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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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zitternden Fingern über Ceylas Brüste. Sie wagte nicht, sich zu rühren. »Als ich gerade zwei Tage auf dem Thron saß, kam Binhipar zu mir und verlangte, ihm die Regierungsgeschäfte zu übertragen. Er stand vor mir, starrte mich an; du kennst seine donnernde Stimme, die einen zittern lässt. Fünfzehn Jahre war ich, Ceyla, ohne jede Erfahrung - ich konnte nicht widersprechen. Und als er mich zwang, den Silbernen Kreis einzuberufen - statt zweimal, wie es unter meinem Vater üblich gewesen war, nun achtmal im Jahr -, ließ ich es zu aus Angst vor seinen Blicken.«
    Ceyla schlug die Augen nieder. Dann schlang sie ihre Arme um Akendors Hals. »Küsst mich«, bat sie leise. In ihrer Stimme klang Furcht.
    Akendor starrte sie an. »Doch als er mir mein Kind wegnehmen wollte, Uliman, meinen eigenen Sohn - das ließ ich nicht zu! Er verlangte vor mir, Uliman zur Ausbildung nach Nandar zu schicken, der Hauptstadt seines Fürstentums. Dort sollte Uliman sieben Jahre als Knappe dienen, ebenso wie mein Vater einst Knappe am Hof der Nihirdi war.« Er lächelte. »Ich wusste, dass Binhipar alles versuchen würde, um Uliman zu verderben; dass er ihn so lange quälen würde, bis er mich, den eigenen Vater, hassen würde. Binhipar wollte aus ihm das machen, was ich ihm nie sein konnte - ein neuer Torsunt, ein Kaiser nach seinem Gefallen! Aber das ließ ich nicht zu! Ich habe dafür gesorgt, dass weder die Nihirdi noch die Suant meinen Sohn in ihre Krallen bekommen, und ebenso wenig die Lomis oder die Fhonsa. Ich habe ihn nach Troublinien bringen lassen, wo die Fürsten keine Macht über ihn besitzen. Und nicht als Ritter wird er zurückkehren, sondern als ausgebildeter Kaufmann.« Akendor lachte auf. »Du hättest ihre Blicke sehen sollen, als ich meine Entscheidung im Thronrat verkündete. Der Thronfolger lässt sich in einer abtrünnigen Provinz zum Krämer ausbilden! Sie nannten es eine Schande für Sithar und eine Gefahr für die Sicherheit des Reiches. Aber sie konnten nichts dagegen tun - gar nichts!« Er nahm Ceylas Hand und presste sie an seine Wange. »Natürlich zahlten sie es mir heim in den Wochen danach. Sie ignorierten und übergingen mich. Aber es war mir gleich. Glaube mir, ich würde dieselbe Entscheidung wieder treffen - das schwöre ich, bei Tathril!«
    »Warum küsst Ihr mich nicht?«, fragte Ceyla. In ihren Augen glänzten Tränen. »Und warum redet Ihr von all diesen Dingen? Ich will sie nicht hören!«
    Akendor packte sie grob im Nacken. »Du wirst mir zuhören, Ceyla!«, fauchte er. »Jedes Wort, jede Silbe musst du dir einprägen. Denn falls ich dich jemals …«Er stockte. Sein Gesicht lag nun fast auf ihrem, sie spürte seinen Atem auf den Lippen, und ihr Nacken schmerzte unter seinem brutalen Griff. »Ich will, dass du ihre Falschheit kennst und ihre Bösartigkeit. Vor Binhipar musst du dich in Acht nehmen, und auch vor Scorutar Suant. Vor ihm warnte mich schon mein Vater. Ich erinnere mich an eine Unterredung im Thronsaal … ich war fünf Jahre alt, ein Kind noch. Ich saß auf dem Schoß meines Vaters, während er mit Fürst Scorutar sprach; ich erinnere mich, wie sie miteinander stritten und sich anschrieen. Plötzlich packte mich mein Vater, riss mir den Kopf zurück, sodass mir schwarz vor Augen wurde. ›Sieh ihn dir an, mein Sohn!‹, schrie er mir ins Ohr, ›und merke dir sein Gesicht - präge es dir ein! Ihm darfst du niemals trauen, hörst du?‹« Akendor lockerte seinen Griff; sein Arm sank auf Ceylas Schulter herab. »Und alles, was ich durch das Flimmern vor meinen Augen hindurch erkennen konnte, war dieser rote Mund, Scorutars böses Lächeln. Immer wieder denke ich daran.«
    Ceyla weinte. Sie versuchte Akendor fort zu stoßen. Er sank auf sie herab, umklammerte ihre Handgelenke. »Dich werden sie mir nicht fortnehmen, Ceyla! Einmal schon haben sie mir meine Liebe genommen, diese Mörder. Doch dieses Mal werden sie verlieren! Um dich werde ich kämpfen. Dieses Mal …«, er drang in sie ein. Ceyla schloss die Augen. Nichts sehen. Nichts spüren. Ihr Herz raste, und sie wusste nicht, war es Verlangen oder Ekel, das ihr die Kehle zuschnürte bis zur Benommenheit.
    »Tretet ein, Baniter! Wir haben Euch schon erwartet«, rief Fürst Arkon überschwänglich durch den Saal. Sein dunkles Gesicht strahlte vor falscher Freude, während ein Diener den Gast zu ihm führte.
    Neugierig ließ Baniter Geneder seine Augen umherschweifen, als er dem Diener folgte. Es war das erste Mal, dass Arkon Fhonsa

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