Nebeltod auf Norderney
sich die Fahrgäste.
Nach der Mittagspause setzte sich Meyers an die Schreibmaschine und schrieb die Berichte und faxte sie an den Staatsanwalt nach Aurich. Anschließend rief er den Maler an.
»Wie sieht es aus, Herr Spatfeld, begleiten Sie mich zum Clubhaus des Yachtvereins? Ich beabsichtige die Bootsbesitzer nach Ihrer Frau zu befragen. Vielleicht wird der Mörder nervös, wenn wir Aktivitäten zeigen.«
Der Maler schien von dem Plan wenig begeistert zu sein.
»Ich finde Ihre Absicht bemerkenswert, glaube aber an keinen Erfolg«, sagte er mürrisch.
»Aber, Herr Spatfeld, das Letzte, was wir für Ihre Frau noch tun können, ist ihren Mörder zu finden«, sagte Meyers.
»Gut, ich komme mit«, sagte er.
»Treffen wir uns im Yachthafen vor dem Clubhaus in einer halben Stunde«, schlug der Kommissar vor.
Der Maler war einverstanden.
Meyers legte den Hörer auf. Er ging zum Eisenschrank, entnahm ihm ein Foto des Opfers und steckte es in seine Tasche, trat an die Garderobe, zog die Regenjacke an, setzte seine Elbseglermütze auf, verabschiedete sich von Ailts und verließ das Dienstzimmer.
Es war ein trostloser Anblick. Düstere Wolken hingen am Himmel. Die Boote schaukelten im stürmischen Wind. Der Hafen wirkte menschenleer. Auf dem Parkplatz auf der Rückseite des Clubhauses standen die Wagen der Clubmitglieder.
Meyers sah zu, wie Albert Spatfeld seinen Wagen dicht am Deich abstellte und ausstieg. Es war der Mercedes seiner Frau. Es war ein älteres Modell, wie der Beamte sah. Spatfeld trug eine auffällige bunte Seglerjacke mit dem Emblem des Yachtclubs von Neßmersiel. Er hastete die Stufen hoch.
»Scheißwetter!«, sagte er und reichte Meyers die Hand.
»Sie tagen schon«, sagte Meyers. »Kennen Sie Professor Hanken, den pensionierten Meeresforscher? Ein Pfundskerl, er ist Präsident. Er weiß, dass wir kommen.«
Sie betraten das fast neue Backsteingebäude, dessen Räumlichkeitensich der Yachtclub mit dem Café teilte. Die Segler tagten im Gesellschaftszimmer auf der ersten Etage.
Meyers bemerkte, dass Spatfeld sich schwer tat. Er klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
»Sie haben doch auch ein Boot«, sagte der Beamte, »liegt das in Neuharlingersiel?«
»Ich hatte eins in Neßmersiel. Das habe ich verkauft«, antwortete der Maler verlegen.
Sie vernahmen Gesprächsfetzen. Sie stiegen die Treppe hoch, und Meyers näherte sich einer stabilen Doppeltür. Er klopfte an und öffnete den einen Flügel.
Etwa vierzig bis fünfzig zumeist ältere Männer saßen in dem kleinen Sälchen an den Tischen. Eine Kellnerin servierte Tee, eine weitere brachte Butterkuchen.
»Liebe Kameraden, es liegt uns am Herzen, unserem Segelfreund Albert Spatfeld unser tiefes Mitgefühl zum Tode seiner Gattin auszudrücken«, sagte ein großer, kräftiger Mann mit sonnengebräuntem Gesicht und schlohweißer Mähne. »Ihm und seinem Begleiter von der Kripo Norderney gebe ich Gelegenheit, ihr Anliegen vorzutragen.«
Die Anwesenden klopften auf die Tische.
»Herr Hanke, liebe Segelkameraden«, sagte Meyers, »Frau Spatfeld wurde, wie Sie wissen, hier auf der Insel das Opfer eines Verbrechens. Der Zufall half uns, ihren Leichnam zu finden. Der Mörder besitzt ein Boot. Er ist vermutlich Mitglied eines friedlichen Yachtclubs. Ihm wäre beinahe ein perfekter Mord gelungen. Er hat die Leiche von seinem Boot aus im Gewässer vor unserer Küste im Bereich des Osthellers zu Wasser gelassen, verschnürt und mit einem Amboss, dessen Herkunft noch nicht geklärt ist, beschwert. Wir sprechen zu Ihnen, damit Sie uns helfen, durch verschärfte Aufmerksamkeit dem hinterlistigen Täter auf die Spur zu kommen.«
In dem kleinen Saal war es mucksmäuschenstill. Meyers nahm das Foto aus der Tasche und reichte es rund.
Der sonst so umgängliche Künstler sah zu Boden. Dann richtete er sich auf.
»Wir waren glücklich – auch unser Sohn – wir vermissen sie …«, sagte er mit erstickender Stimme.
Clubpräsident Hanke ergriff das Wort. »Liebe Sportsfreunde, noch nie ist an uns solch ein Wunsch herangetragen worden. Wir versprechen, dass wir uns mit all unseren Kräften für die Ergreifung des Mörders einsetzen werden.«
»Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns, wenn Sie einen Verdacht hegen«, sprach Meyers.
Das Foto der toten Heide Spatfeld machte die Runde. Schließlich nahm Meyers das Foto wieder an sich und bedankte sich beim Präsidenten. Auch Albert Spatfeld fand aufgewühlt ein paar Dankesworte. Dann verließen sie den
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