Nebel ueber Oxford
wichtig?«
»Ich muss unbedingt sicherstellen, dass wir weiterhin unser Geld bekommen.«
»Ach so, es geht um Geld!« Sie zog das Wort spöttisch in die Länge. »Soll das heißen, dass du dich stundenlang mit dieser Candra einschließt?«
»Ich bin allein«, entgegnete er ruhig. Sie hatte leicht reden; immerhin bezahlte Blake das Dach über ihrem Kopf.
»Es gibt nichts zu essen, bis du mir geholfen hast.« Mariannes Stimme zitterte, doch Blake hatte zu viel anderes im Kopf, um auch nur Ansätze von Mitleid zu verspüren.
Er legte auf und ertappte sich bei dem Wunsch, Marianne würde ihre Probleme selbst regeln, ohne dass er eingreifen musste. Er sehnte sich nach einer Zigarette und griff nach dem Päckchen, doch dann fiel ihm ein, dass er damit vermutlich den Rauchalarm auslösen und für noch mehr Aufregung im Institut sorgen würde. Seufzend wandte er sich dem Computer zu.
Kapitel 5
Später an diesem Tag kam ein kühler Wind auf. Er fauchte durch die Straßen des Oxforder Stadtteils Jericho, riss vorzeitig die Blätter von den Bäumen und jagte sie kreiselnd über Bürgersteige und in die Gosse. Der Frühherbsttag verwandelte sich plötzlich in einen verfrühten November. Der Wind trommelte mit nervösen Fingern an Kate Ivorys Fensterscheiben und heulte und seufzte durch die Kamine ihres Hauses. Die Dämmerung setzte früh ein, und Kate wurde bewusst, dass der Sommer bald nur noch eine schöne Erinnerung sein würde.
Tapfer bemühte sie sich, das enervierende Wetter zu ignorieren. Sie saß am Computer, kehrte dem Fenster ostentativ den Rücken zu, starrte den leeren Bildschirm an und versuchte das Exposé für einen Roman zu schreiben. Nur ein paar Worte, mahnte sie sich. Wenigstens irgendetwas. Zur Not auch dummes Zeug. Sobald der erste Buchstabe auf diesem makellos weißen Bildschirm steht, kommen die Ideen wie von selbst. Doch der Bildschirm blieb leer.
Es war bereits nach sechs Uhr abends. Irgendwie hatte sie es geschafft, den ganzen Tag zu verplempern. Einer der Gründe war ihre Freundin Camilla, die sie auf ihrem Umweg zum Cornmarket zufällig getroffen und gleich in ein nahegelegenes Café gelockt hatte.
»Wie geht es so mit dir und Jon Kenrick?«, hatte sich Camilla erkundigt, nachdem sie die Hälfte ihres Caffè Latte getrunken hatte. »Ihr seid doch jetzt schon mindestens – oh, sicher ein halbes Jahr zusammen, nicht wahr?«
»Uns geht es gut. Wir sind seit etwa zwei Jahren zusammen, und vor acht Monaten ist Jon zu mir gezogen.«
»Kinder, wie doch die Zeit vergeht! Und mir scheint, du bist gerade dabei, einen Rekord aufzustellen.« Als Camilla Kates Gesichtsausdruck sah, schwächte sie ihre Bemerkung mit einem besänftigenden Lächeln ab.
»Das hört sich an, als würdest du jeden Augenblick mit unserer Trennung rechnen«, stellte Kate fest.
»Entschuldige, Kate. Ich freue mich wirklich, dass es dieses Mal so gut läuft, aber du musst doch zugeben, dass es die letzten Male nicht so war. Nach einem halben Jahr gingen dir regelmäßig irgendwelche Angewohnheiten auf die Nerven, oder du hast gemerkt, dass eure Lebenseinstellungen nicht zueinander passten. Du hast deinen Krempel zusammengesucht, die Katze in ihr Körbchen gepackt und bist ausgezogen. Im jetzigen Fall allerdings dürfte es der arme Jon sein, der ausziehen müsste. Schließlich wohnt er in deinem Haus.« Die gute Camilla – sie war so direkt und taktlos wie eh und je. Kate schob es auf die lange Zeit, die sich die Freundin bereits mit halbwüchsigen Mädchen herumärgern musste. Ein Körnchen Wahrheit allerdings lag tatsächlich in ihren Beobachtungen – das musste Kate zugeben.
»Die Katze gibt es nicht mehr«, sagte sie knapp. »Susanna wurde … sie ist gestorben.« Sie dachte kurz an den Platz unter ihrem Apfelbaum, wo sie die geliebte Katze beerdigt hatte, aber sie hatte keine Lust, mit Camilla über die grausigen Einzelheiten von Susannas Tod zu sprechen. »Ansonsten ist es dieses Mal ganz anders«, fuhr sie mit fester Stimme fort. »Jon ist bei mir eingezogen. Aber wir wollen uns ein Haus außerhalb von Oxford suchen – vielleicht in einem der umliegenden Dörfer. Möglicherweise lerne ich eines Tages noch, wie man Gemüse anbaut.«
»Wollt ihr heiraten?«, fragte Camilla eifrig.
»Mal sehen – noch nicht.«
»Aber es fällt dir doch sicher nicht leicht, von Oxford wegzuziehen, oder?«
»Wie kommst du darauf?«
»Na, dein hübsches Haus. Du bist doch gerade erst eingezogen, und jetzt denkst du schon wieder
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