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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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den Schnee aus den Augen und sah sich um. Der Geist seines Großvaters war verschwunden, aber in der Ferne sah er einen Scheinwerfer, der rhythmisch über den Nachthimmel schwenkte. Sein blutrotes Licht brachte den Schneeschleier über ihm zum Funkeln.
    Ein Stück weiter meinte er ein weiteres Licht zu sehen. Einen gleichmäßigen weißen Lichtstrahl.
    Das waren die Lichter der Doppeltürme von Åludden.
    Henrik hatte sich im Dämmerzustand Meter für Meter vorangekämpft und sein Ziel endlich erreicht.
    Seine Jeans war vollkommen durchnässt; das Meer hatte ihn geweckt. Die Sturmwellen hatten eine solche Höhe erreicht, dass sie donnernd auf dem Strand brachen und ihr Schaum bis zu seinen Füßen gespült wurde, obwohl er oben im Gras lag.
    Mühsam richtete er sich auf. Seine Hände waren taub, seine Füße auch, aber er konnte sich bewegen. Die wenige Kraft in seinen zitternden Beinen nutzte er, um sich mit hängenden Armen weiterzuschleppen.
    Ein längliches Stück Holz drückte ihn unter seiner Jacke, und am Hals fühlte er eiskalten Stahl. Er wusste sofort, dass es die Axt seines Großvaters war, die er spürte. Aber er hatte vergessen, warum er sie dabeihatte. Dann fielen ihm die Brüder Serelius wieder ein. Er zog die Axt aus seiner Jacke und lief weiter.
    Zwei graue Türme nahmen vor ihm Gestalt an. Das Meer zu ihren Füßen tobte und schleuderte ab und zu glitzernde Eisklumpen gegen die Leuchttürme.
    Endlich hatte Henrik Åludden erreicht. Er blieb stehen und schwankte im Wind hin und her. Und was sollte er als Nächstes tun?
    Sein Ziel war der Hof, der müsste sich irgendwo links von ihm befinden.
    Mit dem Wind im Rücken ließ er die Leuchttürme hinter sich, auf einmal fiel ihm das Laufen viel leichter. Der Wind schob und schubste ihn vorwärts, weiter über den Harsch, der auf den Strandwiesen lag. Ihm war mittlerweile die Abfolge der Windstöße vertraut geworden, den sanfteren folgten kräftigere Böen.
    Nach etwa hundert oder zweihundert Metern tauchten große, breite Umrisse vor ihm auf. Plötzlich versperrte ihm ein Holzzaun den Weg, aber er fand eine Öffnung und ging weiter. Dahinter erhoben sich die Gebäude von Åludden wie Schiffe in der Nacht.
    Geschafft!
    Der Hof umarmte ihn mit seiner Dunkelheit. Er war in Sicherheit.
    Im Vergleich zu der Wanderung am Meer entlang fühlte sich der Wind im Innenhof an wie eine Liebkosung. Allerdings lag dort wesentlich mehr Schnee zwischen den Gebäuden. Wie Puder wirbelte er von den Dächern und schmolz auf seinem Gesicht. Die Schneewehen, durch die er sich kämpfen musste, waren fast hüfthoch.
    Schemenhaft erkannte er die Veranda des Haupthauses durch den dichten Schneefall und stapfte mühsam darauf zu. Er blieb an der untersten Stufe der Treppe stehen und verschnaufte. Sofortbemerkte er, dass die Tür aufgebrochen war, Schloss und
    Türrahmen waren beschädigt.
    Die Brüder Serelius waren vor ihm da gewesen.
    Henrik war zu durchgefroren, um Vorsicht walten zu lassen; er stolperte die Treppe hoch, drückte die Tür auf und stürzte der Länge nach auf einen weichen Teppich. Hinter ihm schlug die Tür wieder zu.
    Wärme. Den Sturm hatte er draußen gelassen, jetzt konnte er seinen eigenen keuchenden Atem hören.
    Er ließ die Axt los und versuchte, vorsichtig seine Finger zu bewegen. Zuerst fühlten sie sich wie zu Eis gefrorene Krallen an, als jedoch allmählich Wärme und Gefühl in Finger und Zehen zurückkehrten, kamen auch die Schmerzen wieder. Auch die Wunde im Bauch begann erneut zu pochen.
    Müde war er und durchnässt, aber er konnte nicht einfach dort liegen bleiben.
    Langsam erhob er sich und schwankte weiter. Es war zwar dunkel im Haus, aber hier und da brannten kleine gelbe Lampen in einigen der Fensternischen. Die Tapeten waren neu und strahlend weiß, die Decke ausgebessert und gestrichen worden – es hatte sich vieles verändert, seit er das letzte Mal hier gewesen war.
    Plötzlich stand er in der großen Küche. Hier hatte er im Sommer renoviert und den Boden abgeschliffen.
    Ein grauschwarzer Kater saß regungslos auf dem Fensterbrett und starrte nach draußen, in der Luft hing ein schwacher Duft von Fleischklößen.
    Henriks Blick fiel auf den Wasserhahn an der Spüle, und er taumelte darauf zu. Das Wasser war zwar nur lauwarm, brannte aber wie Feuer auf seiner kalten Haut. Er biss die Zähne zusammen vor Schmerzen, konnte aber nach einer Weile die Finger wenigstens wieder bewegen.
    Der Kater hatte ihm den Kopf zugewandt, drehte sich

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