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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Kruschnicke gibt es dieses Zeitloch«, fügte
Christoph an. » Wer ist Kruschnicke? Wir wissen, wann
seine Mutter gestorben ist. Aber wer war sein Vater?«
    »Du meinst …?«
    »Zumindest sollten wir diese Möglichkeit nicht außer Betracht
lassen. Die DNA von Dr. Pferdekamp liegt in
Kiel vor. Wir versuchen, eine von Holger Kruschnicke zu erreichen. Darüber
können wir einen etwaigen Verwandtschaftsgrad feststellen. Es wäre ein einleuchtender
Grund, weshalb sich der Arzt seit Jahrzehnten um Kruschnicke gekümmert hat.«
    »Oder die beiden hatten eine Liebesbeziehung, die sehr diskret
abgewickelt wurde«, hielt der Oberkommissar entgegen. »Auf Eiderstedt wäre es
das berufliche Aus für Dr. Pferdekamp gewesen, wenn das Gerücht kursiert
wäre, er sei homosexuell veranlagt. Vor dreißig, vierzig Jahren ist man noch
nicht so offen mit diesem Thema umgegangen. Wann wurde der Paragraf 175
abgeschafft, der eine gleichgeschlechtliche Beziehung unter Strafe stellte?«
    Christoph konnte diese Frage nicht beantworten. »Wir nehmen es heute
als selbstverständlich hin. Aber sieh dir deine Heimat an, das Münsterland.
Dort wollte man schwulen Schützenkönigen untersagen, beim Umzug neben ihren
Lebenspartnern zu marschieren. Und seit wann sind wir in Deutschland
aufgeklärt? Erst in den fünfziger Jahren wurden den Frauen gleiche Rechte
eingeräumt. Bis dahin galt das Wort des Mannes in familiären Dingen.«
    »Sei ehrlich. Seitdem du mit Anna verheiratet bist, sehnst du dich
nach diesen Zeiten zurück.«
    »Um jeden Ärger zu vermeiden«, antwortete Christoph, »werde ich
jetzt Feierabend machen. Und du? Bekommst du keinen Ärger mit deinem Hund?«
    »Blödmann fühlt sich bei seiner Tagesmutter ausgesprochen wohl. Er
möchte diesen Betreuungsplatz auf keinen Fall mit der kargen Unterkunft auf der
Dienststelle tauschen.«
    Christoph unterdrückte es, seine Freude über diese Lösung
auszudrücken. Die Dachsbracke erwies sich nicht nur als eigensinnig, sondern
litt offenbar aufgrund fehlerhafter Ernährung an Verdauungsstörungen, die sich
unangenehm für empfindliche Nasen bemerkbar machten. Aber alle Versuche, Große
Jäger das Mitbringen zu untersagen, waren bisher fehlgeschlagen. Wer überhaupt
könnte dem Oberkommissar etwas vorschreiben? Christoph schmunzelte. Große Jäger
würde niemand umzukrempeln vermögen.
    »Was erfreut dich so ungemein?« Ein Hauch Argwohn schwang in Große
Jägers Frage mit.
    »Ich freue mich nur auf das freie Wochenende«, wiegelte Christoph
ab.

FÜNF
    Das freie Wochenende hatte einen
anderen Verlauf genommen als geplant. Am Sonnabend hatte Christoph sich bei
herrlichem Spätsommerwetter aufs Fahrrad geschwungen und war von England zum
Bäcker gefahren, der in diesem Jahr auf eine einhundertjährige Tradition im
Familienbesitz zurückblicken konnte, hatte dort geduldig dem auf Platt
geführten Dialog der einheimischen Hausfrauen mit der Bäckersfrau gelauscht,
dabei Neuigkeiten von »seiner« Insel erfahren und sich Annas Kritik anhören
müssen, als er nicht nur mit Knackis, wie die Brötchen hier hießen, sondern
auch mit seinen geliebten Roggenbrötchen und verschiedenen Sorten kernigen
Brots, das man hier noch frisch zu Scheiben geschnitten erwerben konnte, und
einem großen Paket an Wurst- und Käseaufschnitt zurückkehrte.
    »Wer soll das alles essen?«, hatte Anna gefragt.
    Tapfer hatte sich Christoph ans Werk begeben, aber irgendwann,
begleitet von Annas hämischen Kommentaren, gepasst.
    Seine Frau wollte den Tag nutzen, um mit dem großen Herbstputz zu
beginnen, sich der Gardinen annehmen und ein Dutzend weiterer Dinge verrichten,
bei denen er im Wege gestanden hätte. So war Anna nicht traurig, als er
beschloss, nach Husum zu fahren. »Vergiss es nicht«, trug sie ihm auf, als sie
ihm den langen Einkaufszettel aushändigte.
    Im Büro fand er eine Meldung über einen weiteren Einbruch, der im
Stadtteil Rödemis ausgeführt worden war. Erneut waren die Einbrecher über ein
Baugerüst eingedrungen. Dazu las er die Nachricht der beiden Kollegen, dass sie
eine neue Fahndungsstrategie anwenden wollten. Sie planten, vorübergehend alle
vom Viöler Gerüstbauunternehmen aufgestellten Anlagen zu überwachen, um die
Täter auf frischer Tat zu ertappen.
    Christoph war noch mit diesem Vorgang beschäftigt, als die Tür
aufgestoßen wurde und Große Jäger ein Kind, dessen Hände mit Handschellen
gesichert waren, über die Schwelle in den Raum stieß.
    »Los, du Lump«, sagte er und grinste

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