Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Schadenfreude? … Genugtuung?
Victoria wurde neugierig und schickte ihren Geist aus. Überrascht stellte sie fest, dass sie den Drachen kannte: Es war Krann, der Anführer der Fünfergruppe, der sie vor einer Woche angegriffen hatte. Sie blickte vorsichtig in seine Gedanken und sah, dass Krann nach seiner Rückkehr degradiert worden war. Tylarr hatte dafür gesorgt, dass ihm die Niederlage als persönliches Versagen angekreidet wurde. Seine eigene Aussage wurde mit dem Argument weggewischt, dass die fünf ja schließlich nur gegen drei Schwarze gekämpft hätten, von denen zwei gerade mal erwachsen waren. Sie hätten klar siegen müssen. Von einem jungen Schwarzen, der ungewöhnlich stark war, wollte keiner der Vorgesetzten etwas hören. Nun lachte Krann äußerst zufrieden in sich hinein und dachte bei sich: „Tja Tylarr, dann sieh man zu, wie du den jungen Schwarzen besiegst… Ich wette, es wird dir nicht gelingen!"
Zu ihrer Verwunderung entdeckte Victoria, dass Krann für Jaromir ein gewisses Maß an Respekt empfand. Ganz im Gegensatz zu Tylarr, den er einfach nur verachtete und dem er seine missliche Lage aus tiefster Seele gönnte.
Plötzlich änderte Jaromir seine Strategie und Victoria wandte sich wieder der Kraftprobe zu. Tylarr war nun wirklich am Ende seiner Kräfte. Er hatte nicht einmal mehr Kapazitäten frei, um sich hinterhältige Tricks zu überlegen. Nein, der Rote konzentrierte sich krampfhaft auf seinen kleinen Übungsschild. Jaromir hatte Tylarr genug Zeit gelassen, von sich aus aufzugeben, doch dieser hatte die Chance nicht genutzt und würde sie auch nicht nutzen, so viel war klar.
Kurz bevor Jaromir das Kräftemessen beenden konnte und erneut den Druck auf seinen Schild erhöhte, mischte sich Lexia ein: „Vielen Dank für eure Demonstration, Tylarr und Jaromir! Ich denke, wir alle haben genug gesehen, um bestätigen zu können, dass Jaromir für einen jungen Schwarzen über ungewöhnlich starke Kräfte verfügt.“
Die umstehenden Drachen bekundeten ihre Zustimmung.
Lexia lächelte würdevoll und dachte bei sich: „Und außerdem nützt es mir gar nichts, wenn der Schwarze Tylarr vernichtend schlägt. Der rote Narr ist viel zu stolz, um aufzugeben. Dabei hält er keine weitere Minute durch und das kann auch jeder hier sehen… Was für ein aufgeblasener Idiot… Aber was soll’s. Ein verletzter Anführer hilft mir nicht weiter – auch wenn dieses arroganten Subjekt einen saftigen Denkzettel mehr als verdient hätte.“
Dann straffte sich die Goldene und verkündete: „Abbruch der Probe auf mein Zeichen: Drei, zwei, eins!“
Tylarr war völlig fertig und ließ seinen Schild kollabieren, sobald das gefahrlos möglich war. Er atmete schwer und nur sein angekratzter Stolz sorgte dafür, dass er nicht auf der Stelle zusammenbrach.
Jaromir ging zurück zu Hoggi und ließ Victoria wieder bei sich aufsteigen.
Abrexar wandte sich an Lexia: „Du bist jetzt über alles informiert, Abgesandte des Großen Rates. Was gedenkst du nun zu tun?“
Genau vor dieser Frage hatte sich Lexia seit dem Beginn ihres Gesprächs zunehmend gefürchtet, das konnte Victoria genau sehen. „Normalerweise würde ich kurz durch die Nebel zum Großen Rat springen, ihnen den Fall vorstellen und um neue Anweisungen bitten – die Tragweite des Ganzen war schließlich bei der Auftragserteilung in keiner Weise abzusehen… Aber das kann ich jetzt einfach nicht tun! Tylarr ist kaum zu bändigen. Sobald er wieder halbwegs normal atmet, wird er in meiner Abwesenheit alles tun, um den Kampf erneut zu entfachen und Abrexar und seine Leute zu töten. Darauf hatte er es schon von Anfang an abgesehen. Nein, das geht nicht! Ich muss hierbleiben und selbst eine Entscheidung fällen. Verdammter Mist!“
Lexia sah Abrexar würdevoll an und sendete dann für alle deutlich vernehmbar: „Es ist offensichtlich, dass Jaromirs Handeln vom Großen Rat aufgrund mangelnder Informationen nicht richtig beurteilt werden konnte. Jetzt liegen mir diese Informationen vor, also wird der Fall selbstverständlich neu bewertet.“
Victorias Herz pochte vor Aufregung und auch Jaromir war angespannt, als die Goldene ernst fortfuhr: „Ja, es trifft zu: Jaromir hat einem Menschenmädchen seine wahre Gestalt offenbart und ihr von unserer Kultur erzählt. Und ja, er hat sie sogar in der Kunst der Magie unterrichtet. Und ja, diese Taten verstoßen eindeutig gegen geltende Gesetze der Drachen.“
Tylarr schnaufte noch immer ganz ordentlich, aber er
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