Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Schwarze lächelte. „Ich nicht, aber dafür mein alter Freund Hoggi. Wenn du erlaubst…?“
Lexia nickte und nun öffnete der weiße Drache seinen Geist. Victoria hielt den Atem an. Sie hatte nicht die blasseste Ahnung, was jetzt kommen würde, spürte jedoch, dass diese Erinnerungen für Hoggi sehr persönlich waren und er sie lieber für sich behalten hätte.
Victoria sah in seinem Geist eine Lichtung im Wald. Sie war ins goldene Licht der untergehenden Abendsonne getaucht als ein junger, gutaussehender Mann erschien. Victoria bemerkte, dass dies kein gewöhnlicher Mensch sein konnte, sondern ein Drache sein musste. Außerdem erkannte sie an seiner Kleidung, dass die Erinnerung ihres Mentors schon etliche Jahrhunderte zurückliegen musste – vielleicht sogar tausend Jahre oder noch mehr.
Der Mensch kam lächelnd auf Hoggi zu und wollte ihn gerade begrüßen, da landete plötzlich in unmittelbarer Nähe ein goldener Drache und fuhr den Menschen an: „Da bist du ja, Aris! Wieso hast du nicht auf meine Nachricht reagiert? Warum muss ich erst persönlich kommen?!“
Der Mensch schien genervt. „Ich wollte morgen kommen. Ich habe viel zu tun und das duldet keinen Aufschub. Was ist denn so dringend, Tarin?“
Als dieser Name fiel, stockte Lexia der Atem und Victoria spürte, dass ihr der Name Tarin durchaus geläufig war und sie ihrer Artgenossin großen Respekt und Ehrerbietung entgegenbrachte.
Aber Hoggis Erinnerung ging schon weiter. Tarin war wütend. „Tu bloß nicht so unschuldig! Ich weiß genau, was sich zwischen dir und dem Menschenmädchen Sarah entwickelt. Du triffst dich schon seit Monaten heimlich mit ihr und ganz offensichtlich ist da mehr zwischen euch beiden, als dass es nur eine harmlose Liebelei sein kann.“
Aris zuckte unschuldig mit den Schultern und meinte gleichgültig: „Na und? Ja, sie gefällt mir und ich ihr. Vielleicht ist da etwas mehr zwischen uns, aber das ist schließlich nicht verboten, oder? Was soll deine Aufregung?“
„Hast du bei den Lektionen deines Mentors nicht aufgepasst oder willst du mich narren?“ , fauchte die Goldene.
Aris stemmte die Fäuste in seine Seiten und rollte entnervt mit den Augen. „Wenn du mir etwas sagen willst, dann tu es das, Tarin, und rede nicht ständig um den heißen Brei herum!“
„Also gut, du willst es offenbar nicht anders haben!“ , schnaubte sie und fuhr in belehrendem Tonfall fort: „Die ehernen Gesetze besagen, dass du deine wahre Gestalt vor deiner Gefährtin nicht verbergen darfst. Du musst dich dem Menschenmädchen als Drache zeigen und zwar so früh, dass sie wirklich noch die Möglichkeit hat, zu entscheiden, ob sie sich mit dir verbinden will, oder nicht. Bei der Sphäre, Aris! Nur weil diese Gesetze nirgendwo niedergeschrieben sind, ändert das nichts an deren Gültigkeit. Entweder du hast dich Sarah bis zum Sonnenuntergang morgen gezeigt, oder ich werde dafür sorgen, dass du sie nie wiedersiehst!“
Aris seufzte niedergeschlagen und wollte etwas entgegnen, doch bevor er etwas sagen konnte, hatte Tarin sich auch schon kraftvoll vom Boden abgedrückt und verschwand in der Dämmerung.
Hier ließ Hoggi seine Erinnerung abbrechen.
Victoria hätte mit Sicherheit in seinem Geist sehen können, wie es weiterging. Es interessierte sie brennend, warum dieser Aris sich Sarah nicht offenbaren wollte, aber sie spürte, dass Hoggi diese Geschichte nicht preisgeben wollte.
Lexia sah Hoggi mit großen Augen an. „War das eben die goldene Tarin, die während der Torkriege unsere Königin war?“
Der alte Weiße nickte würdevoll. „Ja, das war sie – in jungen Jahren zwar, aber sie war es.“
Die Goldene schüttelte fassungslos ihren Kopf und Victoria konnte sehen, dass sie es als großes Privileg betrachtete, an dieser Erinnerung teilhaben zu dürfen.
Dann machte sich Verwirrung in Lexia breit und sie dachte bei sich: „Auch wir Goldenen haben also in früheren Zeiten von den Gefährten gewusst – ja sogar die Einhaltung der Gesetze, was die Bindungen angeht, überwacht… Wie kommt es bloß, dass heute niemand mehr darüber spricht?!“
Misstrauen schlich sich in Lexias Geist.
Da Jaromir übersetzte, bekam er natürlich jedes Wort mit und leitete diese Informationen gleich an Abrexar weiter.
Der alte schwarze Drache lächelte und erklärte leichthin: „Lexia, ich sehe Erstaunen und Verwunderung in deinen Augen. Du weißt, dass die Torkriege unsere Gesellschaft stark verändert haben. Tarin hat damals alle
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