Nebeltod auf Norderney
Reinhard-Nieter-Krankenhaus zu fahren. Die Ärzte operierten sie bereits am nächsten Morgen und entfernten ihr im Kopf einen faustgroßen Tumor. Wenige Tage später verstarb sie an den Folgen.
Schlimmer traf ihn die Nachricht aus Spanien. Seine Mutter, bis dato immer gesund gewesen, teilte ihm telefonisch mit, dass sie sehr beunruhigt sei, weil sie bei sich Blut im Stuhl entdeckt hatte.
Er fuhr direkt nach Nerja und suchte bereits am nächsten Tag mit der Mutter in Malaga die Klinik auf. Der Professor, eine selbst in Deutschland anerkannte Kapazität, diagnostizierte Darmkrebs. Nach vollzogener Operation und angelegtem künstlichen Ausgang lehnte Frau Calvis es ab, nach Deutschland zurückzukehren. Es war ihr zuwider, während der kalten Jahreszeit in Wilhelmshaven auf den Tod zu warten. Sie hielt sich zurück in der Einnahme von Medikamenten und wollte ihren Körper nicht voll Gift pumpen, wie sie sich ausdrückte. Stattdessen trank sie viel Wein, aß gut und starbwenige Monate später in den Armen ihres Sohnes auf der Terrasse ihrer Ferienwohnung in Nerja.
Heide Heynen hatte ihre Eltern mit ihrer Entscheidung, nach dem Examen zu Dodo Wilbert in das neu erbaute Haus auf Baltrum zu ziehen, wenn nicht gerade verärgert, so doch überrascht.
Es waren nicht einmal 30 Gehminuten Entfernung vom Hause 456 bis zu ihrem elterlichen Café. Sie fand das Apartment kuschelig und bevorzugte es auch, wenn sie alleine auf der Insel war. Dabei ließ sie die Mutter nicht im Stich, sondern packte mit an, wenn Hochbetrieb war. Noch immer schufteten sie während der Saison, wie sie sich auszudrücken pflegten, für ihre Tochter.
Es war offensichtlich, dass ihnen Dodo Wilbert als zukünftiger Schwiegersohn nicht genehm war. Er hatte nicht studiert, gehörte keiner wohlhabenden, angesehenen Familie an und verdiente als Fernfahrer sein Geld. Sie hatten für sie bessere Partien ins Auge gefasst. Da war der Sohn des Regierungspräsidenten aus Arnsberg, der mit seinen Eltern seit vielen Jahren bei ihnen die Ferien verlebte. Auch dem jungen Doktor aus Siegen hatte sie eine Abfuhr erteilt. Sie liebte Dodo Wilbert. Das Einzige, was ihr nicht behagte, das war seine häufige Abwesenheit. Doch das konnten sie später dahingehend ändern, dass sie für ihn eine entsprechende Tätigkeit fanden.
Dodo Wilbert hatte seinerseits bereits Bewerbungen an die Speditionen im Norder Raum geschrieben. Auch Heide Heynen beabsichtigte sich im Altkreis Norden zu bewerben. Dem stand nichts mehr im Wege, als der Briefträger an einem kalten Februartag ihr die Post aushändigte. Sie stand in der Tür des Hauses 456 und entnahm dem großen Kuvert die Examensurkunde der Hochschule. Sie setzte sich sofort an den Tisch im gemütlichen Apartment und schrieb die Bewerbung für die Grundschule Hage. Sie rief den Rektor an und vereinbarte mit ihm einen Termin zu einem Bewerbungsgespräch. Der grauhaarige Pädagoge machte ihr Hoffnungen, denn er benötigte wegen eines tragischen Todesfalls eine Kollegin. Er hatte die Stelle mit Genehmigung des Schulrates bereits im Schulverwaltungsblatt ausschreiben lassen. Für Heide Heynen war die Situation besondersgünstig, da der Leiter der Hager Schule nicht nur einen guten Eindruck auf sie machte, sondern auch noch der Vater einer ehemaligen Mitschülerin war.
Das Vorstellungsgespräch gestaltete sich recht positiv, und selbst der anwesende Personalrat zeigte ihr seine Sympathie. Mit der mündlichen Zusage starteten daraufhin Dodo Wilbert und Heide Heynen die Wohnungssuche.
Dodo erklärte sich bereit, vorerst zwischen Wilhelmshaven und Hage zu pendeln. Es war nicht leicht, in einem Gebiet, das sich dem Fremdenverkehr verschrieben hat, die passende Wohnung zu mieten. Sie waren übereingekommen, wenn sich die Möglichkeit ergab, nach einer Vierzimmerwohnung Ausschau zu halten. Neben einem Arbeitszimmer für Heide sollte sie auch für Dodo einen Raum enthalten.
Auf das Störfeuer von Heides Mutter gingen sie nicht ein und planten ihre Verlobung. Heide wünschte aber vorher, ein Jahr ihren Unterricht zu erteilen. Auch Dodo wollte bis dahin noch für seine Spedition fahren. Irgendwann musste Schluss mit den überkommenen Ansichten sein, und zum Zeichen ihrer Liebe gab sie Dodo das, was vor ihm schon einige vergeblich erbettelt hatten. Sie fühlte sich ganz als Frau, um genau zu sein, als Dodos Frau, obwohl sie noch nicht einmal die Verlobung gefeiert hatten. Diese Gedanken stärkten das Verhältnis der Liebenden
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