Nebel ueber Oxford
gesehen und blieb stehen, um einige Worte mit ihm zu wechseln.
»Toller Lippenstift, Süße. Du solltest ihn öfter auflegen«, erklärte er mit Kennerblick. Sein eigener Lidschatten war dunkelviolett mit silbrigem Schimmer, und er hatte seine langen Wimpern intensiv getuscht. Kate war überrascht, denn normalerweise waren seine exotischen Gewänder und das ausgefallene Make-up den Gelegenheiten vorbehalten, wenn er es sich zu Hause mit seinem Lebensgefährten Brad gemütlich machte.
»Du siehst aber auch super aus«, gab sie zurück.
»Ich hoffe, du willst mit diesen Wahnsinnsabsätzen nicht allzu weit laufen«, fuhr Patrick fort. »Selbst ich würde mich damit keine zehn Meter weit trauen.«
»Da könntest du recht haben«, erwiderte Kate mit einem Blick auf ihre Füße. »Meinst du, ich sollte besser vernünftigere Schuhe anziehen?«
»Auf gar keinen Fall. Ruf dir lieber ein Taxi.«
»Danke für den Rat«, meinte Kate, zog ihr Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. »Das Taxi kommt in zehn Minuten«, sagte sie zu Patrick gewandt. »Da warte ich doch lieber im Haus.«
»Komm doch mit zu mir«, forderte er sie auf. »Brad ist heute Abend auf der Rolle. Ich wollte ihn ein wenig eifersüchtig machen und selbst ausgehen. Du kannst mich mit dem neuesten Nachbarschaftsklatsch vertraut machen, während wir zusammen auf dein Taxi warten.«
Eigentlich war Kate enger mit Brad befreundet und mochte es nicht, wenn man über ihn lästerte. Trotzdem folgte sie Patrick ins Haus. Sie setzten sich ans Fenster, um Kates Taxi nicht zu verpassen.
Das Wohnzimmer war so makellos wie immer. »Ihr habt euch neu eingerichtet, nicht wahr?«
»Ich verändere die Einrichtung ganz gern alle paar Jahre. Das heitert mich auf.«
Kate blickte ihn aufmerksam an und stellte fest, dass Patricks Gesicht unter dem Make-up traurig wirkte.
»Habt ihr Probleme, du und Brad?«
»Ja, schon seit einigen Monaten«, sagte Patrick melancholisch.
»Das tut mir wirklich leid. Du weißt ja, wie sehr ich euch mag, und ich dachte immer, ihr wärt ein außergewöhnlich glückliches Paar.«
»Das waren wir auch in den letzten fünf Jahren. Aber nichts hält ewig. Es ist die längste Beziehung, die ich je gehabt habe.«
»Aber was ist mit Brad? Er liebt dich doch geradezu abgöttisch!«
»Glaubst du das wirklich?« Patricks Gesicht hellte sich ein wenig auf. »Ich fürchte, er denkt an eine Trennung von Tisch und Bett.«
»Oh, ich bin ganz sicher, dass er nicht mit einem anderen durchbrennt. Denk doch nur einmal an das Haus: Ihr habt eine Menge Geld hineingesteckt und es wunderschön gestaltet. Ihr könnt euch doch jetzt nicht trennen!«
»Ach Kate, du bist wirklich zu lieb. Immer versuchst du aus allem das Beste zu machen und das halb volle Glas zu sehen. Aber Dinge passieren nun mal nicht, bloß weil du es willst.« Seine Stimme veränderte sich, als er fast fröhlich fragte: »Aber was ist mit dir, Kate?«
»Bei uns gibt es nichts Neues, Patrick.«
»Das kam ein bisschen zu schnell, meine Süße. Wo willst du so aufgebrezelt hin? Der schöne Jon scheint ja nicht dabei zu sein.«
»Aufgebrezelt in dem alten Ding hier?« Sie wies auf ihren Blazer. »Ich treffe mich auf einen Drink mit einem alten Freund. Jon arbeitet heute länger, er wird mich also nicht vermissen.«
»Er arbeitet länger? Und du triffst einen alten Freund? Ehrlich gesagt hört sich das für mich an wie der Anfang vom Ende«, sagte Patrick.
Sie blickten einander stumm an, während sie alle Möglichkeiten erwogen.
»Nimm mich bloß nicht beim Wort«, meinte Patrick schließlich. »Was weiß ich schon?« Das auffällige Make-up und der traurige Ausdruck ließen sein fein geschnittenes Gesicht wie eine Clownsmaske wirken.
Gerade als Kate ihn bitten wollte, ihr mehr zu erzählen, fuhr das Taxi vor. Hastig dankte sie Patrick für seine Gastfreundschaft und verließ das Haus. Während der kurzen Taxifahrt zum Randolph sagte sie sich, dass Patrick vermutlich so sehr unter seiner Beziehungskrise litt, dass er seine Unsicherheit auf die Beziehung von Kate und Jon übertrug. Sie war über sein Aussehen ziemlich erschrocken. Normalerweise kleidete er sich unauffällig elegant, wenn er mit seinem Lebensgefährten Brad ausging.
Was die Beziehung von Kate und Jon anging, so kriselte es zwar im Augenblick ein wenig, doch ernsthaften Grund zur Sorge gab es deshalb wohl nicht. Die Unstimmigkeiten waren nicht so gravierend, dass eine Trennung drohte. Und schon morgen, oder vielleicht
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