Nebel ueber Oxford
Arbeit treffen?«
»Wieder im Randolph?«
»Ja, warum nicht?«
»Geht es heute vielleicht ein bisschen früher?«
»Halb sechs?«
»In Ordnung.«
»Ich muss anschließend wieder zurück ins Labor. Greg und ich haben viel Zeit mit dem Feinschliff unseres Bettelbriefs vergeudet und müssen nun sehen, wie wir mit unserer eigentlichen Arbeit weiterkommen.«
»Ich werde Sie nicht lang aufhalten. Mehr als eine halbe Stunde kann ich mich ohnehin nicht freimachen.«
»Ach ja, Ihr Freund. Den hätte ich fast vergessen.«
Kate ignorierte den Einwurf. »Bis später«, verabschiedete sie sich.
Gleich im Anschluss rief Jon bei ihr an.
»Entschuldige, Kate, ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass es heute Abend spät wird.«
»Hast du es denn nicht in unseren Kalender eingetragen?«, witzelte sie scheinbar streng.
»Äh … nein, ich glaube nicht.«
»Soll ich kochen, oder besorgst du dir etwas?«
»Wir haben nach Feierabend ein Meeting mit fünf, sechs Leuten. Es geht um neue Ideen und so – ich denke, wir lassen uns ein paar belegte Brötchen kommen, wenn wir Hunger haben.«
Kate vermutete, dass es wohl eher Pizza oder etwas vom Chinesen wäre. Wahrscheinlich gebratener Reis und Frühlingsrollen. Kein Wunder, dass Jon in die Breite ging.
»Du brauchst meinetwegen nicht aufzubleiben«, sagte er. »Es wird bestimmt spät. Ich werde mich bemühen, dich nicht zu wecken.«
»Arbeite nicht zu viel. Wir sehen uns dann irgendwann viel später«, fügte Kate heiter hinzu.
Erneut stellte sie fest, dass es ihr gefiel, Zeit für sich zu haben – nun ja, für eine halbe Stunde wäre sie immerhin in Gesellschaft eines anderen Mannes. Was sie ein wenig störte, war die Tatsache, dass Jon ihr so wortreich erklärt hatte, warum er spät nach Hause kam. Handelte es sich hier etwa um die älteste und zuverlässigste Ausrede aller Männer: »Schatz, ich muss noch länger im Büro bleiben?«
Nein, nicht bei Jon. Er würde so etwas nie tun.
Kates Mailbox meldete sich. Es war Neil Orsons Antwort auf ihre Exposés. Sie freute sich, dass er den Vorschlag bevorzugte, der auch ihr selbst besser gefiel, obwohl er detailliertere Recherchen mit sich brachte. Kate googelte einige Quellen und machte eine Liste von Büchern, die sie aus der Bibliothek entleihen wollte, doch das Bild von Jon mit einer anderen Frau wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Wie mochte sie heißen? Und wie sah sie aus?
Schluss damit, Kate, mahnte sie sich energisch. Vermutlich war es genau so zum Zerwürfnis von Marianne und Blake gekommen.
»Ich will Papa!«
»Ich weiß, dass du auf deinen Papa wartest. Aber heute Abend wird Mama dir deine Geschichte vorlesen.« Noch immer klang ihre Stimme freundlich und tröstend, doch es war an diesem Abend bereits das fünfte Mal, dass Freddie nach seinem Vater gerufen hatte.
»Warum?«
»Papa muss arbeiten und Geld für uns verdienen. Aber Mama ist bei dir.«
Obwohl sie inzwischen wieder Vollzeit arbeitete und in ihrer Firma große Verantwortung trug, kümmerte sich Susie mehr als die Hälfte der Zeit um Freddie. Sie wollte in diesem wunderbaren Stadium ihres Lebens und Freddies Kindheit nichts versäumen. Freddie musste sich daran gewöhnen, Gary seltener zu sehen. Gary war ein guter Vater, wenn er einmal zu Hause war, doch Freddie durfte nicht zu fordernd werden. Und das zusätzliche Geld kam ihnen bei ihren Zukunftsplänen durchaus gelegen.
»Manchmal ist Mama bei dir und manchmal Papa. Das macht doch Spaß, oder?«
»Nein«, sagte Freddie.
»Aber natürlich«, erwiderte Susie mit fester Stimme. »Und jetzt darfst du dir aussuchen, welche Geschichte ich vorlesen soll. Und wenn du sehr brav bist, lese ich sogar zwei Geschichten vor.«
»Das da«, sagte Freddie sofort und zeigte auf ein Buch mit knallrotem Einband.
Susie seufzte. Nicht schon wieder der sprechende Traktor! Vielleicht hätte sie Kate und Jon doch erklären sollen, dass man als Eltern viel Zeit und noch mehr Energie brauchte.
Kapitel 26
Als Kate das Haus verließ, um Blake im Randolph zu treffen, zog ihr Erscheinungsbild die neugierigen Blicke der Nachbarn auf sich. Es stimmte wohl, dass sie sich sowohl mit ihrer Frisur als auch mit dem Make-up mehr Mühe gegeben hatte als sonst. Ihr Rock war kürzer, der Blazer enger geschnitten und die Ohrringe länger und bunter als in den vergangenen sechs Monaten.
Patrick, der nebenan wohnte, kam aus dem Haus und passte sie am Gartentor ab. Kate hatte ihre direkten Nachbarn seit einiger Zeit nicht
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