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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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sich diese Vorfälle jetzt häufen. Erst du, dann Mortimer – und jetzt dieser Imaki. Da könnte einem angst werden.«
    Vom gestrigen Abend war noch ein Rest Wein in der Flasche gewesen, davon hatte sie sich und mir eingeschenkt, während ich gelesen hatte. Sie nahm jetzt nachdenklich einen Schluck und sah dann versonnen auf das Glas, hielt es gegen die Nachmittagssonne, die den Wein rubinrot schimmern ließ. »Ich hatte gehofft, das alles würde sich beruhigen und wir könnten zu einem normalen Leben finden, aber jetzt geht es ja wieder los …« Sie musterte mich fragend. »Was wirst du unternehmen?«
    »Unternehmen? Wenn ich das nur wüsste! Ich bin zwar überzeugt, dass Dupont mir nicht alles erzählt hat, was er weiß, das würde ich an seiner Stelle ja auch nicht, aber ich möchte wetten, dass er glaubt, seine Leute im Seinetal seien die einzigen Überlebenden dieser Katastrophe vor tausend Jahren. Ich überlege, ob ich es ihm sagen soll. Aber zuerst sollte ich Tanabe anrufen, das habe ich ihm schließlich versprochen.«
    Tanabe musste neben dem Telefon gewartet haben, er hob schon beim ersten Klingeln ab. »Moshi, moshi«, meldete er sich mit der in Japan üblichen Art, am Telefon zu kommunizieren.
    Ich bedankte mich zunächst für die ausführliche Information. »Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie mehr erfahren, wenn Sie sich mit den Behörden in Verbindung setzen?«, wollte ich dann wissen.
    Tanabe zögerte.
    Natürlich hatte er sich auch schon mit dieser Frage auseinandergesetzt, und ich spürte sein Zögern. »Sie wissen ja, dass ich mit gefälschten Papieren hier lebe. Damit hatte ich zwar bis jetzt keine Schwierigkeiten, aber unsere Polizei kann recht paranoid sein. Und der Mann hat sicherlich Aufsehen erregt.«
    »Na ja, aber für einen feindlichen Spion wird man ihn ja wohl nicht halten …«
    »Das wohl nicht, aber kommen Sie mal einem Paranoiker mit Vernunft. Mich würde es natürlich auch interessieren, mit ihm zu reden, besser gesagt, mit diesem Professor Nakamura, der ja offenbar mit ihm kommunizieren kann. Nur, wie soll ich mein Interesse begründen?«
    »Das sollte kein Problem sein. Schließlich sind Sie ein angesehener Schriftsteller und stehen auf der Bestsellerliste. Sie überlegen einfach, ob sich die Story dieses Mannes vielleicht für ein Buch eignet. Und dann heißt es in dem Artikel ja, dass die Behörden an sachdienlichen Hinweisen interessiert sind. Wenn ich Sie wäre, würde ich mich ein wenig in diese Hejan-Periode einlesen, mir ein paar Kenntnisse der damals gesprochenen Sprache verschaffen und dann behaupten, dass ich an einem historischen Roman über jene Epoche arbeite. Wie ich Professoren kenne, werden Sie Nakamura-san dann gar nicht mehr bremsen können.«
    Tanabe lachte, entschuldigte sich aber sofort und erklärte, er wolle sich über meinen Vorschlag keineswegs lustig machen, sondern finde diesen ausgesprochen gut. »Ich werde es mir überlegen«, versprach er dann. »Ich denke, das sollte so zu machen sein. Ich lasse wieder von mir hören, wenn sich etwas Neues ergeben hat.«
    Wir verabschiedeten uns und ich berichtete Carol von dem Gespräch, das ich diesmal nicht auf den Lautsprecher geschaltet hatte. »Jetzt kann Dupont weismachen, wem er will, dass es bisher keinen einzigen Fall wie den meinen gegeben hat. Vor zehn Tagen Mortimer und jetzt in drei Jahren zwei Leute in Japan, einer aus meiner Welt und einer vermutlich aus der von Dupont … ein bisschen zu viel, um noch an Zufall zu glauben. Ich denke, ich werde unserem Freund Dupont demnächst einen Besuch abstatten und ihn ein wenig ausquetschen. Das muss ich mir vorher natürlich noch gründlich überlegen. Man darf diesen Burschen nicht unterschätzen.«
    Ich legte den Ausdruck beiseite, griff nach Carols Hand und ging auf die Terrasse. »Aber jetzt wollen wir uns den Appetit nicht verderben lassen. Was du da aus dem Dorf mitgebracht hast, sieht dafür viel zu verlockend aus.« Ich schnitt mir eine Scheibe Brot ab und belegte sie großzügig mit Schinken und nahm dann einen Schluck Wein. »Ja, ich werde ihn morgen Vormittag an seiner Arbeitsstelle einfach überfallen, damit bringe ich ihn von Anfang an aus dem Konzept. Ich bin wirklich gespannt, wie er darauf reagiert, dass es in seiner Welt auch in Japan Leute gibt.«
        
     

29
     
    Duponts Arbeitsstätte lag in einem weitläufigen Park in einer ruhigen Seitenstraße nahe beim Inn, ein dreistöckiger, schmucker Bau mit großen Fenstern und einem

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