Nebeltod auf Norderney
leichten Abendbrot zur »Villa Marina«, wo sie den Abend mit einem guten Tropfen und angemessener Musik ausklingen ließen.
Es war bezeichnend, zumindest traf das auf die Braut zu, dass Heide und Alfred eine tiefe Anhänglichkeit zeigten. Dabei verhielt sie sich nicht so, dass Kevin sich im Abseits elterlicher Liebe befand. Im Gegenteil, ihm fehlte es nicht an Hingabe seiner Stiefmutter, erst recht nicht an der Zuneigung seines Vaters. Es war zu ahnen, dass diese Familie glücklichen Jahren entgegen ging.
Norderney bot mit weiten Dünen, den Sandstränden und dem städtischen Flair nicht nur im Sommer den Gästen Erholung von der Hektik des Alltages, sondern selbst im Winter bildet es einen Quell der Gesundung. Das wussten Albert und Heide Spatfeld zu schätzen. Dabei befanden sie sich in der glücklichen Situation, wirtschaftlich frei und ungebunden über ihre Freizeit verfügen zu können.
Für die Familie bot sich geradezu der Gedanke an, ein Boot zu kaufen, um zumindest im Sommer, abgesehen von dem sportlichen Aspekt, unabhängig vom Fährbetrieb zu sein, wenn sie es vorzogen, ihre Ferienwohnungen auf Norderney oder Baltrum aufzusuchen. Kevin zeigte ein riesiges Interesse, und auch Heide war angetan von der Idee.
Mittlerweile hatte die Schule begonnen, und wie erwartet war Kevin ein hervorragender Schüler. Er schwärmte von einem Motorboot, von einem Flitzer, wie ihn eine Quartettkarte seines Ratespielszeigte. Die Mama dagegen dachte an eine gemütliche Innenausstattung mit Kojen, die auch Fahrten nach Helgoland ermöglichten. Albert hätte sich am liebsten für eine Segelyacht entschieden, doch er befürchtete, als gebürtiger Rheinländer den Anforderungen von Wind und Wetter nicht gewachsen zu sein. Sie beschlossen, diese Frage später zu entscheiden.
Vorher betrachteten die Spatfelds es als eine willkommene Abwechslung, in Norddeich den Bootsführerschein zu machen. Sie nahmen sich Zeit. An den langen Winterabenden beschäftigten sie sich mit dem theoretischen Teil, während sie im Frühjahr die praktische Prüfung ablegten. Sie spendeten eine ansehnliche Summe in die Kasse des Yachtclubs und wurden nicht nur Mitglieder des Segelvereins Neßmersiel, sondern kauften auch einen Liegeplatz.
Gut beraten von den Clubkollegen, entschieden sie sich für ein solides Boot mit sportlichem Zuschnitt, das vier Schlafplätze und eine geräumige und gemütliche Kajüte mit Pantry hatte. Das Schiff wurde angetrieben von einem 120 PS starken Motor. Es ließ sich leicht bedienen. Es hatte überschaubare Maße und bereitete selbst Heide keine Schwierigkeiten.
Es war schon ein erhebendes Gefühl, nach Norderney zu fahren, dort im Hafen am Gästesteg anzulegen und dann in der Wohnung den Tee einzunehmen. Nach Baltrum benötigten sie von Neßmersiel nur 20 Minuten.
Den Namen des Bootes verdankten sie Kevin. Er machte den Vorschlag, es nach einem Kinderbuch zu nennen, und das hieß »Wasserhexe«. Also nannten sie die Motoryacht so.
Die Spatfelds lebten auf der Sonnenseite des Lebens. Während der Schulferien fuhren sie nach Nerja an die Costa del Sol, an dessen Stränden sie selbst während der Weihnachtszeit baden konnten.
Nicht ganz zufrieden war Albert mit seinem Kunstschaffen. Sein Aachener Galerist hatte zwar zwei weitere großformatige Ölgemälde von ihm absetzen können und seinen Bestand ergänzt, doch verglichen mit seiner Produktion war der Verkauf zu gering. Seine Versuche, auch in Bremen und Oldenburg Fuß zu fassen, waren fehlgeschlagen.
Sicherlich hatte Heide recht, wenn sie ihn tröstete und ihm immer wieder klarmachte, dass er Gott sei Dank nicht von seiner Kunst leben musste. Sie machte ihm klar, dass er jederzeit ganz aufhören konnte. Ein Gedanke, der ihn zur Weißglut brachte. Er erweiterte im Gegenzug sein Atelier um einen Ausstellungsraum für seine Werke und ein kleines Büro.
Kevin besuchte mittlerweile das Ulrich-Gymnasium in Norden. Er hatte gute Freunde in Berumbur, die wie er die Schule besuchten. Sonntags kamen oft Dr. Lambert und seine Frau zum Kaffee zu ihnen. Hin und wieder luden die Spatfelds ihre Bekannten zu einem kleinen Abendessen ein. Heide war keine besonders gute Köchin. Sie überließ dann Albert die Küche, der sich hervorragend darin verstand, kleine Mahlzeiten zuzubereiten.
Doch das Landleben hatte auch kulturelle Akzente. In Norden gastierte in regelmäßigen Abständen das Niedersächsische Landestheater Wilhelmshaven. Die Räumlichkeiten ließen einiges vermissen,
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