Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
an?«
    »Niemand behauptet, dass es Selbstmord war«, erwiderte Holmblad. »Aber es liegt, wie schon gesagt, kein Verdacht auf ein Verbrechen vor. Wenn sie zum Beispiel ein paar Gläser Wein zum Mittagessen hatte und auf den rutschigen Steinen …«
    »Sehen Sie hier irgendwo Wein oder anderen Alkohol?«, unterbrach ihn Westin ärgerlich.
    Tilda sah sich um. In der Küche war tatsächlich keine einzige Weinflasche zu entdecken.
    »Katrine war totale Abstinenzlerin«, erklärte Westin. »Sie trank überhaupt keinen Alkohol. Das hätten Sie mit einer Blutprobe feststellen können.«
    »Ja, aber …«
    »Auch ich trinke nicht. Wir haben überhaupt keinen Tropfen Alkohol im Haus.«
    »Darf man fragen, warum?«, sagte Holmblad. »Sind Sie religiös?«
    Joakim sah ihn an, als wäre allein die Frage eine Unverschämtheit. Das war sie vielleicht sogar auch, dachte Tilda.
    »Wir haben mitansehen müssen, was Alkohol und Drogen anrichten können«, antwortete er schließlich. »Wir wollen das nicht in unserem Haus haben.«
    »Ich verstehe«, nickte Holmblad.
    Es wurde still in der großen Küche. Tilda sah aus dem Fenster hinunter zu den Leuchttürmen und auf das Meer. Sie musste an Gerlof und seine beharrliche Neugierde denken.
    »HatteIhreFrauirgendwelcheFeinde?«, fragtesieunvermittelt.
    In den Augenwinkeln spürte sie, dass Holmblad sie ansah, als wäre sie plötzlich aus dem Nichts in der Küche aufgetaucht.
    Auch Joakim Westin schien von der Frage überrascht zu sein, aber er war nicht ärgerlich, nur erstaunt.
    »Nein«, sagte er. »Keiner von uns hatte Feinde.«
    Tilda hatte den Eindruck, dass er zögerte, so als hätte er doch noch etwas hinzuzufügen.
    »Sie wurde also von niemandem auf der Insel bedroht?«
    Westin schüttelte den Kopf.
    »Soweit ich weiß nicht, nein … Katrine hat die letzten Monate ja allein auf dem Hof gelebt. Ich bin nur an den Wochenenden aus Stockholm gekommen. Aber sie hat auch nichts in dieser Richtung erzählt.«
    »Sie hat sich also vor ihrem Tod nicht auffällig verhalten?«
    »Nicht besonders, nein«, sagte Joakim Westin und starrte in seinen Kaffeebecher. »Ein bisschen müde und bedrückt vielleicht … Katrine war nicht gerne allein auf dem Hof, während ich in Stockholm gearbeitet habe.«
    Wieder kehrte Stille ein.
    »Dürfte ich mal Ihre Toilette benutzen?«, fragte Tilda.
    Westin nickte.
    »Einfach vorne durch die Diele, im Flur erste Tür rechts.«
    Tilda verließ die Küche, sie kannte den Weg, schließlich war sie nicht zum ersten Mal auf Åludden.
    Der Geruch von frischer Farbe war aus der Diele und dem Flur beinahe verflogen, das Haus wirkte jetzt viel wohnlicher.
    Im Flur, der zu den Schlafzimmern führte, hing ein neues Bild. Es war ein Ölgemälde und stellte eine grauweiße Landschaft dar. Sie sah aus wie Nordöland im Winter. Ein Schneesturm zog über die Insel und verwischte alle Konturen. Tilda hatte die Insel noch nie zuvor so dunkel und düster dargestellt gesehen. Sie verharrte einen Moment vor dem Bild, ehe sie weiter ins Badezimmer ging.
    Das war zwar klein, aber geheizt und vollständig gekachelt, auf einem dicken blauen Teppich stand eine altmodische Badewanne mit gusseisernen Löwenfüßen. Auf dem Weg zurück durch den Flur ging sie an den verschlossenen Türen der Kinderzimmer vorbei. Vor der benachbarten Tür, die einen Spalt offen stand, blieb sie stehen.
    Nur ein kurzer Blick?
    Tilda streckte ihren Kopf durch den Türspalt und sah in einen kleinen Raum mit einem großen Doppelbett. Neben dem Bett befand sich eine niedrige Kommode, darauf ein gerahmtes Bild von Katrine Westin, auf dem sie aus einem Fenster winkte.
    Dann entdeckte Tilda die Kleidungsstücke.
    Etwa ein Dutzend Kleiderbügel mit Frauenkleidern hingen wie Gemälde an den Wänden des Schlafzimmers. Pullover, Hosen, Unterwäsche, Blusen.
    Das Bett war sorgfältig gemacht worden. Auf einem der Kopfkissen lag ein zusammengelegtes weißes Nachthemd – als würde es auf seine Besitzerin warten, damit sie es bei anbrechender Nacht anziehen kann.
    Nachdenklich betrachtete Tilda die sonderbare Kleidersammlung und zog sich dann leise aus dem Zimmer zurück.
    Auf dem Weg in die Küche hörte sie die Stimme des Polizeichefs:
    »Ja gut, dann werden wir wohl alle wieder zu unseren Pflichten zurückkehren müssen.«
    Göte Holmblad hatte seinen Kaffee ausgetrunken und sich bereits vom Tisch erhoben.
    Die Stimmung in der Küche wirkte entspannter. Joakim Westin stand ebenfalls auf und warf Tilda und

Weitere Kostenlose Bücher