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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Hirngespinste seien. Nehmen wir das Beispiel Hildegard Szymanik.
Die schweigt bis heute, weil ein cleverer Rechtsanwalt sie eingeschüchtert hat.
Das ist ein Kartell des Schweigens, dem wir gegenüberstanden.«
    »Und irgendwo ist der Kessel übergelaufen«, ergänzte Große Jäger.
»Der Druck ist so groß geworden, dass jemand den Peiniger Schierling erschlagen
hat. Wie einen räudigen Hund.«
    »Ein normal denkender Mensch versteht so etwas«, sagte Anna. »Könnt
ihr mit ruhigem Gewissen weiterermitteln? Dem Täter gebührt doch ein Orden.«
    Christoph schüttelte den Kopf. »Mag es menschlich noch so
verständlich sein, es darf keine Selbstjustiz geben. Das Recht dazu hat nur der
Staat. Dafür haben wir Gerichte.«
    »Dann lasst die entscheiden.«
    Die beiden Polizisten wechselten einen raschen Blick.
    »Da gibt es noch ein anderes Problem.« Christoph räusperte sich.
»Die Taten sind so lange her, dass sie verjährt sind.«
    »Wie bitte?« Anna war fassungslos. »Heißt das, die Täter können sich
völlig frei bewegen, ohne für ihre Tat einstehen zu müssen?«
    Christoph nickte betreten.
    »Und das alles geschieht im Namen des Volkes? Ich bin das Volk. Und
ich habe nicht so entschieden.«
    Christoph verstand, dass seine Frau aufgebracht war. Gesundes
Volksempfinden und die Logik der Juristen wichen oft voneinander ab. Doch
darüber war an diesem Ort nicht zu befinden.
    »Ich habe auch noch etwas«, wechselte er das Thema. »Ich bin bei den
Nachbarn von Hohenhausen und Schierling gewesen. In der Seniorenwohnanlage hier
auf Nordstand hat man gesagt: ›Die könnte es sein‹, als ich ein Bild von Karin
Steffen gezeigt habe.«
    »Wer ist das?«, unterbrach ihn Anna.
    »Die Lebenspartnerin von Peter Buschinski«, erklärte Christoph und
fuhr fort: »In der Adolf-Brütt-Straße hat man Karin Steffen einwandfrei
wiedererkannt.«
    »Der Türke?«, fragte Große Jäger.
    »Genau!«
    Anna verstand nicht, weshalb die beiden plötzlich lachten.
    »Schade, dass die keinen Opel fährt«, sagte Große Jäger, nahm die
Bierflasche zur Hand und drehte sie, als würde er danach suchen, wie er noch
etwas aus dem leeren Gefäß herausquetschen könnte.
    Christoph besorgte Nachschub. Es war nicht das letzte Mal, auch wenn
er selbst sich nach der dritten Flasche zurückhielt.
    Anna schwieg, war aber weder davon begeistert, dass Große Jäger die
Flasche mit dem Birnenbrand von der kleinen Familienbrennerei leerte, den ihr
Neffe aus dem Schwarzwald geschickt hatte, noch davon, dass der Oberkommissar
bei ihnen übernachtete.
    »Das habe ich in Kiel bei Lüder Lüders auch öfter gemacht«, erklärte
Große Jäger zu fortgeschrittener Stunde mit schwerer Zunge. »Da habe ich im
Kinderzimmer geschlafen.«
    »So etwas haben wir nicht«, sagte Christoph.
    »Dann strengt euch an.« Große Jäger trank den Rest seines Glases mit
einem Schluck aus. »Ach nee«, winkte er ab. »Heute nicht mehr. Ich bin ja da.
Na gut. Dann morgen.«

ACHT
    Die Nacht war kurz gewesen. Trotzdem saß Christoph zur
gewohnten Zeit am Schreibtisch, während Große Jäger sich noch einmal in seine
Wohnung in der Nähe der Polizeidirektion zurückgezogen hatte.
    Christoph rief in der Klinik an.
    »Ich protestiere gegen das Auftreten der Polizei gestern. Trotz
meines Verbots haben Sie mit den Patienten gesprochen und aus ärztlicher Sicht
eine nicht vertretbare Situation herbeigeführt.«
    »Die beiden Herren haben sich freiwillig mit meinem Kollegen
unterhalten.«
    Dr. Jamali war ungehalten. »Das sehe ich nicht so. Es war eine
Ungeheuerlichkeit.« Er legte eine Pause ein. »Trotzdem möchte Herr Buschinski
das Gespräch mit Ihnen fortsetzen. Allerdings nur in meiner Gegenwart.«
    »Dagegen ist nichts einzuwenden. Kannten Sie die Geschichte?«
    »Ich bin mit der Entwicklung so weit vertraut, wie es meine
Patienten betrifft.«
    »Sagt Ihnen Günter Steppujat etwas?«
    »Der ist nie bei uns Patient gewesen«, erwiderte Dr. Jamali.
»Ich erwarte Sie in einer Stunde.«
    Christoph informierte Große Jäger, der brummte, dass man ihm keine
Zeit ließ, um »wieder Mensch zu werden«.
    Pünktlich zur verabredeten Zeit saßen sie dem Arzt und seinen
beiden Patienten gegenüber.
    »Wenn ich den Eindruck habe, dass das Wohl der beiden Herren
gefährdet ist, brechen wir das Gespräch sofort ab«, bestimmte Dr. Jamali
die Spielregeln.
    Bevor Große Jäger etwas einwenden konnte, stimmte Christoph zu. Dann
nickte der Arzt in Richtung Buschinski und forderte ihn auf, zu

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