Nebeltod auf Norderney
ansonsten handelte es sich um eine hervorragende Truppe, die ein ausgewogenes Programm bot. Auch zeigte das Musiktheater in Emden ein reichhaltiges Programm. Ganz zu schweigen von dem Veranstaltungskatalog der Insel Norderney, der das Übliche weit überstieg.
Es war, als wollte das Schicksal an ihnen gut machen, was es ihnen vor Jahren zugefügt hatte. Heide und Albert verlebten mit Kevin glückliche Jahre.
Es war eine nette Geste von Sabine und Hajo Lambert, als sie ihrem Nachbarn Albert zum fünfundvierzigsten Geburtstag ein dazu passendes Geschenk, einen Amboss, mit den Worten schenkten: »Jeder ist seines Glückes Schmied.« Das unverwüstliche Stück stammte aus dem alten Schuppen der letzten Schmiede von Berumbur, die einem Neubau weichen musste.
Die Beziehungen zwischen den Menschen knüpft das Schicksal. Begegnungen ergeben sich alltäglich in unzählbarer Zahl. Mitunter verdichten sie sich zu gemeinschaftlichen Ereignissen mit tief gehenden Erlebnissen. So war Marga Stamm zu recht stolz auf ihren Freund,der nicht nur gut aussah, den Sport liebte, sondern auch aus einer guten Familie kam.
Doch seit seinem Amerikaaufenthalt kam ihr Phillip Matulla verändert vor. Es waren zumeist Kleinigkeiten, die ihr aber nicht entgingen. Auffällig wurde sein Verhalten jedoch, als er anfing, das Training zu meiden. Später gesellte sich eine Abneigung gegen das Studium dazu. Zudem verkrachte er sich mit seinen Eltern, flog zu Hause raus und zog notgedrungen zu ihr.
Für Marga Stamm brach eine Welt zusammen. Sie selbst war im Heim aufgewachsen. Sie kannte ihren Vater nicht, der im Zuchthaus saß, weil er ihre Mutter getötet hatte.
Es passte ihr nicht, wenn Phillip Matulla sich tagsüber in Dormagen herumtrieb, stundenlang mit zweifelhaften Freunden im Café herumsaß, während sie im Reisebüro ihren Dienst versah. Oft verschwand er tagelang mit einem Kumpel mit dem Auto.
Ihre Bemühungen, den Freund auszuhorchen, schlugen fehl. Als sie ihm in einem Wutanfall die Tür wies, mit ihm Schluss machen wollte, brach er sein Schweigen und weinte sich bei ihr aus.
Phillip Matulla nahm Drogen, wie er ihr gestand. Er weigerte sich, sich den Eltern anzuvertrauen, ließ sich aber von Marga Stamm überreden, in Neuss an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen. Doch brachte die auferlegte Selbstdisziplinierung nicht den erhofften Erfolg. Es war eine schlimme Zeit voller Hoffnungen und Enttäuschungen.
Marga Stamm setzte ihre eigene Gesundheit aufs Spiel, wenn Phillip sie anbettelte, ihr Geld in Drogen umsetzte, ausflippte, tagelang nicht nach Hause kam, um sie dann mit Tränen in den Augen anzuflehen, ihn um Himmelswillen nicht wegzuschicken. Sie musste ihr Geld vor ihm verstecken. Er verkaufte seinen Wagen und setzte das Geld in Drogen um.
Ihr Dienst litt unter diesen Belastungen. Der Inhaber des Reisebüros brachte ihr großes Verständnis entgegen. Er kannte ihren Lebensweg und sah, wie sie bis zur Selbstaufgabe ging, weil sie Phillip liebte und ihn nicht aufgeben wollte.
Sie fuhr mit ihrem Freund nach Köln. Dort ließ sich Phillip vomDrogenarzt Methadon spritzen. Sie hatte die Energie, die notwendig war, Phillip zu beknien, dem Teufelskreis zu entrinnen. Sie erreichte es schließlich, dass Phillip Matulla nach jahrelangem Ringen mit eiserner Disziplin den Drogen abschwor.
Im August, am Ende der Sommerferien, genehmigte der Chef Marga Stamm den wohlverdienten Urlaub. Erfahrungsgemäß zählte diese Zeit zu den umsatzschwachen Wochen im Reisebüro. Doch es ging weniger um ihre Erholung als um die Gesundung von Phillip Matulla. Er hatte die Ersatzdroge abgesetzt. Der Arzt hatte ihm einen Klimawechsel empfohlen und den beiden einen dreiwöchigen Aufenthalt an der Nordsee vorgeschlagen.
Marga Stamm hatte eine Kundin, die wegen eines Trauerfalls ihren Urlaub nicht antreten konnte. Sie hatte auf Norderney in der Pension »Am Flugplatz« ein Apartment gebucht, das Phillip Matulla und Marga Stamm übernahmen.
Sie fuhren mit ihrem Smart, den sie sich nach dem Ende seiner Sucht geleistet hatten, von Dormagen nach Norddeich und von dort mit der Fähre nach Norderney. Ihr gebuchtes Apartment übertraf all ihre Erwartungen. Es war sehr wohnlich eingerichtet, das Frühstück war gut und reichlich. Es hatte Blick auf den Leuchtturm und die Dünen in der Nähe des Inselflughafens im weiten Wattvorland.
Von der frischen Seeluft und dem Wechselklima erhofften sie sich einen endgültigen Heilerfolg. Sie badeten an der Weißen Düne und
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