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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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hemmungslos vor sich hin
weinende Mann das mitbekommen hatte.
    Betreten verließen die beiden Beamten die Klinik. Bis zum Auto
sprachen sie keinen Ton.
    »Was müssen manche Menschen für ein Päckchen tragen«, sagte Große
Jäger schließlich. »In meinem Inneren kann ich verstehen, was Anna gestern
Abend gesagt hat.« Er tippte sich ans Herz, dann an die Stirn. »Es fällt
schwer, dass das hier die Oberhand behält.«
    Christoph fuhr auf die Umgehung, umrundete Husum und folgte der
Bundesstraße bis Tönning. Sie fanden am Kattrepel vor dem Haus von Hildegard
Szymanik mühelos einen Parkplatz. Die Frau öffnete ihnen.
    »Wir möchten mit Ihnen reden«, drängte sich Große Jäger in den
Vordergrund. »Sagen Sie uns nicht, Sie dürfen nicht. Wollen wir das bei Ihnen
machen, oder wollen Sie mit aufs Revier?« Er benutzte dabei eine Formulierung,
die es im Amtsdeutsch in Tönning nicht gab. Dort hießt es
Polizeizentralstation.
    Hildegard Szymanik wirkte eingeschüchtert. Sie bat die beiden
Beamten in das kleine, saubere Wohnzimmer.
    »Wir wissen jetzt, was damals im St.-Josef-Heim in Tönning passiert
ist«, begann Große Jäger und berichtete in wenigen Sätzen von den Schicksalen
der Kinder, insbesondere von dem des kleinen Günter Steppujat. Dann klopfte er
mit der Spitze seines Zeigefingers auf die Tischplatte. »Nun ist Schluss mit
›Ich darf nichts sagen‹. Also?«
    Die Frau sah verängstigt von einem zum anderen. Mit großen Augen
starrte sie Christoph an, als erhoffe sie sich vom ihm Hilfe. Doch der blieb
reglos sitzen.
    »Der Kleine …«
    »Günter Steppujat?«, fragte Große Jäger.
    Sie nickte. »Der war in der Kammer eingesperrt. Das kannte ich ja.
Das kam öfter vor. Aber diesmal war es anders. Die haben sich alle so
merkwürdig verhalten.«
    »Wer sind die ?«
    »Na, der Hohenhausen und die Wendelstein.«
    »Und Schierling?«
    »Das war ganz eigenartig. Von dem hat man kaum etwas bemerkt. Das
war sonst gar nicht seine Art. Wie gesagt – alles war irgendwie anders.«
Sie hielt sich die Ohren zu. »Ich höre es immer noch, das Wimmern des Kleinen.
›Warum tut ihr nichts?‹, habe ich Hohenhausen gefragt. ›Der braucht einen
Arzt.‹ Daraufhin hat der mich mit beiden Händen an den Oberarmen gepackt und
gesagt: ›Du bist leise, du Schlampe. Lässt dir mit sechzehn ein Kind machen.
Hast nichts gelernt. Du bist ein Niemand. Wenn du nicht rausfliegen willst,
halt die Klappe.‹ Dann hat er mich zum Fenster gezerrt. Dort spielten die
Kinder. Auch mein Helmut war dabei. ›Wenn du nicht die Klappe hältst, wimmert
dein Balg als Nächstes‹, hat er gedroht.«
    »Und? Sie haben vor Angst geschwiegen?«
    Sie kramte aus der Tasche ihrer abgenutzten Hose ein
Papiertaschentuch hervor und tupfte sich die Augenwinkel. »Ich habe beim Arzt
angerufen.«
    »Bei welchem?«, fragte Große Jäger.
    »Bei dem, der immer gekommen ist. Beim Pferdekamp. Ich habe erzählt,
was passiert ist und dass ein Kind Hilfe benötigt.«
    »Was hat der Arzt geantwortet?«
    »Er hat mir nicht geglaubt. Er hat gesagt, ich soll meinen Namen
nennen und niemanden denju… denju…«
    »Denunzieren«, half Große Jäger nach.
    »Das hat er gesagt.«
    »Haben Sie anonym angerufen?«
    Sie nickte vorsichtig. »Ich hatte doch furchtbare Angst wegen meinem
Helmut.« Sie war die Zweite, bei der am heutigen Morgen die Tränen flossen.
    »Warum hat Dr. Pferdekamp später die Husumer Rechtsanwälte
bemüht, die Ihnen die Unterlassungserklärung abgenötigt haben?«
    »Weil ich erzählt habe, dass der kleine Junge noch leben würde, wenn
der Arzt sich darum gekümmert hätte. Aber der war doch schuld. Warum ist er
nicht gleich ins Heim gefahren? Der hätte ihn noch ins Krankenhaus einweisen
können.«
    Beide Beamten hatten mitbekommen, was Hildegard Szymanik in einem
Nebensatz angemerkt hatte. Große Jäger beugte sich vor. »Frau Szymanik«, sagte
er behutsam. »Sie sagten eben, Günter Steppujat hätte noch leben können. Was
wissen Sie über das Schicksal des Jungen?«
    »Das war nur so dahergesagt. Ich habe es immer gefühlt, dass da
etwas Schlimmes passiert sein muss. Ich habe später einmal durch Zufall gehört,
wie Hohenhausen zu Schierling sagte, dass sie Josefa Wendelstein zu ewigem Dank
verpflichtet wären. Ohne die alte Hexe wären sie nicht aus der Affäre
herausgekommen. ›Das wird uns einiges kosten‹, hat Hohenhausen gesagt.«
    »Das haben Sie wörtlich gehört?«
    Hildegard Szymanik nickte.
    »Haben Sie jemals mit Ihrem Sohn

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