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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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aber der Südturm sendete sein rotes Licht über den Hof.
    Joakim betrat die Scheune, der Wind drückte gegen seinen Rücken, als wolle er ihm folgen. Mit großer Mühe schob er das Tor hinter sich zu und schaltete das Licht an.
    Die Glühlampen hingen wie schwache gelbe Sonnen in dem weiten schwarzen Raum. Sie reichten nicht aus, um die dunklen Schatten vor den Steinmauern zu verscheuchen.
    Durch das Dach war das Heulen des Windes zu hören, aber die Balken bewegten sich nicht. Dieses Gebäude hatte schon so viele Stürme überstanden.
    Auf dem Heuboden war die Wand mit Katrines Namen und denen der vielen anderen Toten. Aber auch an diesem Abend stieg er nicht die Leiter hinauf, sondern ging an den Futtertrögen vorbei, an denen das Vieh jeden Winter gestanden hatte.
    Joakim ließ sich auf die Knie sinken und legte sich auf den Bauch. Dann schob er sich vorsichtig durch die schmale Öffnung unter den Holzbrettern der Wand. In der einen Hand die Taschenlampe, in der anderen Katrines Geschenk.
    Hinter der falschen Wand richtete er sich auf und schaltete die Taschenlampe ein. Ihr Lichtstrahl war ziemlich schwach, und sie würde bald neue Batterien benötigen, aber immerhin konnte er die Sprossen der Leiter erkennen, die hinauf in die Dunkelheit führte.
    Es war kein Laut zu hören.
    Jetzt stand er vor der Entscheidung, stehen zu bleiben oder zu klettern. Er zögerte. Einen Augenblick lang durchschoss ihn der Gedanke, dass ein Sturm aufzog und Livia und Gabriel allein im Haus waren.
    Dann hob er seinen rechten Fuß und stellte den Stiefel auf die unterste Sprosse der Leiter.
    Joakims Mund war trocken, und sein Herz schlug ihm bis zum Hals, aber seine erwartungsvolle Vorfreude war größer als seine Angst. Mit jeder Sprosse kam er der schwarzen Luke näher. Er wollte an keinem anderen Ort der Welt sein.
    Katrine war in der Nähe, das spürte er.

WINTER 1962
    Markus kam zurück und wollte mich auch sehr gerne wiedersehen, allerdings nicht auf Åludden. Ich musste nach Borgholm fahren und ihn in einer Konditorei treffen.
    Torun, die mittlerweile kaum Tag und Nacht voneinander unterscheiden konnte, bat mich, auf dem Rückweg Kartoffeln und Mehl zu kaufen. Mehl und Knollenfrüchte, daraus bestand unsere Nahrung.
    Es wurde eine letzte Begegnung in einer grauen Stadt, die auf den Winter wartete, obwohl es schon Anfang Dezember war.
    Mirja Rambe
    Die Temperatur liegt um den Gefrierpunkt, aber es gibt keinen Schnee in Borgholm. Ich trage meinen alten Wintermantel und fühle mich auf den geraden Straßen der Stadt wie das Landei, das ich ja bin.
    Markus ist auf die Insel zurückgekehrt, um seine Eltern zu besuchen und um mich zu sehen. Er hat Heimaturlaub von seinem Regiment in Eksjö und trägt eine graue Uniform mit eleganter Bügelfalte.
    Die Konditorei, in der wir uns verabredet haben, ist gut besucht von ehrbaren Damen, die mich kritisch beäugen, als ich aus der Kälte hereingestolpert komme. Die Konditoreien in den schwedischen Kleinstädten sind keine Orte für junge Menschen, noch nicht.
    »Hallo, Mirja.«
    Markus steht wohlerzogen auf, als ich an seinen Tisch komme.
    »Hallo«, erwidere ich.
    Er umarmt mich etwas steif, und ich bemerke sofort, dass er mittlerweile Rasierwasser benutzt.
    Wir haben uns seit Monaten nicht mehr gesehen, und die Stimmung ist am Anfang ziemlich verkrampft. Aber dann beginnen wir allmählich, uns zu unterhalten. Ich habe nicht so viele Neuigkeiten von Åludden zu erzählen, daher stelle ich Fragen über sein Soldatenleben. Ob er in einem Zelt schlafe, das so aussieht wie unseres auf dem Heuboden. Das habe er tatsächlich, auf Übungen. Seine Kompanie sei ganz oben in Norrland gewesen, erzählt er, dort hätten sie bei minus dreißig Grad gehaust. Um die Wärme im Zelt zu bewahren, hätten sie so viel Schnee auf das Zelt häufen müssen, dass es ausgesehen habe wie ein Iglu.
    Dann entsteht ein peinliches Schweigen zwischen uns.
    »Ich habe mir überlegt, dass wir noch bis zum Frühling so weitermachen können«, schlug ich dann vor. »Wenn du willst. Ich könnte ein bisschen näher zu dir ziehen, nach Kalmar oder so, und wenn du dann aus dem Militär ausscheidest, dann könnten wir doch zusammenziehen …«
    Das sind ungewisse Pläne, Markus lächelt mich an.
    »Bis zum Frühling«, wiederholt er und streichelt meine Wange. Sein Grinsen wird breiter, und er flüstert mir zu: »Hast du Lust, dir die Wohnung meiner Eltern anzusehen, Mirja? Das ist gleich um die Ecke. Sie sind nicht zu Hause,

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