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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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erfahren, denn ihr Sohn hatte sich aus Trotz nicht weiter über sie ausgelassen.
    Maria Spatfeld legte jedem ein Stück Torte auf den Teller.
    »Sie wohnen jetzt bei Ihrem Vater?«, fragte Rudi Spatfeld und grub die Gabel in den Kuchen.
    »Bis zum Abitur. Mein Vater war Arzt. Nach einem angeblichen Kunstfehler geriet er an den Alkohol. Wir wohnten in Neu Isenburg bei Frankfurt. Er zog aus und lebt mit einer Lebensgefährtin zusammen.« Sie hatte ruhig geantwortet und aß von der Torte, als ließe das Gespräch sie ungerührt.
    »Ihr Vater ist Deutscher?«, fragte Frau Spatfeld.
    »Er hat einen deutschen Pass. Geboren ist er in Kroatien«, antwortete sie.
    Sie aßen ihren Kuchen und nippten an den Kaffeetassen.
    »Und Sie besitzen auch die deutsche Staatsangehörigkeit?«, fragte Rudi Spatfeld.
    »Ja, ich bin Deutsche«, antwortete sie freundlich.
    »Möchten Sie noch ein Stückchen Torte, Fräulein Angeniess?«, fragte Maria Spatfeld.
    »Nein danke«, sagte Carmen und legte die Kuchengabel und die Serviette auf ihren Teller.
    »Ihr Vater hat in einem Hospital gearbeitet?«, fragte Rudi Spatfeld.
    »Mein Vater arbeitete in einer angesehenen Klinik. Ihm passierte das Missgeschick, dass er bei einer Notaufnahme einer Schlaganfallpatientin das falsche Medikament injizierte. Dabei war die Rolle der Krankenschwester äußerst nebulös. Der Fall wird neu aufgerollt. Danach wird er sich nach Zagreb bewerben.«
    »Es war sicher nicht einfach nach dem Tode der Mutter, alleine zurechtzukommen«, warf Frau Spatfeld ein und schenkte Kaffee nach.
    »Vor der Scheidung hat Vater die Wohnung Mutter überlassen. Ich habe sie aufgekündigt. Mutter hat mir etwas hinterlassen. Es soll helfen, mein Studium zu finanzieren.«
    »Carmen, sei mir nicht böse. Ich denke, es ist an der Zeit, dass dieTratscherei ein Ende nimmt«, mischte sich Albert Spatfeld ein und sah seine Eltern vorwurfsvoll an. »Weil dein Papa vorübergehend in der Hött wohnt, sitzen die lieben Mitschüler und deren Eltern hoch zu Ross und rümpfen die Nase.«
    »Wie schnell fällt man selbst auf das Gerede herein. Ich rechne Ihnen hoch an, dass Sie so ungeschminkt von sich und Ihrem Elternhaus erzählt haben«, meinte Frau Spatfeld.
    »Haben Sie sich bereits entschieden, was Sie studieren werden?«, fragte Herr Spatfeld und betrachtete Carmen Angeniess wohlwollend.
    »Ich bin vorbelastet. Natürlich studiere ich Medizin«, sagte Carmen überzeugt.
    »Albert schwankt noch. Ich schlage Wirtschaft vor. Meine Frau würde sich freuen, wenn er das Lehramt wählen würde. Fragen Sie ihn selbst, was ihm vorschwebt«, sagte Herr Spatfeld.
    »Archäologie oder Kunst«, sagte Albert und zeigte auf das Bild, das er gemalt hatte. Es hatte selbst den Kunstlehrer zur höchsten Bewunderung veranlasst. Es zeigte den Rhein mit Frachtkähnen an einem trüben Wintertag.
    »Mein Mann verdient nicht schlecht. Für das Studium reicht es allemal. Aber ob Albert von seiner Kunst später leben kann, das stelle ich in Frage«, sagte Frau Spatfeld.
    »Wenn alle so denken, die begabt sind, dann gibt es bald keine Künstler mehr. Und was machen dann die Reichen mit den Spekulationsgeldern?«, meine Albert.
    »Glaubst du etwa, die warten auf deine Bilder?«, fragte die Mutter leicht erregt. Das Thema elektrisierte sie.
    »Fräulein Angeniess …«, sagte Rudi Spatfeld.
    »Sagen Sie bitte Carmen«, antwortete sie.
    »Danke. Also, Carmen, helfen Sie uns, unseren Sohn vor den Illusionen zu bewahren. Die Zeiten werden härter und lassen wenig Raum zum Träumen.«
    »Rein wirtschaftlich gedacht, mögen Sie recht haben. Aber falls Albert in sich die Kraft spürt, den Weg zu gehen, will ich ihm nicht abraten. Vielleicht hat er das Glück auf seiner Seite.«
    »Dann kann er auch Lotto spielen. Dagegen ist ja nichts zu sagen, wenn er seine Kunst mit dem Lehramt koppelt«, trug Frau Spatfeld vor.
    »Mama, fang nicht wieder an. Nie und nimmer werde ich Lehrer«, sagte Albert entschieden. Er trank Kaffee.
    Auch der Vater ergriff die Tasse. »Ich werde dir keine Vorschriften machen. Die Entscheidung hat allerdings noch etwas Zeit. Nach dem Abitur steht für dich der Wehrdienst noch ins Haus.«
    »Ich mache Ersatzdienst«, sagte Albert und gab seiner Freundin einen Kuss, der seine momentane Lebensfreude unterstrich.
    Maria Spatfeld warf ihrem Mann einen heimlichen Blick zu.
    »Wir gehen jetzt auf mein Zimmer«, sagte Albert, während Carmen Angeniess die Gedecke zusammenschob und abräumte. »Wir machen Mathe. Dann

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