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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ich müsste es eigentlich wissen.«
    »Ich kenne die Strecke auch. Ich dachte, Sie hätten recht.«
    »Vielleicht schließen sie um Mitternacht.«
    »Ja, könnte sein.«
    Lynn kam sich jetzt hinten auf ihrer Rückbank ein bisschen albern vor. So ein netter, hilfsbereiter Mensch, und sie hockte da hinten im Fond wie die Gräfin Koks.
    »Was –?«, »Und was –?«, fragten sie beide gleichzeitig und lachten.
    »Dann fahre ich Sie vielleicht am besten zu Ihrem Wagen zurück?«, fragte Michael.
    »Ja, das wird das Beste sein.«
    »Außer   …«
    »Außer was?«
    »Außer Sie wollen Richtung Derby.«
    »Nottingham.«
    »Das passt doch.«
    Lynn lehnte sich in ihrem Sitz zurück. »Danke«, sagte sie.
     
    Es war warm im Auto, so geschützt vor Wind und Regen. Vom Zischen fremder Reifen auf dem Asphalt und vom rhythmischen Schlag der Scheibenwischer begleitet, redete Michael eine Zeitlang über dies und das. Vor zehn Jahren hatte er eine sichere Anstellung aufgegeben, um, wie so viele andere damals, eine eigene kleine Firma zu gründen. Vor zwei Jahren hatte er Konkurs anmelden müssen, keineweltbewegende Geschichte. Jetzt versuchte er, wieder auf die Beine zu kommen, indem er noch einmal ganz von vorn anfing. Er arbeitete bei einem Schreibwarengrossisten, war so eine Art besserer Handelsvertreter. Er lachte. »Wenn Sie mal eine größere Menge brauner Briefumschläge brauchen oder ein paar hundert Meter Blisterfolie, bin ich Ihr Mann.«
    Als sie die in orangefarbenen Lampenschein getauchten Außenbezirke der Stadt erreichten, ließ der Regen nach und der Wind legte sich fast ganz. Licht schimmerte trübe hinter den Vorhängen der Vorortvillen, als sie sich dem Trent näherten.
    »Wohin?«, fragte Michael. Sie fuhren am Cricket-Stadion vorbei, wo die letzten Kunden mit Kebabs oder Fish and Chips die Schnellimbisse gegenüber verließen.
    »Irgendwo in der Nähe vom Zentrum.«
    »Market Square?«
    »Sie könnten mich in Hockley absetzen. Am unteren Ende von Goose Gate, irgendwo da in der Nähe.«
    »Gut.«
    Er reihte sich links ein, als sie an der Bowling-Bahn vorbei den Hang hinunterfuhren, und hielt dann unterhalb vom ›Aloysius House‹ am Bordstein an. Nahe der Hausmauer stand eine kleine Gruppe Männer beisammen und ließ eine Flasche Cider herumgehen.
    »Danke«, sagte Lynn, als Michael die Handbremse anzog. »Das war wirklich nett von Ihnen.«
    »Gern geschehen.«
    »Wenn Sie nicht gewesen wären, säße ich jetzt wahrscheinlich immer noch da draußen und müsste die Nacht auf der A 52 verbringen.«
    »Ach, wo   …«
    Lynn rutschte über den Sitz, um auszusteigen. »Gute Nacht.«
    »Vielleicht   …« Sie sah ihn an. »Nein, ist schon gut.«
    »Was denn?«
    »Es ist spät, ich weiß, aber vielleicht könnten wir doch noch irgendwo eine Tasse Kaffee zusammen trinken oder so was? Was meinen Sie?«
    Lynn hatte die Hand schon am Türgriff, aber vor nichts graute ihr in diesem Moment mehr, als diese Straße hinaufzugehen und den schmalen Weg zu nehmen, der sie zur ihrer Wohnung führen würde, einzutreten und im Spiegel ihr Gesicht zu sehen.
    »Okay«, sagte sie. »Aber nur kurz.«
     
    Das Nachtcafé war in der Nähe der alten Markthallen gegenüber dem ehemaligen Busdepot, das einem Parkplatz und dem World of Leather hatte weichen müssen. Die einzigen anderen Gäste waren Taxifahrer, ein Pärchen, das der Kleidung nach zu urteilen auf dem Weg zu Michael Isaacs Nachtklub war, und eine Frau in einem karierten Mantel, die leise vor sich hin summte und dabei Muster in den auf dem Tisch verstreuten Zucker zeichnete.
    Sie bestellten Kaffee und Michael einen Hot Dog dazu, bei dessen Ankunft Lynn ihren Neid nicht verbergen konnte. Michael brach ein großes Stück ab und bestand darauf, dass sie es aß.
    »Ich bin bei der Polizei«, erzählte sie. Die erste Tasse Kaffee war schon seit einiger Zeit ausgetrunken, und sie waren bei der zweiten angekommen.
    Er schien wenig überrascht. »Bei welcher Abteilung? Ich meine, was machen Sie?« Er lächelte. Eigentlich hatte er in der letzten halben Stunde selten aufgehört zu lächeln. »Sind Sie in Uniform?«
    »Du lieber Gott!« Sie lachte.
    »Was denn?«
    »Wieso ist das immer das Erste, was die Männer fragen?«
    »Ach! Tun sie das?«
    »Meistens, ja.«
    »Und – tragen Sie Uniform?«
    Lynn schüttelte den Kopf. »Ich bin Ermittlerin beim CID.   Da tragen wir keine Uniformen.«
    »Tatsächlich?« Er schien beeindruckt. »Und was ermitteln Sie?«
    »Was gerade kommt.

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