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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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einen makabren Scherz entlarvte, doch der Älteste blieb ernst. »Das kann doch nicht … Wie geht es ihm?«
    »Abgesehen davon, dass er unmittelbar nach dem Zwischenfall darauf bestanden hat, siebzehn Stücke Zwiebelkuchen zu essen, gut. Er hat nur ein paar Schrammen abbekommen.«
    »Und der Zahn hier?«
    »Den hat sich der Mistkerl ausgebissen.«
    »Du meinst, ein Werwolf hat Birgel angegriffen, hat sich einen Zahn ausgebissen, aber Birgel geht es gut?«
    »Abgesehen von dem Zwiebelkuchen … Der Kerl hat Birgel nicht erwischt, sondern die Titankette des Aktenkoffers, den er trug. Daran hat er sich die Zähne ausgebissen.«
    »Titankette? Aktenkoffer? Ich glaub, ich verstehe wirklich nicht …«
    »Ich fange am besten von vorne an.« Nöhrgel fasste kurz die Ereignisse des Abends zusammen.
    Wallerich schüttelte ungläubig den Kopf. »Ein Werwolf, mitten in Köln. Warum war der Koffer eigentlich mit einer Kette an Birgels Handgelenk befestigt?«
    Der Älteste strich sich über den Bart, wollte zum Reden ansetzen und sah dann doch nur zur Decke hinauf, so als habe er plötzlich etwas ungemein Interessantes zwischen den Spinnweben dort oben entdeckt.
    »Was war mit dem Koffer?«
    Nöhrgel hüstelte verlegen. »Also, im Grunde war der Koffer doch gut gesichert. Du weißt, dass wir seit mehr als hundert Jahren keinen Werwolf mehr in Köln hatten.«
    »Vor allen Dingen keinen so dämlichen! Wäre er intelligenter gewesen, hätte er vermutlich Birgels Handgelenk durchgebissen und seine Zähne behalten. Was zum Henker war also in dem Koffer, was so wichtig war?«
    »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es um den Koffer ging. Weißt du, die Kette hat sich wohl zwischen den Zähnen von diesem räudigen Mistkerl verfangen. Er hat sogar versucht den Koffer wieder loszuwerden. Ich begreife auch nicht ganz, warum … Birgel muss irgendetwas getan haben, das den Werwolf gereizt hat.«
    »Und der Koffer?«
    »Tja, der Koffer …« Der Alte zog eine gequälte Grimasse. »Ich glaube, das war der größte Fehler meines Lebens, vielleicht abgesehen von der vorübergehenden Ehe mit Mozzabella. Aber wie sollte ich damit rechnen, dass auf dem Albertus-Magnus-Platz ein streunender Werwolf sein Unwesen treibt? Im Grunde waren die Sicherheitsvorkehrungen völlig überzogen … Die Kette und so … Es hat doch schon seit Ewigkeiten keinen Zwischenfall mehr gegeben und …«
    Etwas an Nöhrgels Stimme klang falsch. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Wallerich das Gefühl, dem Ältesten nicht trauen zu können. »Was war in dem Koffer?«
    Nöhrgel schien durch ihn hindurchzublicken. »Ein Werwolf auf dem Albertus-Magnus-Platz. Er muss letzte Nacht aus Nebenan geflohen sein. Diese Verkleideten in Bleialf … Hast du irgendwelche Spuren?«
    »Die Autonummern. Die meisten von ihnen sind hier aus Köln. Aber wie sollte der Werwolf in nur einer Nacht von der Schneeeifel hierher gelangen? Meine Erfahrungen mit Werwölfen sind eher theoretischer Natur, aber fliegen können sie doch wohl nicht.«
    »Gib mir die Liste«, knurrte Nöhrgel, der sich ein wenig gefasst hatte. »Ein Strohhalm ist besser als nichts. Ich werde mich in einen Polizeirechner hacken und einen Personencheck durchführen. Und was den Werwolf angeht … Vielleicht hat er sich als blinder Passagier in einen Wagen geschlichen, der schon gestern Nacht oder heute Morgen abgefahren ist. Übrigens, du solltest dich abtrocknen, Wallerich. Wir können uns nicht leisten, dass du dir eine Grippe holst. Ich habe morgen ein paar Aufgaben für dich.«
    Der Heinzelmann hatte verstanden. Nöhrgels dezente Art, einem klar zu machen, dass man überflüssig wurde, war ebenso eindeutig wie unverwechselbar. Offensichtlich lief der Älteste wieder zu seiner gewohnten Form auf.
    *
    Der Termin kam Doktor Armin Salvatorius nicht gerade gelegen. Er hatte keine seiner Praxishelferinnen mehr erreichen können und eigentlich hatte er erwogen, sich noch ein bisschen nach hübschen Gestrandeten der Nacht umzusehen. Aber Patienten wie Marianas Eltern verdankte er seine Villa, seine Jacht und den Luxus, Autos zu wechseln wie andere Leute Anzüge. Zufrieden musterte er sich in dem großen Spiegel neben der Eingangstür. Dunkelhaarig, braun gebrannt und mit sinnlichen, grünen Augen sah er aus wie Omar Sharif zu seinen besten Zeiten. Gut, er war vielleicht ein bisschen kleiner, aber bei seiner Ausstrahlung fiel das nicht weiter ins Gewicht!
    Der Doktor nahm einen seiner Mailänder Designerarztkittel aus dem

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