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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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bin Euch gefolgt, um den Scaduif zu töten, nicht um Eure Rachepläne zu unterstützen! Nehmt Vernunft an, Duane, sonst gefährdet Ihr die Zukunft des Rochenlandes und die Zukunft ganz Kathygas.« Sie gab keine Antwort. Doch das Funkeln ihrer Augen verriet grimmige Entschlossenheit. Periston erkannte, dass er sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte, und so gab er schließlich auf. »Nun gut, lasst uns die Angelegenheit zu Ende führen. Ich hoffe, Ihr wisst, wofür Ihr Euer Leben riskiert.«
    Finsternis herrschte über dem Arkwald. Die Walddecke verschloss sich dem Mondschein; und wo dennoch ein dünner Himmelsstreifen durch die Zweige zu erkennen war, da war er nicht mehr als ein schwarzblauer, glanzloser Strich inmitten der Schatten. Wer sich zu dieser Zeit im Arkwald aufhielt, musste sich auf sein Gehör verlassen, und dieses konnte leicht in die Irre geführt werden, wenn das Bersten der morschen Äste, das Schlürfen des auskühlenden Schlicks und das Rascheln und Schreien und Flattern der Nachtvögel sich mit Augenblicken unheilvoller Stille abwechselten.
    Tief im überwachsenen Strauchwerk warteten Cercinors Gefährten auf den Anbruch des Morgens. Sie vermochten kein Auge zu schließen. Seit Tagen verharrten sie hier und beobachteten die Goldei. Jeder Tag vergrößerte ihre Furcht. Denn die Echsen, die noch immer bei den Ilmora-Steinen lagerten, waren unheimlicher als alles, was sie bisher gesehen hatten. Seit Cercinors Angriff hatten sie sich nicht von den Ilmora-Steinen fortbewegt. Wenn man den Worten der Späher glaubte, hatten sie die Steine und das sie umgebende Erdreich von Sträuchern und Gestrüpp befreit, um auf der so entstandenen Lichtung in eine Starre zu verfallen. Wie versteinert standen sie inmitten des Steinkreises, aßen nicht, tranken nicht und schliefen nicht. Alle Versuche der Rochenländer, sie durch gezielte Attacken zu provozieren, in den Wald zu locken und dann aus dem Hinterhalt zu erledigen, waren gescheitert. Die Goldei verteidigten sich gegen jede unmittelbare Bedrohung, doch niemals verfolgten sie die Rochenländer. Sie blieben bei den Steinen von Ilmora und verharrten in ihrer Erstarrung.
    Während die Belagerer in der Finsternis hockten und sich die Angst in ihren Köpfen zu unheilvollen Bildern verdichtete, floss viele Meilen von ihnen entfernt der Arkensprung. Ruhig und gleichmäßig suchte das Wasser seinen Weg nach Norden, entfernte sich langsam vom mächtigen Rochengebirge, dem es entsprang. Über dem Fluss war die Walddecke durchlässiger. Der Glanz des Mondes erhellte das dahinrauschende Wasser, das zugewachsene Ufer und den Pfad, der sich neben dem Fluss entlang schlängelte.
    Ein Licht war zu sehen, der Schein einer Öllampe. Gestalten hasteten auf dem Pfad flussaufwärts, dem Rochen entgegen: die Zauberin Naikaya und ihre Begleiter, zwei Logenkrieger der Malkuda. Sie waren in großer Eile. Immer wieder blickte sich Naikaya um, suchte den Waldrand ab, über den der Lichtschein der Öllampe strich. Die Sträucher starrten ihr kalt und bösartig entgegen, als wären sie erzürnt, aus dem nächtlichen Schlaf gerissen worden zu sein.
    In Naikayas Armen ruhte Laghanos. Seine Augen waren geschlossen, seine Arme lagen schlaff um ihren Hals. Obwohl er für sein Alter recht schmächtig war, vermochte Naikaya ihn nur mit Mühe zu tragen. Doch sie wagte nicht, den ruhig atmenden Körper einem der Krieger zu übergeben; sie fürchtete, dass der Junge dann erwachen, schreien, panisch um sich schlagen würde. Kurz nach ihrem Aufbruch hatte sie Laghanos für einen Augenblick abgesetzt, und sofort war er in einen Weinkrampf ausgebrochen. »Sie sind hier«, hatte er gebrüllt, »sie wissen, wo ich bin … sie wissen es …« Erst als sie ihn wieder auf den Arm genommen hatte, hatte er sich beruhigt. Nervös schob Naikaya den Körper des Jungen ein wenig höher, um das Gewicht von dem einen Arm auf den anderen zu verlagern. Sie versuchte, mit ihren Begleitern Schritt zu halten, achtete nicht auf den Schmerz in ihren Fersen, das Stechen in ihrer Lunge. Die Angst vor den Goldei beflügelte ihre Schritte. Nachdenklich betrachtete Eidrom von Crusco das Schwert in seinen Händen. Immer wieder hielt er es gegen das Licht der hellen Kandelaber, und seine Finger fuhren ehrfürchtig über den glitzernden Stahl. Sie hielten erst an der Stelle der Klinge inne, die sein Gesicht widerspiegelte. Zufrieden betrachtete er die schlanken Wangen, den dichten, grauen Bart, das noch immer volle Haar; und

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