Nebenan: Roman
was du davon hast!«
»Aber der Zeitplan«, wandte Wallerich ein. »Du weißt doch, was geschehen wird, wenn wir zu spät nach Nebenan kommen.«
»Den Ärger habt ihr euch selbst zuzuschreiben! Du hättest bei der Planung berücksichtigen können, dass es zu Verzögerungen kommen könnte«, entgegnete der Älteste selbstgerecht.
»Aber du hast den Plan gemacht!«
»Dann wäre es deine Pflicht gewesen, mich auf diese Lücke in meinen Überlegungen aufmerksam zu machen.« Er runzelte die Stirn. »Wahrscheinlich war es von Anfang an deine Absicht, dafür zu sorgen, dass dieses Unternehmen scheitert. Vom ehemals engsten Vertrauten Nöhrgels hätte ich eigentlich nichts anderes erwarten sollen.« Er zog ein kleines, schwarzes Notizbüchlein hinter seinem Gürtel hervor und notierte etwas. »Wenn du zurück bist, wirst du dich vor dem Rat für diese Intrige verantworten müssen. Diese für unsere Sicherheit so wichtige Mission zu sabotieren, das ist Hochverrat! Glaube nicht, dass ich solches Verhalten ungeahndet lassen werde!«
»Das wäre mir im Traum nicht eingefallen«, sagte Wallerich ironisch und verneigte sich. »Wenn du gestattest, werde ich mich nun zurückziehen, um meinerseits die rechte Gewandung für die Reise nach Nebenan anzulegen.« Hoch erhobenen Hauptes verschwand der Heinzelmann in einem der Tunnel, die von der Höhle fortführten.
*
Als Gabriela mit ihren Begleitern zurückkehrte, trug sie ein Kleid, das zwar recht archaisch wirkte, nichtsdestotrotz aber auf das Vorteilhafteste ihre Figur betonte. Um ihre Schultern wallte der schwarze Umhang aus Rabenfedern.
»Die sieht ja aus wie die Morrigan!«, empörte sich Luigi. »Das kann nicht gut gehen!«
Laller zuckte mit den Schultern. »Wer hätte je die Morrigan gesehen und davon berichten können. Außerdem hat diese impertinente Person es nicht anders gewollt. Wenn sie glaubt, eine düstere Göttin spielen zu müssen, soll sie doch sehen, was sie davon hat!«
Gabriela bedachte die beiden mit einem kühlen Lächeln. »Regt euch nicht auf, ihr Hosenscheißer. Die Rolle der Morrigan habe ich schon mehr als einmal gespielt. Ich weiß, was ich tue!« Sie wandte sich an die anderen. »Seid ihr endlich bereit? Immer muss man auf euch Männer warten! Ich dachte, wir haben es eilig, nach Nebenan zu kommen?«
Till machte Gabrielas Outfit Sorgen. Auf der anderen Seite wusste er, dass es sinnlos war, eine Diskussion vom Zaun zu brechen, wenn sie sich eine Sache einmal in den Kopf gesetzt hatte. Seine Kameraden schienen ganz ähnlich zu denken. Nur allzu deutlich konnte man ihnen ansehen, dass ihnen bei Gabrielas Eskapaden nicht wohl war. Doch keiner wagte es, etwas zu sagen.
»Sie hat Recht. Lasst uns gehen!« Es war Wallerich, der die Initiative ergriff und allen voran auf das große Tor am anderen Ende der Höhle zumarschierte. Der Heinzelmann trug jetzt eine rote Zipfelmütze, eine Art gelbe Tunika, dicke Wollhosen, die von einem Gürtel mit einer protzigen Bronzeschließe gehalten wurden, und kniehohe Lederstiefel. Birgel war ganz ähnlich gekleidet, trug aber zusätzlich noch einen Rucksack, aus dem ein Stück einer großen Wurst herausragte.
Das Tor vor ihnen öffnete sich wie von Geisterhand. Ein dunkler Tunnel lag dahinter. Till blickte zurück. Alle Heinzelmännchen in der Höhle hatten mit ihren Arbeiten innegehalten und beobachteten sie nun.
Aus dem Tunnel wehte ein Duft wie Ziegendung heran. Wallerich und Birgel hatten zwei kleine Blendlaternen entzündet. Grimmig entschlossen gingen sie vor. Der Weg jenseits des Portals war leicht abschüssig. Till legte die Hand auf seinen Schwertknauf. Sein Mund war ausgetrocknet. Ein Prickeln kroch ihm den Rücken hinab.
Mit einem dumpfen Knall schloss sich das Portal hinter ihnen.
»Scheiße, kann mich mal bitte jemand aus diesem bescheuerten Traum wecken«, fluchte Rolf.
»Ich glaube, das ist nicht ganz die Art, wie Cuchulain sich ausdrücken würde«, murrte Wallerich. »Falls ihr vorhaben solltet auf diesem Weg wieder zurückzukommen, dann wäre es besser, schon mal zu üben, euch wie Helden zu benehmen.«
»Halt’s Maul!«, zischte Almat. »Helden lassen sich von Typen, die ihnen nicht einmal bis zum Knie reichen, nicht vorschreiben, was sie zu tun haben!«
»Schon besser!«, entgegnete der Heinzelmann ironisch.
»Zu streiten bringt doch nichts! Können wir uns nicht wie vernünftige Menschen friedlich unterhalten?«, fragte Martin.
» Vernünftige Menschen «, ahmte Wallerich ihn nach. »Ich
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