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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Lebens nur noch schlafen, an der Seite von Katrine.

9
    I n dieser Novembernacht regnete es zwar nicht, aber es war kalt, neblig und dunkel. Die einzige Lichtquelle war der bleiche Halbmond hinter den seidendünnen Wolkenschleiern.
    Einbruchswetter.
    Das Haus an der nordwestlichen Steinküste der Insel lag auf der Steilkante, der Landborg, und war erst vor wenigen Jahren von einem Architekten entworfen und gebaut worden. Viel Holz und viel Glas. In Auftrag gegeben von Sommergästen mit zu viel Geld, schätzte Henrik. Er erinnerte sich an den Ausdruck seines Großvaters für die reichen Gäste vom Festland, Stockholmer hatte er sie alle abfällig genannt, unabhängig von ihrer tatsächlichen Herkunft.
    »Hubba bubba«, sagte Tommy und kratzte sich am Hals. »Es geht los.«
    Freddy und Henrik folgten ihm zum Kieshang, der am Fuße der Villa lag. Alle drei trugen Jeans und dunkle Jacken, Tommy und Henrik hatten außerdem noch zwei schwarze Rucksäcke mitgebracht.
    Bevor sie nach Norden aufgebrochen waren, hatten die Brüder Serelius eine weitere Sitzung mit dem Ouija-Brett in Henriks Küche einberufen. Anderthalb Stunden vor Mitternacht hatten sie drei Kerzen angezündet, Tommy hatte das Brett auf dem Küchentisch aufgebaut und das Glas in dessen Mitte gestellt.
    Alle Geräusche verstummten, die Stimmung war angespannt.
    »Ist da jemand?«, fragte Tommy mit dem Finger auf dem Glas.
    Die Frage blieb etwa zehn oder fünfzehn Minuten unbeantwortet in der Luft hängen, dann machte das Glas einen Ruck und setzte sich in Bewegung. Es blieb vor dem »Ja« stehen.
    »Aleister, bist du es?«
    Das Glas rührte sich nicht.
    »Ist es ein guter Abend, Aleister?«, fragte Tommy weiter.
    Das Glas verharrte zunächst vor dem »Ja«, dann setzte es sich wieder in Bewegung zu den einzelnen Buchstaben hin.
    »Schreib auf!«, zischte Tommy Henrik an.
    Henrik schrieb die Buchstaben auf, mit einem kalten und unbehaglichen Gefühl im Magen.
    Å-L-U-D-D…
    Nach einer Weile blieb das Glas in der Mitte des Brettes still stehen. Er sah hinunter auf das Papier und las vor, was dort stand:
    »ÅLUDDEN ÅLUDDEN KUNSTGEGENSTÄNDE ÅLUDDEN EINSAM GEHEN DORTHIN.«
    »Åludden?«, wiederholte Tommy fragend. »Wo zum Teufel ist das denn?«
    Henrik starrte auf das Brett.
    »Ich war da schon mal … das stehen zwei Leuchttürme.«
    »Und da gibt es haufenweise Kunstgegenstände?«
    »Davon hab ich nichts gesehen.«
    Gegen Mitternacht hatten Henrik und die Brüder Serelius ihren Wagen hinter einem Bootshaus abgestellt, etwa fünfhundert Meter von der Villa entfernt. Geduldig warteten sie zwischen den Steinfelsen, bis auch die letzten Lichter in den glänzenden Panoramafenstern des ersten Stockes gelöscht wurden. Danach hielten sie noch eine weitere halbe Stunde die Stellung und warfen sich eine Dosis Kristalle ein, bevor sie sich ihre schwarzen Strumpfmasken überzogen und sich der Villa näherten.
    Henrik war zwar kalt, aber die Kristalle hatten seinen Puls erhöht. Erhöhtes Risiko, hochgradiger Kick. An solchen Abenden dachte er wenig an Camilla.
    Das Prasseln des Kieses, den die Wellen rhythmisch auf denStrand schoben, übertönte ihre Schritte, und sie erklommen nahezu lautlos den steinigen Steilhang.
    Ein Eisenzaun umgab das Grundstück, aber Henrik wusste, wo sich ein unverschlossenes Tor befand. Nach kürzester Zeit standen sie im Schatten der Hauswand.
    Die Schiebetür, die ins Erdgeschoss führte, war aus Glas und mit einem einfachen Riegel versperrt. Henrik holte Hammer und Stemmeisen aus dem Rucksack. Um diese Tür zu öffnen, benötigte er nur einen kurzen harten Schlag.
    Die kleinen Rollen der Tür quietschten ein wenig, als er sie aufschob, aber das Geräusch war nicht lauter als das Rauschen des Windes.
    Keine Alarmanlage.
    Tommy streckte vorsichtig seinen vermummten Kopf durch den Türspalt. Dann drehte er sich zu Henrik um und nickte ihm zu.
    Freddy blieb draußen als Wachposten, während sie das warme Haus betraten. Das Rauschen des Windes verstummte augenblicklich, die Schatten des Hauses umfingen sie.
    Sie befanden sich in einem großen Kellerraum mit gestrichenem Betonfußboden, in dessen Mitte ein großer Tisch stand, ein Billardtisch. Hier würden sie bestimmt fündig werden.
    Wie ein Soldat einer Spezialeinheit befahl Tommy mit einer knappen Handbewegung, dass sie sich aufteilen sollten. Henrik nickte und wandte sich nach links. An der Längsseite des Raumes stand ein kleiner Bartresen, auf dem eine Batterie von etwa zehn

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