarten, Motorölen,abgepackten Lebensmitteln und Süßwaren, verbilligten Hörkassetten von vergessenen Bands und ein Sonderangebot an Koboldfiguren mit violetten Haaren.
    »Tut mir leid«, sagte Michael. »Ich hätte schwören können, dass die hier die ganze Nacht geöffnet haben.«
    »Denken Sie sich nichts«, meinte Lynn. »Sie können doch nichts dafür.«
    »Aber ich fahre diese Straße ziemlich oft,

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