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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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ließ sie nicht zu Wort kommen. »Siehst du, wie schnell sie gekommen sind, Ceyla? Wenigstens dieses Mal gehorchen sie mir, selbst wenn ich nur der harmlose Sprössling des wahren Kaisers bin, der Sohn Torsunts.« Der Krug entglitt seinen Fingern und krachte in eine der Pfannen herab. Ein Schwall öligen Sudes schwappte über den Rand und lief über die nackten Füße des Kaisers. »Tretet näher«, befahl Akendor, »kommt und bedient Euch an meiner Tafel! Es ist genug übrig geblieben für alle!«
    Binhipar tat einen Schritt auf den Kaiser zu. Er vermied es, Akendor anzusehen. Stattdessen behielt er Garalac im Auge. »Ich erwartete Euch inmitten eines Festes anzutreffen, Majestät. Wo sind Eure Gäste geblieben?« Akendor stieß ein Kichern aus. »Auf dem Heimweg, Fürst Binhipar, zurück in die Dörfer und Burgen, von denen Ihr sie zusammengeklaubt habt!« Er trat gegen eine der Schüsseln, sodass sie mit einem Satz von der Tafel sprang und ihr Inhalt sich mit einem schmatzenden Laut über den Boden ergoss. »Ich habe den Hofstaat aufgelöst.«
    »Ihr habt … was?«, entfuhr es Scorutar.
    Akendor lachte erneut auf. »Ja, Fürst Scorutar; aufgelöst mit sofortiger Wirkung. Bis zum Sonnenaufgang müssen sie den Palast verlassen haben.«
    »Aber weshalb, mein Kaiser?«, rief Scorutar irritiert. »Wisst Ihr nicht, welch unerhörte Beleidigung dies für die Väter der jungen Adeligen bedeutet? Sie werden es als bewusste Zurückweisung, als Entzug der kaiserlichen Gunst deuten.«
    Ein Grinsen huschte über Akendors Gesicht. »Sollen sie doch! Ich habe keine Zeit mehr für diese Speichellecker; ich habe Wichtigeres zu tun.« Er sprang von der Tafel und schritt auf die Fürsten zu. Seine Füße ließen eine schlierige Spur auf dem Steinfußboden zurück. »Bedient Euch«, forderte er die Fürsten ein zweites Mal auf. »Es wird so bald kein Fest, kein verschwenderisches Gelage mehr geben. Angesichts der Schatten, die sich über Sithar zusammenbrauen, werde ich mich ab sofort den Staatsgeschäften widmen. Ich habe sie lange genug vernachlässigt - denkt Ihr nicht, Fürst Binhipar?« Er baute sich vor dem Fürsten von Palidon auf, der ihn um fast einen Kopf überragte.
    Binhipar blickte kalt zu ihm herab. »Was soll das bedeuten, mein Kaiser?«
    »Habe ich mich unklar ausgedrückt?«, schrie Akendor. »Ab sofort wünsche ich über alle Angelegenheiten des Kaiserreiches in Kenntnis gesetzt zu werden; über den Empfang der Gesandten und Kaufleute, über die Zusammensetzung des Heeres, über das Steuer- und Urkundenwesen, über die Besoldung und Belehnung der Ritter, über die Bestellung der Flotte, die Verwaltung der Kontore, die Tätigkeiten der Schreibstuben des Südbundes und des Silbernen Kreises - über alles!« Er wandte sich Scorutar zu, der mit versteinerter Miene seinen Worten folgte. »Oder gibt es irgendwelche Einwände?«
    Scorutar setzte ein dünnes Lächeln auf. »Mit Verlaub, Majestät, Ihr habt Euch jahrelang von den Staatsgeschäften fern gehalten. Ihr kennt nicht die schwierigen Prozesse und Prozeduren, die gesetzlichen Bestimmungen, die zum Führen des Staates erforderlich sind. Es würde viele Kalender brauchen, um Euch in all diese Dinge einzuweisen … Zeit, die wir nicht haben!«
    »Bestimmungen lassen sich ändern«, zischte Akendor, »und Ihr werdet mich in die geheimnisvollen Prozesse und Prozeduren einweihen, von denen Ihr sprecht!«
    »Nehmt doch Vernunft an!«, stieß Scorutar hervor. »Sithar steht kurz vor einem entscheidenden Krieg. Es ist nicht die Zeit für Lehrstunden! So bringt Ihr das gesamte Reich in Gefahr - und Euch in besonderer Weise.« Akendor starrte ihn ungläubig an. »Ihr wagt es noch immer, mir zu drohen?« Seine Stimme überschlug sich. »Genügt es nicht, dass Ihr Eure Schwester schickt, um Euer Gift zu versprühen?« Er trat auf den Fürsten zu, bis ihre Gesichter sich beinahe berührten.
    Verunsichert wich Scorutar vor dem Kaiser zurück. »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    »Ihr lügt«, spie Akendor aus, »Ihr lügt, lügt, lügt!« Er wandte sich ab und trat zu Ceyla, die noch immer auf der Tafel kauerte. »Ihr habt Eure Schwester ausgesandt, um Ceyla einzuschüchtern und mir zu drohen! Wie konntet Ihr es wagen!« Er packte Ceylas Hand und zog sie von der Tafel herab. Sie klammerte sich verängstigt an ihn. »Hört mir gut zu, Scorutar«, schrie Akendor. »Falls Tundia Suant sich noch ein einziges Mal in ihre Nähe wagt, werde ich sie vom Hof verbannen. Und jede

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