Nebeltod auf Norderney
segelten, richtete sich unser Verdacht gegen Sie. Der Täter konnte nicht ahnen, dass sein bombensicherer und teuflischer Plan nicht aufging. Wir werden einen Gentest durchführen, da der Mörder verräterische Spuren hinterließ. Um jeglichen Zweifel auszuschalten, bitten wir Sie und Ihren Schwager um eine Speichelprobe.«
Meyers holte schon ein kleines Plastikkästchen aus der Schreibtischschublade hervor und öffnete es. Er nahm zwei mit einem Stiel versehene Wattebäusche und reichte sie den Seglern.
»Führen Sie die Stäbchen in ihren Mund, benässen Sie die Watte mit Ihrem Speichel und geben Sie sie mir dann wieder zurück«, sagte Meyers.
»Es hat Zeiten gegeben, da war ich bockiger als heute«, sagte Wilbert.
Sein Schwager lachte.
»Bisher habe ich über meine Gene striktes Stillschweigen gewahrt«, meinte er.
»Herr Olchers, wir sind zur Geheimhaltung verpflichtet«, erwiderte der Beamte.
Die Segler taten, wie ihnen geheißen.
»Wo haben Sie Ihr Boot liegen?«, fragte Ailts.
»In Neuharlingersiel«, antwortete Wilbert.
»Kennen Sie Herrn Albert Spatfeld?«, fragte Meyers.
»Nein, wir sind über hundertfünfzig Segler. Seine Bekanntschaft zu machen war mir nicht vergönnt«, antwortete Wilbert und rümpfte die Nase.
Meyers nahm die Wattebäusche an sich, versah die Speichelproben mit einer Nummer, legte sie in eine Schutzfolie und packte sie in das Kästchen.
»Das war’s. Haben Sie besten Dank für Ihre Bereitschaft, uns zu helfen, den Mord aufzuklären«, sagte Ailts.
»Warten Sie das Ergebnis ab, vielleicht sind wir die Mörder«, meinte Olchers und stand auf.
»Dem genetischen Fingerabdruck verdankt die Polizei die Aufklärung vieler Kapitalverbrechen«, sagte Ailts.
»Ich fertige über unser Gespräch ein Gedächtnisprotokoll an«, sagte Meyers.
»Tun Sie das. Bei dem schönen Spätsommerwetter segeln wir heute noch nach Helgoland. Nächste Woche kommt unser Schiff in die Halle«, sagte Wilbert.
»Mast- und Schotbruch«, sagte Meyers und lächelte, als die Segler das Dienstzimmer verließen. Er verpackte die Speichelproben, adressierte sie an das Rechtsmedizinische Institut und brachte sie zur Poststelle. Anschließend fertigte er das Protokoll an.
Das schöne spätsommerliche Wetter hielt an. Die Bäume und Sträucher in Berumbur zeigten die ersten herbstlichen Spuren. Der Wind spielte mit den bunten Blättern.
Albert Spatfeld war von Norderney zurückgekehrt. Er war enttäuscht und verbittert. Noch immer war seine geliebte Frau vom Staatsanwalt Plewnia zur Bestattung nicht freigegeben worden.
Er hatte in Hage auf dem Friedhofsamt vorgesprochen, eine Grabstelle auf dem Samtgemeindefriedhof gepachtet, an der seine geliebte Heide seine Freude gefunden hätte. Die Parzelle befand sich auf der Friedhofserweiterung, die sich von Tannen umgeben weit in das Wiesen- und Weidevorland hinzog.
In Hage mit den kleineren Orten wie Berumbur, Halbemond, Lütetsburg und Blandorf-Wichte hatten die Einwohner von dem schrecklichen Mord erfahren. Sie verfolgten neugierig im »Kurier« die weitere Entwicklung und die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen.
Heide Spatfeld stammte von der benachbarten Insel Baltrum. Die schöne und attraktive Lehrerin hatte in Hage unterrichtet. Sie war den meisten Einwohnern der Samtgemeinde Hage bekannt. Wie die Polizei mitteilte, wäre dem Mörder um ein Haar ein perfekter Mord gelungen, denn nur dem Zufall und der Aufmerksamkeit eines ostfriesischen Kutterkapitäns war es zu verdanken, dass die Leiche der jungen Frau auf dem Grund des Meeres in Küstennähegefunden wurde. Der Täter war vermutlich Eigentümer eines Bootes.
Wie der »Kurier« in seiner letzten Ausgabe berichtet hatte, erhoffte sich die Polizei Hinweise aus der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang fiel einem Amboss eine zentrale Rolle zu. Mit diesem historischen Utensil einer Schmiedewerkstatt, das 1901 in Siegen hergestellt worden war, hatte der Mörder den Leichnam beschwert, um ihn unter Wasser zu halten. Dazu dienten ihm zusätzlich zwölf Granitsteine, die er dem umwickelten Körper der Toten hinzugefügt hatte. Die Polizei wollte von den Lesern erfahren, ob jemand einen solchen Amboss in der letzten Zeit verkauft hatte. Außerdem bat sie die Leser um Meldungen, wenn solch ein Amboss abhanden gekommen war.
Zu den Lesern des »Kuriers« gehörte auch Dr. Lambert, der nicht nur zum Freundeskreis der Spatfelds gehörte, sondern sich auch mit seiner Frau sehr um Kevin und den nachbarlichen
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